Kammerdiener gesucht
freute. »Hart mußten wir damals oft zueinander sein, die Arbeit, die Strapazen erforderten es. Aber immer hatten Achim und Einar liebe und ermunternde Worte für mich, wenn ich einmal müde wurde. Am Tag der Katastrophe waren wir alle sehr erschöpft. Das Klima dort ist mörderisch, wenn man sich anstrengen muß, und ich mußte mich unsagbar beherrschen, nicht schlappzumachen. Achim war rührend zu mir und Einar eigentlich auch. Es fing alles mit dem plötzlich aufflackernden Streit um den Weg an. Zum erstenmal hörte ich in Einars Stimme einen bösen, herrischen Ton, als er forderte, so und nicht anders zu gehen. Erst später kam es uns zum Bewußtsein, daß er damals bereits den Weg kennen mußte und vielleicht diesen Streit nur suchte, um dann sein Vorhaben durchzuführen. Sie werden alles noch genau aus Achims Arbeit kennenlernen - ich will nur die letzten Szenen zu schildern versuchen.«
»Also den Moment, da Sie alle drei mit den gefundenen Statuetten wieder hinabgeklettert waren?«
»Ja, als diese häßlichen schweren Dinger vor uns auf dem Boden lagen und Einar sich mit einem erschreckenden Ausdruck widerlicher Gier darüber beugte, sie betastete, streichelte und dann jedes der Dinger vor seinem Ohr schüttelte. Dann schien er in einer der Statuetten etwas zu hören, denn befriedigt lachte er vor sich hin und sprach einen unbegreiflichen Satz, ungefähr wie: >Pitt, hast nicht gelogen.< Dann kam es zum plötzlich aufflackernden Kampf zwischen den Männern, kurz nachdem Einar eine der Figuren in seinem Rucksack verstaut hatte; die beiden anderen lagen noch am Boden. Ich mußte mit ansehen, wie die Männer in ihrem erbitterten Kampf dem Abgrund immer näher kamen. Oh, Gertraude, können Sie glauben, daß ich vor Angst zitterte? Nicht um Einar, denn diesen Mann hatte ich blitzartig als böse und gemein erkannt. Um Achim zitterte ich und konnte doch nicht helfen. Der Kampf war grauenvoll. Und plötzlich ein Schrei - war ich es, war es Achim, oder schrie Einar, das weiß ich heute nicht mehr. Fragen Sie mich nicht, was ich zuerst getan habe, ob ich betete, ob ich schrie, fluchte, anklagte, ich weiß es nicht mehr. Dann fing ich an zu überlegen, legte mich auf die Erde und mühte mich, durch die Lianen und all das harte Gestrüpp nach unten zu sehen, zu lauschen. Nichts, nur noch ein leises Rutschen, als wenn Steine nachfielen. Plötzlich sah ich einen Arm von Achim, seine Hand, sah, daß diese Hand sich bewegte, und das gab mir das Leben wieder. Ich war durch unsere vielen Reisen trainiert, geübt im Klettern, sonst hätte ich das Bevorstehende nicht bewältigen können. Wie lange es dauerte, ich kann es heute nicht mehr sagen - plötzlich war mein Gesicht neben Achims Kopf. Der Arme hing in fürchterlicher Lage an einem Steinvorsprung, gefesselt von Lianen, die sich um seinen rollenden Körper geschlungen hatten, ihn aber nun festhielten. Das war seine Rettung gewesen. Noch war er bei Bewußtsein, konnte mir raten, selbst ein wenig mithelfen, so daß mir das Unfaßbare gelang - ich konnte ihn Stück um Stück wie mit einem Bergseil wieder nach oben bringen.«
»Arme Mary, was müssen Sie dabei durchgemacht haben!«
»Das weiß ich heute nicht mehr. Ich glaube, ich dachte überhaupt nichts, dazu war ich nicht in der Lage. Nur den Bruder retten, ihn nach oben bringen, denn hinter uns, unter uns war die Hölle, das ahnte ich. Gott stand uns bei, und dafür danke ich ihm mein Leben lang. Ich brachte es fertig, Achim auf den Rand zu schieben, er konnte mit dem nicht gebrochenen Bein nachstemmen, und endlich, endlich lag er oben, von mir so weit vom Abgrund weg gezogen, daß keine Gefahr mehr für ihn war. Dann verließen ihn aber die Sinne, und ich selbst, so glaube ich, wurde ebenfalls ohnmächtig. Wie lange dies war, weiß ich nicht. Was indessen geschah, ob Achim wieder zur Besinnung kam -nichts weiß ich.«
»Wie aber gelang es Ihnen, Hilfe zu holen für sich und den Bruder?«
»Als ich mich ein wenig gekräftigt hatte, deckte ich Achim mit allem möglichen, Fetzen, Blättern und meinem Rock zu, damit ihm die sengenden Sonnenstrahlen, die seinem Platz näher kamen, nicht schadeten. Dann lief ich davon in Richtung unseres letzten Lagers. Da wußte ich einiges, das Achim helfen konnte, denn aus der Urwaldhölle mußte er heraus. Wollen wir sagen, Gott habe mir wieder geholfen - war es mein Schutzengel, war es der Wille des Guten, jedenfalls ehe ich unser kleines Zeltlager erreichte, traf ich auf drei
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