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Kammerdiener gesucht

Kammerdiener gesucht

Titel: Kammerdiener gesucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friede Birkner
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Eingeborene, die von irgendwoher kamen, die irgendwohin wollten. Ich sprach etwas ihren Dialekt, und sie halfen mir. Sie machten geschickt, wie diese Menschen sind, eine Bahre für Achim zurecht und legten ihn sacht darauf. Mein Bruder war bewußtlos. Es begann zu regnen, so zu regnen, wie es nur in jenem Landstrich regnen kann: es schüttet einfach. Aber dieser Regen kam wie ein Segen für den fiebernden Verwundeten. Als die Männer meinen Bruder aufgeladen hatten, suchte ich unser Zeug zusammen, das wir mitschleppen mußten. Und nun muß ich Ihnen etwas sagen, was ich niemals meinem Bruder erzählte, denn ich fürchtete, er würde mich auslachen, es einfach nicht verstehen.«
    »Und was war das, Mary?« Gertraude hatte dem Bericht so fieberhaft gespannt zugehört, als erlebe sie die Tragödie selbst mit.
    »Diese Figuren, diese widerlichen, aber sehr kostbaren Figuren lagen nicht mehr an dem Platz, wo sie gelegen hatten, als der Kampf der Männer begann.«
    »Wie soll man das erklären? Rollten sie vielleicht abwärts, war der Boden schräg?«
    »Nichts davon, alles war verhältnismäßig glatt. Wie wertlose, weggeworfene Puppen lagen sie weiter weg, ich mußte lange suchen, bis ich sie fand. Aber es erschien mir wie ein Zwang, daß ich sie suchen mußte. Ich fand sie, raffte sie auf und trug sie als eine bitter schwere Last hinter der Bahre meines Bruders her. Zeigte Ihnen Achim schon einmal diese Götzenbilder?«
    »Bisher noch nicht. Ich hörte nur schon vieles über die Statuetten.«
    »Gertraude, eine Figur hält eine Art Zepter in den Händen, die andere ein Gebilde, das wie ein Wasserstrahl aussieht. Aber die dritte Statuette hatte so etwas wie ein Herz in Händen. Und diese Figur war es, die Einar zuerst getragen hatte, als wir an der Tempelmauer herunter kletterten, die er ebenso wie die anderen beiden dann später an sein Ohr hielt. Genau weiß ich, daß er dann diejenige mit dem Zeptergebilde an sich nahm, ehe er mit Achim den Streit begann.«
    »Sie fanden dann die zwei Figuren, die hier im Hause sind?«
    »Ja, die mit dem Wasserstrom und die mit dem Zeptergebilde. Wie nun ist zu erklären, daß ich, als ich alles zusammensuchte, nicht eine Figur mit dem Herzgebilde und eine mit dem Wassergebilde vorfand - sondern anstelle des Herzgebildes lag die Götzengestalt mit dem Zepter da, genau die, welche mit Einar in den Abgrund hinunter gestürzt sein mußte! Mary, das muß doch zu erklären sein? Verstehen Sie nun, daß ich mich stets vor diesen unheimlichen Figuren fürchtete und vor Wochen Achim bat, sie aus der Bibliothek wegzunehmen, damit ich sie nicht täglich sehe? Immer mußte ich, wenn ich sie sah, an dieses ungelöste Rätsel denken.«
    »Gut verstehe ich das. Aber denken wir vernünftig und kühl -es kann doch ein Irrtum von Ihnen gewesen sein, der durch die entsetzliche Aufregung ausgelöst wurde. Bitte, denken Sie nicht mehr daran, denken Sie überhaupt nicht mehr an all dies Furchtbare, und seien Sie von Herzen froh, hier im schönen Torhaus Gleichen zu sein, Ihren Bruder bei sich zu haben, der sicher auch bald alle Nachwehen der Katastrophe überwunden haben wird. Was soll Ihnen beiden denn hier im kühlen, sachlichen Deutschland Böses von solcher Mystik geschehen? Wer soll wissen, wie es diesem Einar Thorsen gelungen ist, die Hölle des
    Abgrundes zu überleben? Wäre es nicht denkbar, daß in dem kurzen Augenblick heute, da diese Männer Sie belästigten, nur eine Ähnlichkeit Sie verwirrte und ängstigte? Bitte, kommen Sie zur Ruhe, und nehmen Sie Ihrem Bruder die tiefe Sorge ab, die er sicher jetzt um Sie hat.«
    »Aber wenn ich mich nicht irrte? Wenn es wirklich Einar ist?«
    »Dann müssen Sie tapfer sein, diesem Mann entgegentreten und ihm auf den Kopf Zusagen, daß nur er es gewesen sein kann, der die Götzenfiguren austauschte. Und dann muß er Ihnen und Ihrem Bruder bekennen, warum er dies tat und was sein damals gesprochener Satz bedeutete.«
    »Oh, Gertraude, Sie machen mir das Herz ein wenig leichter. Darf ich Sie küssen, Ihnen danken und Sie bitten, daß Sie meine Freundin sein werden?«
    »Gern, von Herzen gern, wenn Sie mich dessen würdig finden.« Sie sahen sich lächelnd an, und dann suchte Gertraude einen Übergang zu etwas Beruhigendem. »So, und nun ziehen Sie sich um. Indessen gehe ich nach unten, sage Ihrem Bruder, daß Sie etwas ruhiger geworden sind und man nun endlich an das Abendessen denken könnte. Habe ich nicht recht, Liebste?«
    »Ganz bestimmt. Wie halten

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