Kammerdiener gesucht
gründlich sämtliche Probleme im Torhaus Gleichen, nur gingen sie verschiedene Wege. Aber auch hier war das Hauptmotiv der schöne, unheimliche Schwede.
Am nächsten Vormittag waren alle nervös, und ein jeder schaute so oft wie nur möglich, da es den anderen nicht auffallen sollte, durch die weit offenen Fenster zum Parktor hin. Das Warten war für alle gleich schlimm, wußten sie doch, daß sie nicht umsonst warteten - das Böse würde kommen.
Gegen elf Uhr schepperte die alte Glocke am Parktor neben der Ruine des Torbaues. Alle im Schlößchen zuckten nervös zusammen. Mary, die sofort erkannte, daß es Einar war, der drüben hinter dem Tor Einlaß begehrte, erblaßte und klammerte ihre Hände eine Sekunde um Michels Arm.
»Ruhe bewahren, Mädel! Besser, er kommt endlich, als daß wir noch lange auf den Schurken warten müssen.«
Achim, der im Arbeitszimmer mit Diktieren beschäftigt war, hob den Kopf, biß sich nervös auf die Unterlippe und bat Gertraude, die genauso nervös war, sie möge zu Frau Sörensen eilen und diese herüberbitten. Dann ging er in die Halle, wo Mary und Michel schon waren.
Kuno eilte durch den Garten zum Parktor und machte das Tor auf. »Die Herren wünschen?« fragte er, ohne den Weg gleich frei zu geben.
Einar, der mit Peter Schlamm draußen stand, winkte arrogant ab. »Nichts da mit dem Getue. Professor Bergemann weiß ganz genau, daß wir kommen.«
»So sind die Herren angemeldet? Ihre Namen, bitte?« Kuno wich noch immer nicht zur Seite.
»Das sagen wir Herrn Professor selbst, falls er meinen Namen vergessen haben sollte. Und nun weg da- ich werde ungeduldig und verhandele nicht mit einem Diener, verstanden?«
»Nein. Aber ich führe Sie zu meinem Chef.« Kuno klinkte die
Torhälfte wieder zu, nachdem die ungleichen Männer eingetreten waren, ging dicht hinter ihnen zum Haus und deutete auf die Terrasse. »Herr Professor ist in der Halle.«
Dort waren alle anwesend und sahen dem Schweden nervös entgegen. Mary und Gertraude ein wenig im Hintergrund, Achim als Herr des Hauses stehend an einem großen Tisch, Michel neben ihm. Als wäre sie zu einem gemütlichen Kaffeekränzchen gekommen, saß Schirin in einem bequemen Sessel und strickte an einem Pulli für Gertraude, blickte kaum hoch, als die beiden Männer eintraten, und zählte pedantisch ihr Muster aus: »Eins-zwei-drei und hopp genommen -« Das machte Einar sichtlich nervös, und auch der Kleine schielte mißtrauisch zu der alten Frau hinüber.
Achim bedeutete Kuno mit einer Handbewegung, an der Terrassentür Posten zu fassen, dann erst blickte er Einar ruhig an. Still war es, keiner wollte das erste Wort übernehmen, dann aber fragte der schöne Schwede höhnisch:
»Nun, Bergemann, das hätten Sie nicht erwartet, mich lebend wiederzusehen?«
»Sie werden genauso erstaunt sein, daß ich noch lebe. Und was führt Sie zu mir?«
»Das sagte ich Mary gestern schon. Mein Recht will ich und das, was mir zusteht.«
»Verstand ich richtig? Ihr Recht? Ihr Recht- nachdem Sie mich in den Abgrund gestoßen haben, nachdem Sie die ganze Reise in unlauteren Absichten mit uns unternahmen? Ihr Recht? Erklären Sie mir, worin es besteht, dieses Recht!«
»Kommt gleich. Nur nicht hochnäsig sein. Dies hier ist mein Freund Peter Schlamm, der mitgekommen ist, mir als Zeuge zu dienen, damit Sie mir nicht später das Wort im Munde umdrehen können.« Einar sprach fließend deutsch, nur mit leisem fremdem Akzent. Breit und drohend stand er vor Achim, der um keinen Zentimeter zurückwich. »Also, vor allen Dingen, wo sind die Holzfiguren? Ich weiß, daß Sie und Mary zwei der Plastiken mitgenommen haben.«
»Woher wollen Sie das wissen?« rief Mary jetzt unbeherrscht aus. »Sie waren genauso in den grauenvollen Abhang hinuntergestürzt wie Achim. Woher wollen Sie wissen, was später oben am Rand des Abgrundes geschah?« fragte sie Einar eindringlich.
»Sei ruhig, Mary, das ist vorerst Männersache. Störe Achim nicht durch deine Erregung«, winkte Michel ihr gütlich zu, während Schirin die Nase noch immer nicht hochnahm, eifrig strickte und nun wieder brummelte: »Zwei rechts, zwei links, und er hat genug«, womit sie den Rücken des Pullis meinte, was aber doch recht gut zum Gespräch passen wollte.
»Einar, Sie haben Marys Frage gehört. Die müssen Sie uns vorher, ehe wir weiter reden, beantworten. Wie wurden Sie aus der Schlucht gerettet, wer half Ihnen nach oben? Daß Mary mich unter unsagbaren Mühen retten
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