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Kammerflimmern

Kammerflimmern

Titel: Kammerflimmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Gibert
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Patzke-Grundstück einverleiben. Dazu muss er allerdings Herrn Patzke überreden, auf sein Nießbrauchsrecht zu verzichten. Und mich, das zu tolerieren, was ich nie und nimmer tun würde. Aus diesem Recht ergeben sich nämlich Werte, die Patzkes Gläubigern zustehen.«
    »Um was für Gläubiger handelt es sich dabei?«
    Der Anwalt dachte einen Moment nach.
    »In der Hauptsache zwei Banken. Und natürlich einige kleinere, zum Beispiel eine Krankenkasse, eine Berufsgenossenschaft und ein paar wenige Privatleute.«
    »Das klingt nicht nach einem spektakulären Crash, den Herr Patzke da hingelegt hat«, bemerkte Hain.
    »Ganz und gar nicht, da haben Sie recht. Das Volumen ist absolut betrachtet nicht bemerkenswert, aber für ihn hat es nun mal gereicht. Nach meiner Meinung haben die Altschulden ihm am Ende den entscheidenden Stoß versetzt.«
    »Wer hat die Insolvenz beantragt?«
    »Eine Krankenkasse, wie so häufig. Er war mit den Zahlungen für seine beiden Mitarbeiter im Rückstand, das war es dann.«
    Lenz sah aus dem Fenster. Draußen bogen sich die Bäume beängstigend im immer stärker werdenden Wind.
    »Kennen Sie die Firma, die das Grundstück neben Patzkes Gelände bebauen will?«
    Über Röslers Gesicht huschte ein süffisantes Lächeln.
    »Nein«, antwortete er knapp.
    Lenz sah ihn verwundert an.
    »Gar keine Informationen?«
    Der Anwalt nippte bedächtig an seinem Tee, bevor er weitersprach.
    »Ich lebe in dieser Stadt und habe Augen und Ohren, jedoch keine belastbaren Informationen. Und bevor ich Gerüchte weiterverbreite, halte ich lieber meinen Mund, Herr Kommissar.«
    »Ich lebe auch in Kassel, Herr Rösler, aber ich habe noch nie von wie auch immer gearteten Gerüchten bezüglich dieser Firma gehört.«
    Wieder entstand eine kleine Pause. Der Anwalt zog die Augenbrauen hoch und legte die Stirn in Falten.
    »BBE, ein Versicherungsmakler, wurde von einem sehr jungen Versicherungskaufmann mit, wenn ich richtig informiert bin, russischen Wurzeln vor etwa vier Jahren gegründet. Seinen Aufstieg kann man durchaus kometenhaft nennen, auch, weil er seine Produkte vor allem an die große Community der Russlanddeutschen und Bürger aus den ehemaligen GUS-Staaten verkauft.«
    »Was für Produkte?«
    »Versicherungspolicen, hauptsächlich Krankenversicherungen, aber auch Lebensversicherungen. Man munkelt, die sogenannten Berater des Unternehmens gingen nicht immer zimperlich vor bei der Akquise neuer Kunden, doch das haben Sie nicht von mir.«
    »Ist die BBE nie an Sie herangetreten wegen des Grundstücks?«
    »Doch. Einmal hat mich ein Kollege angerufen, vor etwa drei Monaten. Ich habe ihm erklärt, dass ich das, was er gerne für seinen Mandanten erwerben würde, nicht im Programm habe. Seitdem habe ich nichts mehr gehört. Und das ist nun wirklich alles, was ich dazu sagen möchte.«
    Lenz entschied, nicht weiter zu fragen, obwohl er sicher war, dass Rösler noch das eine oder andere zur BBE sagen könnte.
    »Wie geht es jetzt weiter mit der Insolvenz von Patzke?«
    »Viel Masse ist nicht da, doch es sieht nicht gänzlich hoffnungslos aus für die Gläubiger. Am meisten verspreche ich mir von einer Schadensersatzklage.«
    »Gegen Herrn Goldberg?«
    Nun war so etwas wie Verwunderung in Röslers Gesicht zu sehen.
    »Darüber möchte ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht sprechen. Ich bin schon überrascht, dass Ihnen sofort dieser Name einfällt. Bis jetzt war ich davon ausgegangen, diese Causa ohne großes Aufsehen erledigen zu können.«
    »Daraus wird leider nichts. Herr Goldberg wurde letzte Nacht erhängt im Reinhardswald gefunden.«
    Der Anwalt sah die beiden Polizisten mit großen Augen an und schien einen Moment lang nach Worten zu suchen. Dann hatte er sich wieder im Griff.
    »Suizid?«
    »Nein, wie es aussieht, nicht.«
    In Röslers Gesicht zeichnete sich jetzt ein Erkennen ab.
    »Herr Patzke ist eindeutig mehr als ein Zeuge für Sie, nehme ich an.«
    »Zunächst nicht«, entgegnete Lenz, »aber wir ermitteln natürlich in alle Richtungen.«
     

9
    Die Rückfahrt zum Präsidium dauerte fast eine Stunde. Der Feierabendverkehr an diesem Freitag wäre allein schon eine gute Rechtfertigung für das Verkehrschaos gewesen, in deren Mittelpunkt sie sich befanden, doch der aufgefrischte Wind hatte sich zu einem veritablen Schneesturm entwickelt und trug ein Übriges zum Zusammenbrechen des Verkehrs bei. Als sie endlich im Präsidium ankamen, war Lenz so müde, dass er nur noch nach Hause und in sein Bett

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