Kammerflimmern
Brandt war auf dem Weg zu Kriminaldirektor Georg Wissler, seinem Vorgesetzten, um ihn über die neue Entwicklung zu unterrichten. Lenz und Hain saßen mit Rolf-Werner Gecks in Uwe Wagners Büro.
»Die Presse spielt mächtig verrückt, was den Mord an Goldberg angeht, da macht wohl irgendjemand Druck. Die Patzke-Geschichte dagegen wird noch gar nicht so richtig wahrgenommen, zumindest der Zusammenhang nicht. Aber das kommt noch, darauf könnt ihr euch verlassen. Und wenn erst mal publik wird, dass die beiden Hainmüllers mit der gleichen Kanone erschossen worden sind, brennt die Luft. Ich kann mich nämlich noch sehr gut an die Kritik von damals erinnern, als wir auch nach Wochen noch keine greifbaren Ergebnisse oder gar einen Tatverdächtigen präsentieren konnten.«
»Das war komisch«, mischte Gecks sich ein. »Die beiden führten ein völlig normales Leben, waren vielleicht ein klein wenig zu religiös für meinen Geschmack, aber sei’s drum. Es gab kein ersichtliches Motiv, sie umzubringen.«
Hain warf ihm einen skeptischen Blick zu.
»Immerhin gab es einen leisen Verdacht gegen Hainmüller in der damaligen Mordsache«, gab er zu bedenken.
»Der sich in Luft aufgelöst hat«, ergänzte Lenz.
»Ich weiß. Aber es erscheint mir so abstrus, dass ihr Tod mit dem von Goldberg und Patzke in Zusammenhang stehen könnte.«
»Dann hilft nur eins, Männer«, empfahl Wagner, »ihr müsst die Verbindungslinien zwischen ihnen finden. Das sieht nach viel Arbeit aus.«
Er stand auf und goss den Kollegen Kaffee nach.
»Das ist leider nur ein Teil der Geschichte. Was zum Beispiel ist mit den Wanzen in Goldbergs Büro, wer hat ihn abgehört? Der Doppelmord im Wald ist außerdem so raffiniert gedreht worden, dass man dahinter Profis vermuten muss, was wieder zu den Wanzen passen würde, denn solche Dinger findet man sicher nicht in den Händen von Amateuren. Und musste Patzke am Ende nur dran glauben, weil er Goldberg kannte und ihm einmal gedroht hatte? Weiterhin denke ich gerade darüber nach, wie ungewöhnlich es ist, dass ein Herr Patzke den Justiziar der IHK überhaupt zu Gesicht bekommt. Normalerweise gibt sich einer wie Goldberg doch gar nicht mit solchen Knallchargen ab, die landen eher bei einem untergeordneten Mitarbeiter. Da müsst ihr genau hinsehen.«
»Richtig, Uwe, das Gleiche habe ich schon die Sekretärin von Goldberg, diese Frau Hohmann, gefragt. Leider wusste sie keine Antwort, aber ungewöhnlich fand sie es auch.«
Gecks sah auf die Uhr, stellte seine Kaffeetasse auf den Schreibtisch, stand auf und ging langsam zur Tür.
»Leute, ich muss euch jetzt verlassen, ich habe nämlich einen Termin bei dem Verwalter der Wohnung in der Friedrich-Ebert-Straße. Er wollte den Mietvertrag heraussuchen lassen. Wir sehen uns später.«
Damit war er auch schon verschwunden. Lenz nahm einen großen Schluck Kaffee, druckste einen Moment herum und sah dann seine beiden Kollegen ernst an.
»Ich muss euch noch was erzählen, wovon ich bisher nichts gesagt habe. Aber es muss absolut unter uns bleiben, weil ich nicht damit herausrücken kann, wo ich es herhabe. Verstanden?«
Wagner und Hain sahen sich erstaunt an.
»Jetzt will er es richtig spannend machen«, meinte der Pressesprecher.
»Hör auf, der gibt doch nur an. Es gibt nichts, von dem Paul uns nicht erzählen könnte, woher er es weiß.«
Lenz leerte seine Tasse und stellte sie neben die von Gecks.
»Goldberg wollte bei der IHK aufhören und zur BBE wechseln. Das habe ich aus absolut zuverlässiger Quelle erfahren.«
Hain legte den Kopf schief und sah ihn fragend an.
»Bist du sicher?«
»Ganz sicher. Aber ich sag dir trotzdem nicht, woher ich es weiß.«
»Und seit wann weißt du davon?«
»Seit heute Morgen«, log Lenz.
»Dann hätten wir Blochin doch danach fragen können.«
»Eben nicht. Ich will natürlich um jeden Preis vermeiden, dass mein Informant auch nur in die Nähe der Enttarnung gerät. Und da ich nicht weiß, wie viele Menschen im Besitz dieser Information sind, ging das nicht.«
»Da muss ich dir recht geben. Aber das heißt auch, dass Blochin uns rotzfrech ins Gesicht gelogen hat.«
»Können wir ihm das beweisen? Was würde es belegen, wenn es tatsächlich so wäre?«
»Ich an seiner Stelle würde argumentieren, dass es sich dabei um Geschäftsinterna handelt, die ich nicht mit jedem hergelaufenen Bullen besprechen will«, mischte Wagner sich ein.
»Gut und schön«, erwiderte Lenz, »ich glaube aber nicht, dass es darum geht,
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