Kammerflimmern
Wiedersehen«, antworteten die Polizisten, drehten sich um und stiegen in ihren Wagen.
An der Weinbergkreuzung klingelte Lenz’ Telefon. Carola Patzke meldete sich.
»Hallo, Frau Patzke, wie geht es Ihnen?«
»Geht so, Herr Kommissar. Ich bin wieder zu Hause. Weil es so doll geschneit hat und so viele Menschen verunglückt sind.«
»Was hat das denn mit Ihnen zu tun?«
»Die brauchten mein Bett, glaube ich, darum haben sie mich nach Hause geschickt. Aber deswegen rufe ich Sie nicht an.«
»Weswegen denn, Frau Patzke?«
»Ich hab grad im Radio davon gehört, dass hier in Kassel eine große Razzia stattfindet, bei einem Russen. Hat der Kerl was mit Siggis Ermordung zu tun?«
Lenz schluckte.
»Das glaube ich nicht, Frau Patzke, aber selbst wenn es so wäre, dürfte ich Ihnen darüber keine Auskunft geben.«
Es gab eine kurze Pause, in der Lenz hörte, dass sie schwer atmete.
»Im Radio wurde gesagt, dass der Kerl auf der Leipziger Straße ein riesengroßes Firmengelände plant. Das is nich zufällig der, der neben Siggis ehemaliger Werkstatt bauen will, Herr Kommissar?«
Nun brauchte Lenz einen Moment, bis er antworten konnte.
»Es kann sein, dass dieser Herr das Gelände neben der Werkstatt Ihres Mannes bebauen will, aber das heißt noch lange nicht, dass er auch was mit dem Tod Ihres Mannes zu tun hat, Frau Patzke. Das, was im Moment bei dem passiert, hat primär gar nichts mit dem Fall Ihres Mannes zu tun.«
»Primär vielleicht nich, aber vielleicht sekundär, Herr Kommissar?«
Nun war Lenz erstaunt.
»Lassen Sie uns erst mal sehen, was dabei herauskommt, Frau Patzke. Sobald ich etwas Neues weiß, melde ich mich bei Ihnen.«
»Das ham Sie mir sowieso versprochen.«
»Was habe ich Ihnen versprochen?«
»Dass Sie Ihr Bestes geben, um den Mörder von Siggi zu finden. Auf dem Bett im Krankenhaus.«
Lenz musste tief durchatmen, bevor er weitersprechen konnte.
»Daran hat sich auch nichts geändert, Frau Patzke. Gar nichts.«
»Nehmen Sie mich nich auf die Rolle, Herr Kommissar. Das kann ich nämlich nich leiden«, sagte sie leise und legte auf.
Der Hauptkommissar steckte nachdenklich das Telefon in die Jackentasche und sah Hain mit gerunzelter Stirn an.
»Sie hat es im Radio gehört und zwei und zwei zusammengezählt. Was hätte ich denn machen sollen?«
»Nichts. Ich hätte es genauso gemacht, Paul.«
20 Minuten später blickten sie erwartungsvoll auf den Monitor, während Hains Computer die CD las. Der Oberkommissar gab ein paar Befehle ein, und der Rechner begann zu arbeiten.
»Das ist gezippt«, stellte Hain fest.
»Thilo, komm mir jetzt bloß nicht mit irgendeinem Fachchinesisch. Mach, dass wir zu sehen kriegen, was da drauf ist, und fertig.«
»Ist ja schon gut, Herr Hauptkommissar«, erwiderte Hain, und seine Stimme klang dabei leicht genervt.
Wieder gab er einige Befehle ein.
»Shit«, murmelte er dann.
»Was ist denn nun schon wieder?«
»Goldberg hat das, was er auf die CD gebrannt hat, vorher mit einem speziellen Programm komprimiert, also gezippt. Dir das jetzt alles zu erklären, würde zu lange dauern, aber das Wichtigste dürftest du ohne Probleme verstehen: Er hat es mit einem Passwort gesichert, und ohne dieses Passwort kommen wir nicht an die Daten heran.«
Lenz ließ sich stöhnend in seinen Stuhl zurückfallen.
»Und was machen wir jetzt?«
»Bleib mal ruhig, mein Großer. Wir setzen ein Codeknackerprogramm auf seine Geheimhaltungstaktik an, das uns vielleicht hilft. Aber nur, wenn Goldberg kein ausgewiesener IT-Profi gewesen ist.«
»Und wenn er doch einer war?«
»Dann kommen wir auch an die Daten, aber es dauert möglicherweise länger, als uns lieb ist. Stell dir das am besten so vor, als ob eine große Rechenmaschine alle Möglichkeiten ausprobiert, die Goldberg sich ausgedacht haben könnte. Wenn er seine Aufzeichnungen mit vier Zeichen gesichert hat, sind wir innerhalb von Minuten fertig. Hat er aber zwölf Zeichen oder vielleicht 18 oder 25 benutzt, dauert es entsprechend länger. Und wenn er so böse Sachen wie Umlaute oder ein scharfes S in seinem Passwort untergebracht hat, ist es fast unmöglich.«
Während er sprach, fertigte er eine Kopie der CD an, stellte anschließend die benötigte Verbindung zum Internet her und rief eine Seite auf. Während der nächsten fünf Minuten sah Lenz ihm beeindruckt zu. Dann lehnte der Oberkommissar sich zurück.
»So, jetzt versucht unser Programm, das Passwort rauszukriegen. Oder auch nicht. Wir beide können
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