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Kammerflimmern

Kammerflimmern

Titel: Kammerflimmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Even Anne; Holt Holt
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stehen, ganz still.
    Sie hatte Angst.
23.30 Uhr
Finanzministerium Akersgata 40, Oslo
     
    »Wir warten natürlich noch ein paar Wochen«, sagte Staatssekretär Finn Schei und lächelte kurz. »Bis sich alles wieder beruhigt hat. Dein und unser Pech, wenn es einen zu engen Zusammenhang zwischen den ...«
    Wieder lächelte er kurz und verkniffen. »... Turbulenzen der letzten Zeit und deinem Rücktritt gibt«, endete er. »Also warten wir. Ein wenig.«
    »Von ›Turbulenzen der letzten Zeit‹ kann keine Rede sein«, sagte Agnes Klemetsen und zeichnete mit zwei Fingern Anführungszeichen in die Luft. »Hier ist die Rede von weniger als vierundzwanzig Stunden. Ich weiß nicht, welches von den Ereignissen dieses Tages ich auf irgendeine Weise hätte verhindern oder beeinflussen können. Außerdem finde ich es, gelinde gesagt, ein starkes Stück, mitten in der Nacht herbeizitiert zu werden, ohne auch nur ...«
    »Wir hielten es für die sauberste Lösung, dich zu informieren, sowie wir unseren Beschluss gefasst hatten, und es ist in aller Interesse, dass wir es so reibungslos wie nur möglich über die Bühne bringen.«
    »Reibungslos?« Agnes Klemetsen machte eine wütende Handbewegung.
    »Glaubst du, es wird reibungslos ablaufen, wenn bekannt wird, dass ich nur wenige Monate nach meiner Ernennung zur Vertreterin des SP-SP bei Mercury Medical zurücktreten muss? Und glaubst du ...«
    Sie beugte sich vor und hob einen zornbebenden Zeigefinger. »Glaubst du auch nur eine Sekunde, dass mein Rücktritt nicht mit dieser Affäre in Verbindung gebracht wird, auch wenn wir eine oder zwei Wochen warten? Ist dir klar, was das für meine Karriere bedeutet?«
    »Deine Karriere ist leider nicht die oberste Priorität des Ministers«, sagte Finn Schei kalt, noch immer ohne ihr in die Augen zu blicken. »Unsere Aufgabe ist es, das Vermögen der Gesellschaft auf die bestmögliche Weise zu verwalten. Mercury Medical wird im kommenden Jahr vor viel größeren Herausforderungen stehen, als irgendjemand bei deiner Ernennung vermuten konnte.«
    »Na und?«, fragte sie so laut und schrill, dass Finn Schei das Gesicht verzog. »Man wird doch nicht nur für die guten Zeiten in einen Aufsichtsrat geholt. Was glaubst du wohl, wie es war, den Aufsichtsrat von Oslos Universitätskrankenhaus zu leiten? Oder bei der Fusion mit Hydro im Aufsichtsrat von Statoil zu sitzen? Meinst du, das war alles nur Friede, Freude, Eierkuchen?«
    »Der Finanzminister wünschte sich einen Mann mit ...«
    Er brach ab, hob sein Wasserglas, ohne etwas zu trinken, stellte es wieder hin und fing noch einmal von vorn an.
    »Der Finanzminister wünscht sich eine Person mit größerem Gewicht, als eine Vierzigjährige hat erwerben können. Wir haben fünfhundert Milliarden in diese Gesellschaft investiert, Agnes, und wir müssen dafür sorgen ...«
    »Das nenne ich einen SOLIDEN Versprecher«, sagte sie verächtlich. »Du willst ganz einfach einen Mann. Außerdem bin ich einundvierzig.«
    »Du irrst dich«, sagte er tonlos. »Wir wollen Erfahrung. Gewicht.«
    »Per Lund«, sagte sie schnaubend. »Warum sagst du das nicht offen? Mann, sechzig Jahre alt, ehemaliger Teilhaber in der Anwaltskanzlei BA-HR, Sammler von Aufsichtsratsposten und Retter des Staates, wann immer ihr Scheißangst vor irgendwas habt, weil ihr zwar vor Geld stinkt, aber ohne ausreichende Kompetenz auf dem Markt umherirrt.«
    Er gab keine Antwort. Wieder musterte er einen Behälter mit Kugelschreibern, die er in unregelmäßigen Abständen immer weiter an den Tischrand schob.
    Agnes Klemetsen erhob sich und packte den Mantel, den sie über die Stuhllehne gelegt hatte.
    »Wir sind dankbar für deinen bisherigen Einsatz«, sagte Finn Schei. »Wir sagen dir noch genau Bescheid, wie der Wechsel verlaufen soll.«
    Agnes Klemetsen schien einen Moment lang nach einer passenden Schlussbemerkung zu suchen. Nach einigen Sekunden aber seufzte sie tief, machte kehrt und ging auf die Tür zu.
    »Der Wachmann im Vorzimmer bringt dich hinaus«, sagte Finn Schei zu ihrem Rücken. »Ich rufe dich an.«
    Agnes Klemetsen sagte nicht einmal Auf Wiedersehen.

Donnerstag, 13. Mai 2010
1.10 Uhr
Båtstøjordet, Høvik, Bærum
     
    Sara hatte sich ins Gästebett in Theas Zimmer gelegt.
    Das regelmäßige Atmen der Nichte, das blaue Nachtlicht und die vielen Kuscheltiere, die noch immer dicht an dicht auf einem langen Regalbrett über den Fenstern saßen, hatten so beruhigend gewirkt, dass Sara endlich eingeschlafen war. Als

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