Kammerflimmern

diesem Gerät etwas nicht stimmt?«
    Jetzt lachte er wieder. »Ob mit dem Deimos etwas nicht stimmt? Ich kann dir garantieren, dass das nicht der Fall ist. Warum um alles in der Welt fragst du?«
    »Ach, ich dachte nur ... Ihr habt also keine Meldungen über Probleme erhalten oder ...«
    »Wovon ist hier eigentlich die Rede«, fiel er ihr ins Wort.
    Seine Stimme hatte einen kalten Unterton, bei dem sie seine beeindruckende Gestalt vor sich sah.
    »Vermutlich ist es nur ... nein, tut mir leid, dass ich dich überhaupt mit solchen Bagatellen behellige. Typischer Anfängerpatzer, Otto. Ich freue mich so über unsere Zusammenarbeit und habe solche Angst, gut genug zu sein, dass ich einfach anrufe, um diese ...«
    »Hör doch auf«, fiel er ihr abermals ins Wort. »Wenn du Anfängerin bist, dann bist du die beste Rookie seit meiner ersten Spielzeit für die Huskies.«
    Seine Stimme war plötzlich so freundlich wie vorher.
    Für einen Moment zögerte sie, dann entschloss sie sich, das Richtige zu tun. Das, was ihr Rückendeckung geben würde.
    Sie sagte, warum sie anrief.
    Als das Gespräch beendet war, stellte sie das Telefon langsam wieder auf den Tisch. Sie hatte den Tee kaum angerührt, und er war kalt. Sie ging in die Küche, öffnete eine Flasche Rotwein aus einer Flughafentüte, die noch auf der Bank stand, und schenkte sich ein großes Glas ein.
    Ob sie Grund zur Besorgnis hatte, ahnte sie nicht. Aber was sie jetzt tun musste, wusste sie ganz genau.
21.30 Uhr
GRUS, Bærum
     
    »Du musst dir das ansehen«, sagte Sara Zuckerman, als sie, ohne anzuklopfen, Ola Farmens Büro betrat.
    »Ich bin fertig«, sagte er und hob die Hände triumphierend von der Tastatur. »Sechs Seiten Bericht über unser kleines Virus. Wie sieht es bei dir aus?«
    »Schau dir das an«, verlangte sie noch einmal und breitete einen ICD-Ausdruck auf seinem Schreibtisch aus.
    »Diese Ärztin vom Rikshospital ist endlich wieder im Süden. Die, die Erik Berntsens ICD explantiert hat. Das hier hat vor einer halben Stunde ein Bote gebracht.«
    »Na und?«, fragte er. »Sagt dir das etwas?«
    »Schau selbst.«
    Sara lehnte sich an den Schreibtisch und schlug die Arme übereinander, als Ola sich über den Ausdruck beugte.
    »Hier ist eine Episode mit Kammerflimmern«, murmelte er und tippte das Papier mit dem Zeigefinger an. »Der ICD reagiert mit Stößen, wie es sich gehört. Dann ...«
    Er beugte sich tiefer über das Papier und ließ den Finger nach rechts wandern.
    »Umschlag«, er nickte. »Das Herz reagiert positiv und kehrt zum normalen Rhythmus zurück.«
    Er schaute zu Sara auf. Ihr Gesicht war ausdruckslos, als sie kurz zu dem Papierstreifen hinübernickte. »Und dann?«, fragte sie, als ob er im Examen vor ihr stände.
    »Dann kriegen wir ... huch. Nach ... vierzehn Sekunden kommt eine neue Runde Kammerflimmern. Der ICD reagiert mit zwei ... mit vier Stößen zu 31 Joule.«
    Er hob den Papierstreifen vorsichtig ins Licht.
    »Aber nichts passiert«, sagte er endlich. »Der Patient stirbt.«
    »Und wer ist der Patient?«
    Ola starrte die kleine Rubrik für persönliche Angaben an. Die war leer.
    »Hier steht nichts«, sagte er und überlegte einen Moment. »Aber es passiert doch häufiger, dass Name und Personenkennnummer erst bei der ersten Kontrolle eingegeben werden.«
    »Was findest du sonst noch?«
    »Es ist jedenfalls kein Wunder, dass die Ärztin meinte, das hier stimme mit den Befunden der Pathologie überein«, sagte er dann. »Ich finde ja auch nur ...«
    »Nicht anderes?«
    Die ganze Szene erinnerte immer mehr an eine mündliche Prüfung, und Ola machte eine genervte Handbewegung. »Kannst du es denn nicht einfach sagen?«
    »Sieh mal nach, wann das alles passiert ist!«
    »05.05.08«, sagte Ola.
    »So ungefähr vor zwei Jahren«, sagte Sara und nickte. »Wie wir wissen, wurde Erik vor einer Woche operiert. Er ist am Donnerstag gestorben. Und dann muss das hier ...«
    »Von einem Demonstrationsmodell stammen«, sagte Ola und stöhnte. »Verdammt, das ist ein Ausdruck von einem Dummy.«
    »Genau. Jemand hat ein Demomodell in Erik Berntsens Leichnam eingesetzt, nachdem das Originalteil entfernt worden war!«
    »Wer hat Zugang zu so was?«, fragte er verwirrt.
    »Wir hier im Krankenhaus. Und in allen anderen Krankenhäusern, die Deimos verwenden. Das sind ganz schön viele.«
    Er holte Luft und überlegte.
    »Du hättest zuerst an den Produzenten denken müssen«, sagte Sara.
    »Mercury Medical«, sagte er leise.