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Kammerflimmern

Kammerflimmern

Titel: Kammerflimmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Even Anne; Holt Holt
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»Natürlich.«
    »Hör jetzt zu, Ola.«
    Sara faltete den Ausdruck zusammen und legte ihn zur Seite, dann setzte sie sich auf seinen Schreibtisch. »Das hier sagt uns etwas darüber, wie unsere Erwartungen unsere Beobachtungsfähigkeit beeinflussen«, sagte sie. »Ein erfahrener Kardiologe hätte diesen kleinen Fehler beim Datum vielleicht entdeckt. Henny Kvam Hole ist keine fertig ausgebildete Kardiologin und hat gewusst, dass der Patient siebzig Jahre alt und herzkrank war. Sie wusste auch, dass der Pathologe einen Infarkt vermutet hatte. Mit anderen Worten, sie ist mit lauter Vorausinformation ans Werk gegangen, und das macht ihre Arbeit ... schlampig. Die Kurve stimmt damit überein, was sie glaubt. Alle Informationen stimmen damit überein, was sie vorher schon gewusst hat.«
    Ola biss sich in den Daumennagel.
    »Wenn du Hunger hast, dann nimm den hier.«
    Sie reichte ihm einen angebissenen Apfel, der neben einer leeren Butterbrotdose und einer Colaflasche an der Schreibtischkante gelegen hatte.
    »Entschuldige«, sagte er mechanisch und setzte sich auf seine rechte Hand.
    Sara ließ den Apfel in den Mülleimer fallen.
    »Wir wissen, dass Erik Berntsen außerhalb des Krankenhauses gestorben ist«, sagte sie dann. »Der vorläufige Obduktionsbericht gibt einen ziemlich genauen Todeszeitpunkt an. Dass er so schnell gefunden wurde, deutet an, dass er wohl kaum gestorben sein kann, ehe er das Dæhlivann erreicht hatte. Also muss der ICD im Wald ausgetauscht worden sein, von jemandem, über den wir nichts wissen, vom Kindergartenpersonal, von der Polizei, vom Krankenwagenpersonal, das den Toten ins Riks gebracht hat, oder dort von noch jemand anderem.«
    »Ein Fremder im Wald oder jemand im Riks«, sagte Ola.
    Sara nickte. »Was hältst du für das Wahrscheinlichere?«
    »Einer im Wald«, flüsterte Ola. »Aber das klingt doch total schwachsinnig.«
    »Schwachsinniger, als dass irgendwer im Rikshospital sich den Spaß macht, es zu tun, um sich dann herzuschleichen und den ursprünglichen ICD in meine Tasche zu stecken?«
    »Beides ist doch einfach Wahnsinn! Ich kann mir nicht vorstellen, dass ...«
    »Tatsache ist, dass es passiert ist«, sagte Sara. »Da die ICDs vertauscht worden sind, muss irgendwer es getan haben. So weit bist du meiner Meinung, ja?«
    Ola sprang so plötzlich auf, dass der Stuhl zwei Meter vom Schreibtisch wegrollte. »Kannst du nicht aufhören, hier rumzustehen wie ein zweiter ... ein zweiter Sokrates, von mir aus! Ich kann diesen Professorinnenton nicht vertragen! Sag mir verdammt noch mal, was du denkst, statt die Zeit mit Ratespielen zu vergeuden. Ich bin schließlich kein Scheißstudi!«
    Sara starrte ihn verdutzt an. Ihre Schmuckstücke klirrten, als sie sich vorbeugte und die schmale Hand auf seine Schulter legte. »Es tut mir leid«, sagte sie freundlich. »Alte Gewohnheit, werde ich nicht los. Setz dich.«
    Mürrisch setzte er sich auf den Stuhl, der jetzt mitten im Raum stand.
    »Dein Freund hat da etwas Wichtiges gesagt«, sagte Sara, scheinbar unberührt von der ganzen Szene. »Er hat etwas gesagt, worüber ich weiter nachgedacht habe.«
    Ola saß mit fest auf den Boden gerichtetem Blick da.
    »Er hatte eine Theorie, dass das hier auf mich zielt«, sagte Sara.
    Ein rasches Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Dass das aus irgendeinem Grund auf dich und mich zielt«, korrigierte sie sich.
    Ola reagierte noch immer nicht.
    »Er meinte, irgendwer hätte uns im Visier, weil wir die Voraussetzungen haben, die Sache zu durchschauen. Im ersten Moment fand ich diese Theorie absurd, aber als ich mich dann an meinen Bericht gesetzt habe, kamen mir Zweifel. Denn was machen wir mit einer Theorie, Ola?«
    Ehe er sie wieder ankläffen konnte, riss sie sich zusammen. »Verzeihung«, sie lächelte. »Wir stellen sie auf die Probe. Wir sehen nach, wie sie sich dazu verhält, was wir schon wissen.«
    Ohne auf Olas demonstrative Verstimmung zu achten, ging sie zu einer Tafel neben der Tür. Die war übersät mit Notizen und mit gekritzelten Bemerkungen. Zeitungsausschnitte, kurze Artikel und alte Bahnfahrscheine waren wild verstreut mit Magneten befestigt. Sara machte mitten auf der Tafel ein kleines Viereck, ohne zu fragen, ob das in Ordnung sei.
    »Der Fehler, den wir gefunden haben, wird Mercury Medical auf brutale Weise schaden«, sagte sie und zeichnete mitten in das freie Feld ein kleines Merkurzeichen. »Das steht fest. Zwei Menschen haben ihr Leben verloren, ein Dritter konnte

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