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Kammerflimmern

Kammerflimmern

Titel: Kammerflimmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Even Anne; Holt Holt
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wollte mich quälen. Außerdem wollte er prahlen, dass er schon wieder der Alte war, zwei Tage nachdem ihm dieses Herzdings eingesetzt worden ist. Er, der harte Brocken! Der Löwe! Er hat mich immer für einen Schwächling gehalten. Hat darüber gefaselt, es sei ein zu schöner Tag, um zwischen den Autos auf dem Parkplatz zu stehen, und deshalb ...«
    Er verstummte. Vivian schmiegte sich an ihn und legte den linken Arm über seine Brust. Sie roch noch immer viel zu sehr nach Flieder, aber sie hatte eine so weiche Haut. Einen frischen Mund hatte Vivian, und unter der dicken Schminke waren die Augen schön und tiefblau.
    »Ich muss los«, flüsterte sie. »Susie konnte nur eine Stunde an der Rezeption sitzen. Wenn ich nicht rechtzeitig wieder unten bin, geht sie trotzdem. Und wenn der Chef auftaucht und die Rezeption ist leer, ist mein Job weg. Okay?«
    Er antwortete, indem er sie fester umarmte.
    »Ich habe nur um zwei Millionen gebeten«, sagte er leise. »Meine Eltern schwimmen im Geld, und mit zwei Millionen Kronen hätten sie mich aus der Klemme geholt. Aber nein ...«
    Der Rest ertrank in Gemurmel.
    »Weinst du?«, fragte sie erschrocken.
    »Nein«, sagte er und wischte sich mit dem Handrücken die Augen. »Ich bin nur sauer. Und ein wenig ...«
    Sie löste sich vorsichtig aus seiner Umarmung und fing an, sich anzuziehen.
    »Ich muss auch an meine Mutter denken«, murmelte er. »Sie macht sich sicher Sorgen um mich. Und dann ist die Beerdigung und alles, und ich weiß nicht ...«
    »Kannst du nicht einfach nach Hause fahren?«, fragte sie, während sie ihre Bluse zuknöpfte. »An den letzten Tagen ist es doch gut gegangen. Wie viel hast du verdient?«
    »Viel«, sagte er. »Aber nicht genug. Gestern war ein Märchen, aber die Börsen sind noch immer ungeheuer nervös. Ich brauche ein verdammtes Glück, wenn ich ...«
    »Davon habe ich keine Ahnung«, fiel Vivian ihm ins Wort und beugte sich zum Spiegel über dem Schreibtisch vor. »Aber jetzt muss ich los. Willst du schlafen, oder sehen wir uns nachher unten?«
    Er sagte etwas, was sie nicht verstand.
    »Bis dann«, sagte sie kurz und öffnete die Tür. »Wenn nicht vorher, dann jedenfalls zum Frühstück.«
    Als die Tür hinter ihr ins Schloss fiel, drehte er sich auf die Seite. »Verdammter Scheiß Dreckspapa«, flüsterte er und fing wieder an zu weinen.
22.10 Uhr
Ymers vei, Lofthus, Oslo
     
    »Peinlich«, sagte Ola und packte das Lenkrad fester, obwohl das Auto stand.
    »Stimmt«, sagte Sara. »Unendlich peinlich. Sivert Sand läuft seit zwei Tagen im Schlafanzug und mit kranken Kleinkindern herum, und dann kommst du und beschuldigst ihn ...«
    »Hör auf. Mach es nicht noch schlimmer. Du musst mir helfen, irgendeine Ausrede zu finden. Er muss mich doch für komplett ...«
    »Mach deine eigenen Lügen«, sagte sie schroff.
    Aber sie lächelte ein wenig. Und im Moment lag darin eine Art Trost.
    »Blamier dich kein zweites Mal«, sagte sie und schaute zu dem dunklen Gebäude hinüber, in dem angeblich Sverre Bakken wohnte. »Den Diebstahl aus dem Schrittmacherraum kann die Polizei besser klären als wir. Man braucht ja wohl kaum ein Einstein zu sein, um einen Diebstahl aufzuklären.«
    »Was hat die Polizei dir eigentlich getan? Warum musst du die immer runtermachen?«
    »Ich mache niemanden runter. Ich stelle nur das Offensichtliche fest: Ein Virus in einer Progammiermaschine finden und feststellen, wie dieses Virus implantierbare Herzstarter manipuliert, können wir besser als die Polizei. Bei einem Einbruch dagegen ist die Polizei die richtige Instanz. Stimmst du mir da nicht zu?«
    Ola legte die Stirn auf das Lenkrad. »Ich habe alles so satt«, stöhnte er.
    »Fahren wir zurück«, sagte sie freundlich und legte ihm die Hand auf den Oberschenkel.
    »Nein!«
    Mit einem Ruck setzte er sich auf. »Ich werde mir die verdammte Maschine holen, und wenn es das Letzte ist, was ich jemals tue«, sagte er und öffnete die Tür. »Wenn du mitkommen willst, dann von mir aus. Wenn nicht, dann bleib eben hier sitzen.«
    Er schaltete in den ersten Gang und drehte den Motor aus. Zog hart an der Bremse, zwängte sich aus dem Auto und beugte sich dann wieder hinein. »Kommst du mit?«, fragte er wütend, ehe er sich abermals aufrichtete, mit der Tür knallte und über die Straße lief.
22.11 Uhr
Ymers vei, Lofthus, Oslo
     
    Als Sverre Bakken nach Hause gekommen war, hatte er es nicht einmal über sich gebracht, Licht zu machen. Drei Stunden lang hatte er

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