Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kammerflimmern

Kammerflimmern

Titel: Kammerflimmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Even Anne; Holt Holt
Vom Netzwerk:
aufzieht. Ein Orkan. Gerüchten zufolge werden Lehman Brothers bereits morgen ...«
    »Ich scheiße auf Lehman Brothers«, flüsterte Otto Schultz. »Mich interessiert im Moment nur Galaxy COB. Und wo zum Teufel steckt Joe Jackson?«
    Alex Grouss legte die Speisekarte hin und lächelte verkniffen die plötzlich aufgetauchte Kellnerin an. »Ich nehme zuerst eine Guacamole en Molcajete«, sagte er freundlich in perfekter spanischer Aussprache. »Danach die Flautas de Pollo und zum Schluss Tacos Sudados de Chicharrón. Nur Wasser dazu, bitte. Ohne Kohlensäure, mit Eiswürfeln.«
    Die Kellnerin nickte und sah Otto Schultz an.
    »Das Gleiche«, sagte der. »Aber mit einem Bier. Das größte, das Sie haben.«
    Die große magere Frau nahm beide Speisekarten und verließ den Tisch.
    »Wie gesagt«, flüsterte Alexander Grouss so leise, dass Otto ihn kaum verstehen konnte. »Wie gesagt, ist Joe nicht ... durchaus nicht in Form. Sei froh, dass ich an seiner Stelle kommen konnte.«
    »Froh? Froh??? «
    Ottos Gesicht wurde immer dunkler, als er hinzufügte: »Soll ich froh darüber sein, dass meine hundert Millionen Dollar verschwunden sind? Im Sand verlaufen?«
    »Hör mal zu«, sagte Alex und rückte seinen tadellosen Schlipsknoten noch einmal zurecht. »Das hier ist nicht der richtige Ort für solche Gespräche. Lass uns diese Mahlzeit genießen, dann sprechen wir in meinem Büro über Galaxy. In Ordnung?«
    »Durchaus nicht in Ordnung«, sagte Otto schroff. »Wir können reden, aber dann in meinem Büro.«
    »Von mir aus gern«, sagte Alexander lächelnd. »Dann ist das abgemacht. Wie geht es eigentlich bei allem mit Mercury Medical?«
    »Gut. Wir haben kein Rekordjahr, aber im Gegensatz zu all diesen Idioten in der Finanzbranche leben wir vom Produzieren. Davon, dass wir etwas herstellen. Und zwar Produkte, mit denen jemand etwas anfangen kann. Hast du in deinem Leben jemals etwas hergestellt?«
    Alexander gab keine Antwort. Er ließ sich zurücksinken und versuchte, das wachsende Interesse des Paares am Nachbartisch durch ein Lächeln zu vertreiben.
    »Und die Familie?«, fragte er. »Alles in Ordnung mit Suzanne? Den Kindern? Enkel unterwegs?«
    Otto Schultz hatte keiner Menschenseele von Suzannes Auszug erzählt. Als sie sich über die Scheidung geeinigt hatten, wobei die endgültige Auszahlung aufgeschoben werden sollte, bis er die festgelegten Aktiva realisieren könnte, ohne zu viel zu verlieren, hatte er eine ganz schwache Ahnung davon bekommen, dass der Subprime-Markt möglicherweise doch nicht die Goldgrube war, als die er dargestellt wurde.
    Dass alles verloren sein sollte, war nicht zu glauben.
    »Keine Enkel in Sicht«, murmelte er.
    Die Kellnerin kehrte zurück und stellte elegante Schüsseln mit Tortillachips, Guacamole und zwei Sorten Salsa auf den Tisch. Otto bekam ein großes Bier, ehe sie Alexanders Glas mit Wasser füllte.
    »Du hast doch schon viele Stürme erlebt«, sagte Alexander leise. »Es war ja auch nicht nur Friede, Freude, Eierkuchen, als du Apollo und Gemini zusammengebracht hast. Da haben auch einige Leichen am Straßenrand gelegen, das musst du zugeben.«
    »Was hat das damit zu tun?«, fragte Otto erbost. »Eine Fusion von zwei Gesellschaften ist immer brutal. Einige werden überflüssig in einem Prozess, bei dem es plötzlich die doppelte Menge von Angestellten gibt. Investoren in die Irre zu führen ist etwas ganz anderes.«
    »Wir haben niemanden in die Irre geführt, Otto. Der Finanzmarkt ist unsicher. Deshalb lässt sich dort großes Geld verdienen. Und verlieren. Das weiß ein Mann von deinem Format. Du weißt das, Otto, und ein Mann wie du dürfte nicht hier herumjammern.«
    »Ich jammere nicht!«
    Otto fühlte sich unwohl. Sie hätten dieses idiotische Essen überspringen müssen, wo er doch nur über hundert Millionen Dollar sprechen wollte. Seine hundert Millionen Dollar, die inzwischen hundertvierzig Millionen Dollar hätten ausbrüten müssen, die aber verschwunden waren. Joe hatte auf dieses Essen bestanden, vermutlich wagte er nicht, Otto unter vier Augen entgegenzutreten.
    Und dann war er nicht einmal aufgetaucht.
    »Ich jammere nicht«, wiederholte Otto, »ich klage an. Ich klage deine Firma an, weil ihr Schwindel treibt. Betrug, Alex, das betreibt ihr!«
    »Finanzpolitik ist brutal«, sagte der. »Genau wie Industrieentwicklung. Was ist zum Beispiel mit John? Er hat sich vor drei Jahren das Leben genommen, hast du das gewusst?«
    Otto Schultz erstarrte, mit dem Mund

Weitere Kostenlose Bücher