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Kammerflimmern

Kammerflimmern

Titel: Kammerflimmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Even Anne; Holt Holt
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angerufen. Als sie sich endlich zu dem Versuch aufgerafft hatte, ihn zu erreichen, kam ihre Sekretärin bestürzt herein und teilte mit, Otto Schultzens Sekretärin sei an der Strippe. Er wolle immediately mit Agnes reden, wie sie aufgeregt zitierte. Immediately!
    »What the hell is going on«, brüllte er am anderen Ende der Leitung. »Wir sind an der LSE schon um über vier Prozent gefallen! Ohne den Grund zu wissen. In deinem Land passiert irgendwas, goddammit! Stell gefälligst fest, was das ist!«
    »Ich habe es versucht. Ich habe schon mit Morten Mundal gesprochen, und er ist jetzt im GRUS, dem Krankenhaus, wo diese ... Gerüchte entstanden sind.«
    »Sogar die Anteilseigner stoßen ab! Norwegen stößt ab! Du musst dich sofort an SP-SP wenden und rauskriegen, was die ...«
    »Das kann ich nicht«, fiel sie ihm ins Wort. »Meine Rolle als Aufsichtsratsmitglied bei Mercury gibt mir keinerlei Einspruchs- oder gar Verfügungsrecht über den Umgang der SP-SP mit ihren Aktien.«
    »Wie viele Norweger gibt es? Du musst doch in diesem Liliputland jemanden kennen, der uns verraten kann, was ...«
    »Es gibt politische Rahmen, in denen SP-SP auftritt«, sagte sie energisch. »Und in diesen Rahmen entscheidet SP-SP selbst. Auch wenn wir als langfristige Eigner eingestiegen sind, gibt es einen gewissen Handlungsspielraum. Ich vermute, der wird bis an seine äußersten Grenzen gedehnt werden, wenn dieser Sinkflug so weitergeht.«
    Es wurde still am anderen Ende der Leitung.
    »Ich kann dir versprechen, dass ich alles tun werde, um herauszufinden, was los ist«, sagte sie. »Ich arbeite eng mit Morten zusammen, und er hat ganz Mercury Medical Norway aufgescheucht, um die Sache zu klären. Das GRUS weigert sich, mit uns zu sprechen, was ja bedeuten kann, dass die Polizei eingeschaltet worden ist.«
    »Die Polizei? Was in aller Welt soll die Polizei bei ...«
    »Das weiß ich nicht! Die Gerüchte im Netz reden von unerklärlichen Todesfällen, die mit dem Deimos zu tun haben, und ...«
    »Mit dem Deimos ist verdammt noch mal alles in Ordnung! Soll ich etwa unsere eigenen Leute rüberschicken, um herauszufinden, was da ...«
    »Es ist nur eine Frage der Zeit, Otto!«
    »Ja«, sagte Otto Schultz, »it’s a matter of time, all right!«
    »Zeit, die wir nicht haben«, murmelte sie, aber auf Norwegisch, weil er es nicht verstehen sollte.
10.23 Uhr
Parkplatz vor dem GRUS, Bærum
     
    Sowie Sara Zuckerman sich in Morten Mundals Auto gesetzt hatte, bereute sie es. Wut, Verzweiflung, Regen, ihr eigener Wagen, der nicht da war, das alles hatte den trockenen, warmen Prius als willkommenen Zufluchtsort erscheinen lassen. Dass er mit ihr Amerikanisch sprach, hatte sie auch verlockt. Seit ihrer Rückkehr nach Norwegen vor acht Jahren hatte Sara kein schlimmeres Heimweh nach Cleveland gehabt als gerade jetzt, nach ihrer schönen Wohnung mitten in der Stadt, nach dem Krankenhaus und den dortigen Kollegen.
    Gerade in diesem Moment wünschte sie sich möglichst weit weg von dieser sozialdemokratischen Parodie auf ein Krankenhaus, wo Patienten starben, weil niemand als besser und wertvoller für das Krankenhaus anerkannt werden sollte als andere.
    »I hate this place«, sagte sie und starrte die Windschutzscheibe an, wo die Scheibenwischer den Regen zur Seite schleuderten. »But I really can’t talk to you.«
    »Kannst du wenigstens sagen, warum nicht?«, fragte er leise.
    Sie drehte sich zu ihm und schaute ihm in die Augen. Er sah jünger aus, als er war, was vielleicht der Grund war, warum sie ihn sich noch nie genauer angesehen hatte. Sie waren einander mehrmals bei internationalen Kongressen begegnet, zweimal hatte Mercury Medical für Sara Reise und Aufenthalt übernommen. Das bedeutete in der Regel ein pflichtschuldiges Essen und einen Drink anschließend, aber sie hatte ihn nicht interessant gefunden. Er kam ihr ganz einfach zu jung vor mit seinen dichten blonden Haaren über einem hübschen, fast schönen Gesicht. Die Augen waren groß und blau und lagen unter kräftigen, dunklen Brauen.
    Morten Mundal sah einfach norwegisch aus, so norwegisch wie sein Name. Er sprach fließend Norwegisch. Sara glaubte sich zu erinnern, dass sein Vater in Norwegen geboren war. Dennoch stieg er auf seine Muttersprache um, wenn er mit Sara zusammen war. Sie hatte noch nie weiter darüber nachgedacht,
    Jetzt wirkte der Sprachwechsel wie eine Einladung zu einer Art Vertraulichkeit, auf die sie nicht eingehen konnte.
    Morten war gekleidet wie ein

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