Kammerspiel: Der fünfte Fall für Rünz (German Edition)
…‹ Von wegen. Sie mieses Schwein.
Detektiv: Stimmt,
die Sache mit dem defekten Lift hatte ich vergessen. Zum Glück sind Sie nicht sofort
drauf gekommen. Aber Sie müssen zugeben, ansonsten gab es an meiner kleinen Aufführung
wenig auszusetzen, oder?
Klient: Warum
dieses Schmierentheater? Wollen Sie mich kränken? Bereitet es Ihnen Lust, mich zu
quälen?
Detektiv: Na,
na, wer wird denn gleich moralisch werden? Und Sie waren es ja, der mit dem Theaterspiel
begonnen hat. Diese Geschichte von der magischen Rückkehr des verlorenen Patienten
– warum um Himmels willen haben Sie sich das ausgedacht?
Klient: Weil
ich die Sache begraben wollte. Die Attacke seiner Kameraden auf Sie – so was ist
nicht meine Liga. Ich hatte schlicht und ergreifend die Hosen voll. Und Sie waren
ja wie besessen von Ihrem Auftrag.
Detektiv: Ich
bin es noch.
Klient: Wie
soll ich das verstehen?
Detektiv: Ich
weiß nicht, wie ich es Ihnen sagen soll, Jacques …
Klient: Was
sagen soll?
Detektiv: Versuchen
Sie jetzt bitte, sich nicht aufzuregen: Welders ist nicht tot …
Klient: ER IST
NICHT TOT???
Detektiv: Jedenfalls
nicht, dass ich wüsste. Ich habe Ihnen Ihre Geschichte nicht geglaubt, und um Sie
aus der Reserve zu locken, musste ich schnell etwas improvisieren. Ich gebe zu,
die Idee mit seinem Ableben war vielleicht nicht die ganz feine englische Art, aber
der Erfolg heiligt ja bekanntlich die Mittel … Jacques?! Wo wollen Sie hin? Jetzt
bleiben Sie doch! Es tut mir wirklich leid …
Klient: Wie
ich schon sagte, Karl. Sie sind ein mieses Arschloch, Rünz. Sie sind ein mieses,
eiskaltes Arschloch.
Detektiv: Jacques,
Sie sind mir unheimlich, Sie reden schon wie meine Frau …
Klient: Ihre Ex frau.
Wie hat sie das nur mit Ihnen ausgehalten? Leben Sie wohl, Rünz.
8
Detektiv: Jacques,
Sie sind eine Drama-Queen. Wie oft haben Sie mir jetzt schon Lebewohl gewünscht
oder mich zum Teufel geschickt? Und regelmäßig stehen Sie ein paar Tage später wieder
bei mir vor der Tür. Jetzt mal ehrlich: Bietet meine Exfrau Ihnen so viel Leidenschaft
wie ich?
Klient: Nicht
ganz, aber ich möchte jetzt einfach reinen Tisch machen. Darf ich reinkommen?
Detektiv: Na
ja, ich erwarte gleich noch einen Klienten. Aber eine halbe Stunde haben wir Zeit.
Kommen Sie rein, nehmen Sie Platz.
Klient: Karl,
ich möchte die Karten ganz offen auf den Tisch legen. Tabula rasa machen.
Detektiv: Klingt
vielversprechend.
Klient: Bei
Ihrer Recherche nach meiner beruflichen Identität waren Sie auf der richtigen Spur.
Ich habe zwar mal ein paar Semester Medizin studiert, aber ich bin kein Psychoanalytiker.
Detektiv: Na
also, mein Instinkt hat mich noch nie im Stich gelassen. Sondern?
Klient: Ich
bin Autor. Ich schreibe Romane. Wir sind also quasi Kollegen, wenn Sie so wollen.
Detektiv: Dann
ist der Analytiker Ihre Standardnummer beim Anbaggern von Frauen?! Ich könnte meiner
Exfrau stecken, dass Sie sie belogen haben.
Klient: Um sie
dann mit der Wahrheit zu enttäuschen? Dass ich nichts weiter als ein erfolgreicher
Bestsellerautor bin? Viel Erfolg! Und wer sagt Ihnen überhaupt, dass ich auch Ihrer
Frau eine falsche Identität vorgespielt habe?
Detektiv: Bestsellerautor?
Kommen Sie, Jacques. Wenn ich die ganzen Kaninchen, die Sie hier schon aus dem Hut
gezaubert haben, durchfüttern müsste, hätte ich längst selbst Schlappohren. Diese
Geschichte soll ich Ihnen glauben? Und was soll dann dieser ganze Hokuspokus mit
Welders? Benutzen Sie mich für Ihre Plotrecherche?
Klient: Nicht
ganz. Aber so ähnlich. Paul Fliedmann, der Münchener Analytiker, den Sie ausfindig
gemacht haben, ist ein enger Freund von mir. Deswegen bin ich etwas vertraut mit
der Materie. Der Unfalltod seiner Tochter, die Organspende – Sie haben das ja alles
sauber recherchiert.
Detektiv: Und
diese Geschichte mit dem Adressierungsfehler bei ›InterTransplant‹ …
Klient: … ist
ausnahmsweise die volle Wahrheit.
Detektiv: Dann
war diese ganze Story mit Welders’ Therapie Ihr Fantasieprodukt. Fliedmann hat Sie
also gebeten, sich den Organempfänger mal genauer anzuschauen? Weil Sie hier im
Rhein-Main-Gebiet leben?
Klient: Die
räumliche Nähe war natürlich ein Riesenzufall und spielte auch eine Rolle. Er war
neugierig, wusste aber nicht, ob er sich eine persönliche Begegnung zumuten wollte.
Deswegen hat er mich gebeten, einige Eindrücke über Welders zu sammeln.
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