Kammerspiel: Der fünfte Fall für Rünz (German Edition)
Scheidungsrichter zusammen. Behauptet unter anderem, ich hätte ihre Muschi
vergiftet.
Klient: Ihre was ?
Detektiv: Ihre Katze. Unsere Katze – damals, als wir noch zusammenwohnten.
Klient: Sie beide hatten
eine Katze, die Muschi hieß? Wer ist auf den Namen gekommen, wenn ich fragen
darf?
Detektiv: Ich.
Wieso?
Klient: Ach,
nur so. Und? Ich meine – haben Sie sie vergiftet?
Detektiv: Was
spielt das für eine Rolle? Sie kann mir unmöglich etwas nachweisen, insofern ist
ihre Anschuldigung eine Unverschämtheit.
Klient: Sie
empfänden die Anschuldigung ihrer Frau also auch dann als Zumutung, wenn Sie – nur
mal hypothetisch angenommen – Muschi tatsächlich vergiftet hätten?
Detektiv: Na,
jetzt kommt aber der Analytiker in Ihnen durch. Selbstverständlich! In dubio pro
reo. Sind Sie verheiratet?
Klient: Nein.
Ich … ich war verheiratet.
Detektiv: Dann
haben Sie den Rosenkrieg hinter sich? Sie Glücklicher! … Hm, seltsam.
Klient: Was
ist seltsam?
Detektiv: Entschuldigen
Sie, ich bin mit den Gedanken schon wieder bei unserem kleinen Fall. Was mich wundert:
Ich erzähle Ihnen, dass ich mit Welders’ Mutter gesprochen habe, und Sie fragen
gar nicht nach ihr, was sie von seiner braunen Gesinnung hält, ob sie selbst eine
Rechte ist, aus was für einem sozialen Milieu sie kommt. Diese Hintergrundinfos
über einen Patienten aus zweiter Hand müssten einen Analytiker doch brennend interessieren.
Der kann ihnen auf der Couch doch das Blaue vom Himmel erzählen.
Klient: Natürlich kann
er das. Was immer er auch erfindet, er hat Gründe dafür. Seine Fantasie ist Teil
seiner Realität. Alles, was ich aus anderen Quellen über sein reales Umfeld erführe,
würde der Analyse eher schaden. Es gibt keine objektiven Wahrheiten, nur subjektive.
Und auf der Couch zählt die subjektive Wahrheit des Analysanden. Wichtig ist, wie er seine Welt sieht, nicht, wie ich oder andere sie sehen.
Detektiv: Ganz
wie Sie meinen. Aber mit diesem gefälschten Brief haben Sie etwas über die Realität
Ihres Patienten. Hier haben Sie den Beweis, dass ihm jemand ziemlich heftig ans
Bein pinkeln wollte. Wer außer Ihnen und den behandelnden Ärzten kann von der Transplantation
gewusst haben? Die Kameraden aus seinem Nazi-Club? Vielleicht einer, der ihn als
Leitwolf ablösen wollte?
Klient: Wie
gesagt, ich hatte während der analytischen Arbeit mit ihm nie den Eindruck, er würde
außerhalb meiner Praxis mit irgendwem über seine Krankheit sprechen. In einem sozialen
Umfeld, das sich über Härte, Stärke und Unverwundbarkeit definiert, hat er mit solchen
Anliegen wenig Gesprächspartner. Nein, dieser Brief könnte aus der lokalen Antifa-Szene
kommen, die liefern sich mit den Rechten doch ein permanentes Katz-und-Maus-Spiel.
Einer von denen hat vielleicht irgendwie von Welders’ Transplantation und seinen
Bemühungen bei ›InterTransplant‹ erfahren. Eine Steilvorlage für so eine Aktion.
Eleganter kann man einen Rassisten nicht aus der Bahn werfen. Vielleicht hat die
Information irgendein Pfleger oder Zivildienstleistender im Krankenhaus verbreitet.
Linke arbeiten oft in sozialen Berufen und sind gut vernetzt.
Detektiv: Möglich.
Schon möglich. Aber alles Spekulation. Uns fehlen die Fakten. Sie kennen Welders,
geben Sie mir irgendeinen Hinweis, eine Spur, die ich verfolgen kann.
Klient: Hm.
Vielleicht kontaktieren Sie mal seinen Sachbearbeiter bei der Arbeitsagentur. Eigentlich
muss er sich dort doch regelmäßig melden, sonst streichen die ihm die Stütze. Warum
muss ich Ihnen eigentlich Hinweise geben, wie Sie Ihre Arbeit machen sollen? Ich
dachte, Sie sind Profi …
3
Detektiv: Kommen
Sie rein, Herr Lakan, nehmen Sie bitte Platz, bin gleich fertig mit dem Telefonat.
(…) Herr Merz, so, da bin ich wieder. Ich liebe meine Waffensammlung, und meine
Frau? Sie hat sich systematisch drüber lustig gemacht. (…) Genau. (…) Seelische
Grausamkeit, Sie sagen es, Herr Merz. Genau der Begriff, nach dem ich gesucht habe.
(…) Das ist absurd! Die Paartherapie war ein Witz! Die Therapeutin hat sich von
der ersten Stunde an mit meiner Frau solidarisiert. (…) Na und? Die hätte ja mal
arbeiten gehen können, statt ständig auf meine Kosten Pilates- und Esoterik-Kurse
zu besuchen. (…) Exakt. Ich denke, wir sind auf einer Linie. (…) Gut aufgestellt,
Sie sagen es. Muss Schluss machen, habe Kundschaft. Melde mich morgen bei Ihnen.
Auf Wiederhören.
Klient:
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