Kammerspiel: Der fünfte Fall für Rünz (German Edition)
Ihr
Scheidungsanwalt?
Detektiv: Ich
sage nur: Verhandlungsmasse. Was die kann, das kann ich auch.
Klient: Wie
sieht sie denn aus, Ihre Verhandlungsmasse?
Detektiv: Sie
interessieren sich ja brennend für mein Privatleben. Woher die Neugier?
Klient: Ach
wissen Sie, als Analytiker sind Sie letztendlich nichts anderes als ein Architekt.
Nur dass Sie nicht an Entwürfen und Plänen arbeiten, sondern an zwischenmenschlichen
Beziehungen. Und so wie der Architekt mit offenen Augen durch die Stadt läuft, um
sich Anregungen zu holen, halten wir Augen und Ohren offen, wenn Mitmenschen anfangen,
über ihr Privatleben zu erzählen. Nehmen Sie es also nicht persönlich.
Detektiv: Hmm.
Klient: Sie
wirken etwas zerknirscht. Kränkt es Sie, dass mein Interesse an Ihrem Scheidungskrieg
nur professioneller Natur ist?
Detektiv: Überhaupt
nicht. Ich mag es, wenn Menschen professionell miteinander umgehen.
Klient: Na also.
Und ich merke es Ihnen doch an: Sie brennen darauf, von Ihrer Strategie zu erzählen.
Schießen Sie los!
Detektiv: Also gut.
Der Plan: Angriff ist die beste Verteidigung. Der Vorwurf: Seelische Grausamkeit.
Wir werden dem Richter eine detaillierte Aufstellung über ihre systematischen Indoktrinations-
und Erniedrigungsversuche vorlegen. Punkt 1: Ernährungsfundamentalismus. Ich konnte
zu Hause ja nicht mal ein blutiges Rumpsteak essen, ohne dass sie neben dem Esstisch
eine Mahnwache für die geschundene Kreatur abhielt. Von der ständigen Diffamierung
meines Hobbys – ich bin Sportschütze – mal ganz abgesehen. Punkt 2: Esoterikterror.
Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie oft ich nachts über chinesische Klangschalen
gestolpert bin und wie häufig ich die Möblierung unserer Wohnung umstellen musste,
um Sie feng-Shui-mäßig stets auf dem aktuellen Stand zu halten. Punkt 3: Emotionale
Erpressung. Jedes Mal, wenn ich Sex wollte, bestand sie darauf, ihr zu zeigen, dass
ich sie mag ! Und das ist nur der Anfang einer Zehn-Punkte-Liste …
Klient: Sie
scheinen Ihren Rosenkrieg richtig zu genießen.
Detektiv: Untertrieben.
Ich blühe geradezu auf. Viel Feind, viel Ehr’! Mir wird verdammt was fehlen, wenn
die Scheidung durch ist.
Klient: Etwas
– oder jemand?
Detektiv: Lieber Dr.
Freud – wenn Sie so weitermachen, muss ich mir eine Couch für meine Detektei kaufen
und Sie schicken mir die Rechnungen.
Klient: Entschuldigen
Sie, Berufskrankheit. Haben Sie Neuigkeiten über unseren kleinen Herrenmenschen?
Detektiv: Neuigkeiten
ist untertrieben. Ihr Tipp mit dem Sachbearbeiter der Arbeitsagentur war ein Volltreffer.
Der Mann hat türkischen Migrationshintergrund, mehr muss ich wohl nicht sagen?!
Wollen Sie den O-Ton hören? Ich habe das Gespräch heimlich mit meinem Handy aufgezeichnet,
leider fehlt der Anfang, die Annäherungsphase, in der ich Vertrauen aufgebaut habe.
Und am Schluss … Aber hören Sie selbst. Ich habe die Aufnahme erst gestartet, als
ich merkte, dass es sich wirklich lohnt. War gar nicht einfach, ihn zum Reden zu
bringen. Der Typ ist ja genauso zur Verschwiegenheit verpflichtet wie Sie und ich.
Doch wenn einer richtig Wut im Bauch hat, muss man gar nicht so große Widerstände
überwinden. Der war vielleicht froh, dass er seine Seele erleichtern konnte. Und wie ich den Typ zum Reden gebracht habe – ich will mich nicht loben, aber
das war wirklich ein kleines Meisterstück subtiler Vernehmungstechnik. Ich habe
mich gefühlt wie ein Analytiker, glauben Sie mir! Wir sind jetzt quasi Kollegen!
Übrigens: Der Mann hat zuweilen eine deftige Sprache, also Vorsicht! Gut zuhören,
jetzt geht’s los:
… verdammt schwieriger
Kunde gewesen sein, dieser Welders.
Schwierig? Der Typ war
ein braunes Arschloch. Eine Pestbeule. Der hat mir offen gedroht, mir mit seinen
Spießgesellen einen Besuch abzustatten, wenn ich ihm die Stütze streiche. Der wusste,
wo ich wohne, wie meine Frau aussieht, wo meine Kinder zur Schule gehen. So ein
Wichser.
War er denn
überhaupt vermittlungsfähig mit seiner Krankheit?
Von seiner
Herzgeschichte hat mir der Arsch zwei Jahre lang überhaupt nichts erzählt! Der hätte
mir doch nur seine Atteste und seinen Schwerbehindertenausweis vorlegen müssen und
wäre aus dem Schneider gewesen! Ohne den ganzen Hickhack mit Fortbildungsmaßnahmen,
Bewerbungen, Vorstellungsgesprächen. So eine Hackfresse – kann zwei und zwei nicht
zusammenzählen und behauptet, Ausländer würden Leuten wie ihm die
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