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Kammerspiel: Der fünfte Fall für Rünz (German Edition)

Kammerspiel: Der fünfte Fall für Rünz (German Edition)

Titel: Kammerspiel: Der fünfte Fall für Rünz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Gude
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erledigen. Hat sich noch
ein paar Euro von ihr geliehen. Sie hat sich nicht gewundert, weil er ständig auf
Tour ist, an irgendwelchen Sonnenwendfeiern, Mahnwachen und Wehrsportübungen teilnimmt.
Der muss gut vernetzt sein. Seine Mutter hat übrigens mit keinem Wort die Behandlung
bei Ihnen erwähnt. Und von der Herztransplantation ihres Sohnes scheint sie tatsächlich
keine Ahnung zu haben. Habe sie eigens nach gesundheitlichen Problemen ihres Sohnes
gefragt. Ziemlich unglaubwürdig die ganze Geschichte, wenn Sie mich fragen.
     
    Klient: Hat
sie darüber gesprochen, sich an die Polizei zu wenden, wenn er nicht wieder auftaucht?
     
    Detektiv: Ich
glaube, sie würde sich eher die rechte Hand abhacken. Wenn sie ihm die Polizei auf
die Fersen hetzte, würde er ihr die Hölle heißmachen. Ich habe meine Exkollegen
im Präsidium gefragt, eine Vermisstenmeldung liegt nicht vor. Aber aktenkundig ist
Welders’ Truppe natürlich. Übrigens: Ich war auch in seiner Wohnung.
     
    Klient : Was ?
Das sagen Sie mir erst jetzt? Sie sind da doch hoffentlich nicht eingebrochen?
     
    Detektiv: War
nicht nötig, sein Vermieter hat mir geöffnet.
     
    Klient: Wie
haben Sie den überredet?
     
    Detektiv: Das
war nicht besonders schwierig. Habe mich als Ermittler vorgestellt, ist ja nicht
gelogen. Der möchte ihn lieber heute als morgen aus der Wohnung haben, traut sich
jedoch nicht, ihm zu kündigen. Hat die Hosen voll. Er war überaus kooperativ, als
ich andeutete, irgendwas zu suchen, mit dem man Welders hinter Schloss und Riegel
bringen kann.
     
    Klient: Ja und?
Haben Sie einen Hinweis auf seinen Aufenthaltsort gefunden? Lassen Sie sich nicht
alles aus der Nase ziehen!
     
    Detektiv: Zuerst
will ich etwas von Ihnen wissen.
     
    Klient: Bitte
keine Quizshow, Herr Rünz. Ich habe noch was vor heute. Um was geht es?
     
    Detektiv: Der
Roman meines Büropartners Raoul Rockwell. Haben Sie mal einen Blick reingeworfen?
     
    Klient: Gott,
erinnern Sie mich bloß nicht daran!
     
    Detektiv: So
schlimm?
     
    Klient: Bitte
sagen Sie ihm nichts von meinem Urteil – aber so ein erbärmliches Konvolut hatte
ich noch nie in den Händen. Eine Qual. Eine herzzerreißend billige Montage trivialster
Thrillermotive. Lesestoff für Masochisten. Kein Wunder, dass er diese Räuberpistole
im Selbstverlag herausbringen musste. Was ist los mit Ihnen, Herr Rünz? Sie sehen
blass aus um die Nase, ist Ihnen nicht gut?
    Detektiv: Nein,
nein. Die Zigaretten, mein Körper hat sich immer noch nicht richtig dran gewöhnt.
Und was sagt Ihnen als Analytiker dieser Roman über den Autor? Ich bin wahnsinnig
gespannt, ob Sie meinen Freund genauso einschätzen, wie ich es tue.
     
    Klient: Nun
ja, bei allen Unsicherheiten, die mit solchen Ferndiagnosen verbunden sind: Wenn
wir davon ausgehen, dass dieser Spezialagent Vince Stark, der Protagonist der Geschichte,
das Alter Ego des Autors darstellt, also quasi dessen Wunsch-Ich verkörpert, all
die Eigenschaften und Fähigkeiten, die unserem Schreiber fehlen – Mut, Stärke, Vitalität,
Attraktivität, Potenz –, dann …
     
    Detektiv: Dann?
     
    Klient: Dann
haben wir es mit einem einsamen, deprimierten, unscheinbaren, ängstlichen, sozial
isolierten Einzelgänger mit Potenzproblemen zu tun, der sein Unvermögen im realen
Leben mit literarischen Omnipotenzfantasien kompensiert. Oder wie der Volksmund
es ausdrücken würde: Ein Gröfaz. Ein Gernegroß. Ein ganz, ganz armes Würstchen.
     
    Detektiv: So.
Finden Sie …
     
    Klient: Ich
würde sogar noch weitergehen. Wahrscheinlich ist dieser Autorenname Raoul Rockwell
ein Pseudonym. Der klingt irgendwie zu perfekt, zu großspurig und kosmopolitisch
– jedenfalls nicht nach Darmstadt. Wahrscheinlich verbirgt sich dahinter so ein
Ärmelschonertyp, mit einem sehr spießigen und unspektakulären Namen, Klaus Strunz
oder so. Und dann diese bizarre Autorenbiografie auf der Rückseite des Buches: ›Sohn
eines sardischen Eisenbiegers und einer philippinischen Klosterschülerin, Kindheit
und Jugend als Fronarbeiter in den Schwefelgruben Abessiniens‹. Das riecht ja förmlich
nach Abenteurerprosa aus dem Verlagsmarketing. Aber wie gesagt: eine Ferndiagnose
ohne Gewähr. Hatte dieser Rockwell irgendwelche Rezensionen in der Presse? Oder
vielleicht Leserbriefe?
     
    Detektiv: Einen
Verriss im ›Bessunger Anzeiger‹.
     
    Klient: Dieses Blättchen
werde ich abonnieren. Könnten Sie mir jetzt bitte endlich etwas über Welders’
Wohnung erzählen?
     
    Detektiv: Oh,
gerne. Die

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