Kampf Dem Chaos
den anderen Aufgaben, die sie neben dem Kämpfen noch bewältigen musste.
Danach humpelte ich zurück an den Tisch und sank auf den Stuhl. Rissa räumte den Tisch ab.
»Ich backe heute Brot, Meister Lerris. Welches habt Ihr besonders gern?«
»Ich habe eine Schwäche für das Dunkle.«
»Ich weiß. Kommandantin Krystal.«
»Das ist nicht ...«
»Ihr seid zu ernsthaft für einen jungen Mann.« Sie lachte.
Ich lächelte.
»Und Ihr müsst noch etwas Käse und Brot essen.«
»Ja, Mutter Rissa.«
Sie rümpfte die Nase, doch sie tat es mit einem Lächeln.
Nachdem ich mir noch eine dicke Scheibe Brot und einen Keil Käse abgeschnitten hatte, saß ich eine Weile kauend und schweigend am Tisch. Meine Finger wanderten über das Holz. Die Rundungen mit den Schnörkeln waren am schwierigsten zu schreinern gewesen und ich hatte mir geschworen, niemals mehr so ein kompliziertes Muster anzufertigen. Ich betrachtete den Tisch von der Seite, die Schnörkel wirkten fast chaotisch.
Holzbearbeitung konnte nicht chaotisch sein, niemals, doch die ineinander verschlungenen Linien erinnerten mich an die Verflechtung von Ordnung und Chaos. Ich hatte meine Sinne unter die Schwefelquellen geschickt. Waren Ordnung und Chaos wirklich so eng miteinander verflochten?
Mir fielen die Worte ein, die Justen gesprochen hatte, als er anfing, mich zu heilen – etwas über eine dämonisch lange Zeit, um das Gleichgewicht zwischen Ordnung und Chaos herzustellen. Ich konzentrierte meine Sinne auf den Arm. Er war noch immer empfindlich und in schweres Leder gebunden, doch der Knochenbruch war nicht so kompliziert wie in meinem Bein. Teile des Arms wiesen eine seltsame Struktur auf, fast als wären die winzigen chaotischen Teilchen, die in jedem Menschen existierten, eingebettet in größere Ordnungs-Stücke.
Ich schluckte. Justens ganzer Körper war mir so erschienen, als ich ihn mit meinen Sinnen erfühlt hatte.
»Rissa?«
»Ja, Meister Lerris?«
»Würdest du bitte herkommen?«
Rissa zog die Augenbrauen hoch und trat näher an den Tisch.
»Leg deinen Arm neben meinen.«
»Ist das alles?«
»Ja, das ist alles.« Ich verglich die zwei Arme. Teile meines Arms schienen andersartig zu sein, so andersartig wie bei Justen.
»Seid Ihr fertig? Ich muss noch Brot backen.«
»Oh ... ja. Natürlich. Danke.«
»Magier ...« Rissa warf das kurze Haar zurück und ging hinaus. Konnte ich die Ordnung um den Knochen in meinem Arm auf die gleiche Weise wieder herstellen? Ich konzentrierte mich und ein winziger Teil schien sich zu verändern. Meine Finger zitterten und die Augen brannten. Ich musste aufhören und meinen Kopf auf den Tisch legen.
»Meister Lerris! Meister Lerris!«
»Mir geht es gut. Ich bin nur müde.«
»Ich müsst zurück ins Bett. Ihr seid fast gestorben und jetzt wollt Ihr vorgeben, gesund zu sein.« Rissa kam an meine Seite. »Niemand schaut zu und der Elitegarde müsst Ihr auch nicht zeigen, dass Ihr der stärkste Magier aller Zeiten seid. Stützt Euch auf mich, ich bringe Euch zurück ins Bett.«
So geschah es auch und es war eine Wohltat, wieder zu liegen. Ich nickte sogar ein. Vielleicht musste ich doch noch ein Weilchen einfach herumliegen.
XL
Nordwestlich von Renklaar, Hydlen [Candar]
D er Kern der hydlenischen Streitmacht kommt nahe der Hügelspitze zum Stillstand und Berfir reitet hinauf zur Spitze der Haupttruppe, eine Hand berührt den Griff des Kurzschwertes, das er an einem Schulterriemen trägt. Er blickt den Hang auf der anderen Seite hinunter und bemerkt die drei Pferde am Boden, eines davon wiehert jämmerlich. Ein Reiter liegt mit dem Gesicht nach unten, er bewegt sich nicht. Das Wasser der sumpfigen Wiesen hat die Hauptstraße und die Grasstreifen auf beiden Seiten zwanzig Ellen breit überflutet.
Eine weitere Lanzenkämpferin verlässt mit ihrem Pferd die Straße, aber das Pferd geht nur noch wenige Schritte, bevor es wiehert und seine Reiterin abwerfen will. Die Lanzenkämpferin sitzt noch im Sattel, als sich das Pferd wieder beruhigt. Sie springt hinunter auf den trockenen Boden und hält dabei die Zügel fest.
Als sie sich bückt, um die Hufe des Pferdes zu begutachten, schießt vor den Augen Berfirs ein Schwarm von Pfeilen vom Hang, förmlich aus dem Nichts. Noch mehr Lanzenkämpfer fallen, die anderen stehen zuerst unentschlossen herum und jagen dann ihre Pferde wieder den Hügel hinunter, um den Pfeilen zu entkommen. Auf das verletzte Pferd gehen noch mehr Pfeile nieder und es bricht aus,
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