Kampf Dem Chaos
hielt, hatte aber andererseits auch ein schlechtes Gewissen. So machte ich mich daran, Hensils Stühle fertig zu stellen, was nicht mehr sehr schwierig war. Ich brauchte nur ein wenig länger, doch es war zu kalt, um auf der Veranda zu sitzen und dem Regen zuzusehen, außerdem wäre das auch zu langweilig gewesen. Dass ich nur langsam arbeiten konnte, langweilte mich zwar auch, aber ich hatte wenigstens etwas zu tun.
Nach einer Weile konnte ich den Fußantrieb nicht mehr bedienen, um die Speichen und Streben zu drechseln. Meinem rechten Bein fehlte zwar nichts, aber ich konnte den gesunden Fuß nicht aufs Pedal stellen, ohne das gebrochene Bein zu beugen, und die Schiene verhinderte das auf die Dauer. Ohne die Schiene konnte ich das Bein aber nicht bewegen, ohne es erneut zu verletzen. Ich hätte den Fußantrieb umbauen können, doch diesen Gedanken verwarf ich schnell wieder und konzentrierte mich darauf, das Bein zu heilen und die Arbeiten zu erledigen, die kein Drechseln erforderten. Davon gab es genug.
Eines Tages, als es mich nach Abwechslung verlangte, zeichnete ich die Skizzen und Pläne für Antonas Schreibtisch. Dann holte ich den Wagen aus dem Schuppen und fuhr zu Faslik, um das Holz auszusuchen, doch Fasliks Schwester war gestorben und die Sägemühle leider geschlossen.
Mein Bein schmerzte oft bei der Arbeit, doch würde ich auch nicht schneller gesund werden, säße ich untätig herum. Wenn die Schmerzen wirklich schlimm wurden, schnitzte ich an dem Zedernholzstück, das ich auf meiner ersten Reise nach Hydlen gefunden hatte. Noch immer kam kein Gesicht zum Vorschein, also arbeitete ich am Umhang der Figur – er oder sie trug nämlich einen Umhang. Das wusste ich sicher.
Eines Nachmittags, als es meinem Bein besser ging, hobelte ich den zweiten Stuhl für Hensil glatt – so lange bis meine Hüfte sich verkrampfte, weil ich das Bein unbequem ausstrecken musste. Dann humpelte ich hinüber zu dem Schreibtisch, den ich für Werfel angefangen und immer wieder aufgeschoben hatte. Ich arbeitete an den Führungen für die zweiten und dritten Schubladen.
Mit dem Holzschraubstock, den großen Zwingen und der kleinen scharfen Säge ging dies schnell vonstatten. Nur ein kleines Stück an der hinteren Kante des zweiten Schubers passte sich nicht so ein, wie ich es gern gehabt hätte. Doch Werfel würde es nicht bemerken, und was noch wichtiger war, eine derart vollkommene Arbeit war im Preis nicht enthalten. Doch es ließ mir keine Ruhe und ich nahm einen letzten Anlauf. Ich konnte die Lade zwar nicht neu anfertigen, aber eine Seite abschneiden, sodass ich eine saubere Kante erhielt und ein passendes Stück anfügen konnte. Die Stabilität litt nicht darunter und es sah besser aus. Mit diesem Kompromiss konnte ich mich zwar nur schwer anfreunden, aber ich sagte mir, dass es nur die hintere Ecke an der Innenseite war, die niemand je zu Gesicht bekäme.
Ich stellte mir Onkel Sardit vor, wie er mich belehren würde. Doch ich konnte ihn nun besser verstehen. Ich seufzte und fragte mich, ob ich wohl immer die Weisheit anderer Leute über mich ergehen lassen musste – wie von Justen, meinem Vater oder Onkel Sardit und Tante Elisabet.
Hufgeklapper drang von draußen durch die geschlossene Werkstatttür. Ich klemmte noch den hinteren Teil der zweiten Schublade zusammen, zwang mich jedoch, nicht zu sehr zu hetzen und die Zwingen nicht zu fest anzuziehen. Dann ging ich hinaus in den kalten Nieselregen. Justen und Tamra führten gerade ihre Pferde in den Stall.
»Hast du einen Wasserkessel auf dem Herd?«, fragte ich Rissa, die unter der schmalen Überdachung über der Tür zur Küche stand.
»Bei diesem Wetter immer. Sogar Magier brauchen ab und zu heißen Tee oder Apfelwein. Und Ihr ganz besonders, wenn Ihr noch länger in der Kälte herumsteht.«
»Sehr gut. Warmes Brot und etwas Käse wären auch nicht schlecht.« Ich ging über den Hof zum Stall.
Justen stellte Rosenfuß in die Box zu Gairloch. Gairloch schnaubte vergnügt und Rosenfuß grüßte freudig zurück. Die zwei hatten sich schon immer gut verstanden und mehr als einmal eine Box miteinander geteilt.
»Rissa hat einen Kessel heißes Wasser auf dem Herd.«
»Das hat Rissa doch bestimmt immer«, meinte Tamra. »Und ich bin froh darüber.«
»Meine alten Knochen könnten etwas Warmes vertragen.« Justen lächelte schief.
»Armer alter Onkel Justen ...«
»Sei nett zu deinen älteren Mitmenschen, Lerris. Sie sind es auch zu dir.«
Sogar Tamra lachte
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