Kampf Dem Chaos
unternehmen? Ich wollte es lieber nicht wissen.
»Es freut mich, dass die Kommode schon so weit ist, aber deswegen bin ich nicht hergekommen.« Durrik übergab mir einen flachen Umschlag mit einem schwarzen Wachssiegel darauf. »Das ist ein Brief von Eurer Familie, ich versprach, ihn Euch zu überbringen.«
»Was schulde ich Euch dafür?«
»Nichts. Der Absender hat bereits bezahlt.« Durrik grinste. »Und auch wenn er es nicht getan hätte, ich könnte nichts mehr verlangen, jetzt wo ich die Kommode gesehen habe.«
Er klopfte mir auf die Schulter. »Ich muss jetzt gehen. Wenn Ihr einen Brief zurückschreiben wollt – ich werde schon einen Weg finden, um ihn dorthin zu bringen. Müsste vielleicht einen Umweg in Kauf nehmen – aber möglich wäre es.«
»Danke. Ich werde es Euch wissen lassen.«
Der Gewürzhändler war gefahren und ich wanderte den Hügel hinauf, um allein zu sein, wenn ich den Brief öffnete. Ganz allein war ich jedoch nicht. Eine riesige Pferdebremse umkreiste mich, was ein Vorzeichen sein mochte für einen langen und heißen Sommer.
Ich schlug nach der Bremse, aber sie kreiste frech weiter um meinen Kopf. Mir blieb also nichts anderes übrig, als einige niedrige Abwehrstäbe aufzustellen, worauf die Bremse beleidigt davonflog, um jemand anderen zu ärgern. Das schwarze Wachssiegel brach glatt in der Mitte durch und ich öffnete den Brief.
Lieber Lerris,
dein Brief war uns höchst willkommen und dein Vater und ich sind froh, dass es dir gut geht und dein Geschäft floriert. Ich erzählte Sardit und Elisabeth von deiner Schreinerwerkstatt, aber Sardit lächelte nur. Offenbar ist dein Name in Schreinerkreisen bereits bekannt. Wahrscheinlich hatte er uns deshalb immer einzureden versucht, dass es dir sicher gut gehe. Ich soll dir von ihm ausrichten, dass Perlot einerseits erleichtert, aber andererseits auch traurig ist, dass du Fenard verlassen hast.
Corso und Koldar lassen dich herzlich grüßen. Sie haben eine Tochter bekommen im letzten Herbst, sie heißt Betina. Deine Tante Elisabet hat sich sehr gefreut, glaube ich.
Dein Vater sagt, dass uns schwere Zeiten ins Haus stehen und dass Recluce in die Fänge geraten könnte zwischen dem Chaos aus Candar und der erzwungenen Ordnung aus Hamor ...
Ich traute meinen Augen nicht. Das Chaos in Candar war schon immer von Recluce erzeugt worden und wurde es auch jetzt noch. Dass mein Vater das bisher geleugnet hatte, war ... Ich fand keine Worte.
... aber keins von beiden wird gut sein für das Gleichgewicht. Ich soll dir schreiben, dass das Gleichgewicht immer in beide Richtungen ausgleicht, unabhängig davon ob Ordnung oder Chaos zuerst da war – ein Gleichgewicht wird es immer geben ...
Ich runzelte die Stirn. Die Worte meines Vaters klangen durch die Hand meiner Mutter verdächtig nach Justen. Aber warum auch nicht? Sie waren schließlich Brüder.
... wenn es an der Zeit ist, wirst du vielleicht nach Recluce zurückkehren müssen, doch das musst du entscheiden ...
Natürlich war es meine Entscheidung. Wessen sonst?
Die Bäume brachten eine reiche Ernte letztes Jahr, sogar die Sauerhirnen ...
Wenn ich so darüber nachdachte, hatte ich in Candar bisher weder Sauerbirnen noch Goldsefmolen gesehen. Hatten die alten Ordnungs-Meister sie nur für Recluce erschaffen – noch vor der großen Veränderung?
Der Rest des Briefes enthielt nur die üblichen Floskeln, ich überflog sie, bevor ich den Brief wieder in den Umschlag steckte und in die Werkstatt zurückging. Dort angekommen legte ich ihn in die Mappe zu den anderen Papieren und fragte mich, warum mich die Worte meines Vaters so aufwühlten.
»Wegel ... zeig mir die Zedernholzstücke. Wir fangen mit den inneren Rahmenteilen der Aussteuertruhe an ...«
Er hatte nur ein Stück davon durch zu hastiges Hobeln zerkratzt, etwas, was mir bei Onkel Sardit mehr als einmal passiert war.
Gerade als ich zwei Holzteile zu einer Ecke zusammenfügen wollte, drangen das Knarren von Wagenrädern und Rissas Schimpfen durch das offene Fenster.
»Jetzt bleib stehen und rühr dich nicht mehr von der Stelle, du alte Mähre ...«
Rissa kam schnurstracks in die Werkstatt gelaufen, ohne die Stute vorher in den Stall zu bringen.
»Keine Hühner, Meister Lerris?« Sie hielt mir den Korb voller Eier unter die Nase. »Mehr als ein paar Eier bekomme ich von Brene sowieso im Augenblick nicht. Keine Hühner. Wenn wir unsere eigenen hätten, würde die Sache schon anders aussehen. Nicht einmal für einen Silberling
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