Kampf Dem Chaos
lieber Mann, wie hält man ein Kaiserreich auf? Wenn ich diese Frage stelle, bekomme ich Angst. Sie klingt wie eine Aufforderung an dich, hinauszuziehen in die Welt und eine Heldentat zu vollbringen. Das will ich auf keinen Fall.«
»Warum nicht?«
»Weil ... Helden sind meist keine netten Menschen und ich habe Angst davor, du könntest dich verändern.«
»Vielleicht geht Justen deshalb allem aus dem Weg«, überlegte ich. »Er galt damals als Held und wahrscheinlich mehr als nur einmal, aber er möchte es nie wieder sein. Das ist lange her und damals gab es keine Maschinen, wie Hamor sie heute besitzt. Er zerstörte Fairhaven und alles brach zusammen.« Ich lachte. »Wenn die Hamoraner wüssten, was er schon vollbracht hat, würden sie ihn mit Sicherheit nicht einmal in die Nähe ihrer Hauptstadt oder ihres Kaisers lassen. Aber wahrscheinlich würde Justen da gar nicht hin wollen. Und die Maschinen haben ohnehin alles verändert.«
»Das frage ich mich.« Krystal runzelte die Stirn. »Haben sie das wirklich? Du redest dauernd von dem Chaos, das sich unter Candar zusammenbraut. Das klingt für mich, als hätte jemand das Gleichgewicht gestört.«
»So ist es auch. Mein Vater glaubt, dass Hamor daran die Hauptschuld trägt.«
»Müssen Ordnung und Chaos sich nicht gegenseitig ausgleichen? Wird das Gleichgewicht nicht eines Tages zurückschlagen?«
»Wie denn? Hamor liegt beinahe auf der anderen Erdhalbkugel und das Chaos kocht hier in Candar unter der Erde.« Ich runzelte die Stirn. Krystal hatte etwas sehr Klares und Einleuchtendes gesagt, so klar, dass ich nicht wusste, was die Folgerung daraus war.
»Ich weiß nicht. Du bist der Ordnungs-Magier. Ich bin nur Soldatin.«
»Nur? Wohl kaum.« Ich fuhr ihr durch das kurze Haar.
»Du hast mir mein erstes Schwert gekauft.«
»Ja, weil du eines brauchtest.«
»Oh, Lerris ...«
»Wir können heute Nacht nicht alle Probleme dieser Welt lösen. Und morgen musst du schon wieder aufbrechen.«
»Du könntest mitkommen nach Ruzor.«
»Was sollte ich dort tun, außer dir im Weg stehen?«
»Du bist mir nie im Weg. Machst du dir Sorgen um dein Geschäft?«
»Ein wenig – aber viel habe ich ohnehin nicht zu verlieren.« Das stimmte wirklich. Keinen einzigen Auftrag hatte ich mehr erhalten in den letzten Achttagen.
»Was ist mit dem Schreibtisch?«
»Wir sind fast fertig damit.« Ich zuckte die Schultern. »Aber danach ...«
»Komm doch, sobald du fertig bist ... und bring dein Werkzeug mit.«
»Das könnte ich schon tun, aber ...«
»Du klingst nicht sehr begeistert.« Ein trauriger Unterton schwang in Krystals Stimme mit.
»Es ist nicht so, dass ich nicht möchte. Aber ich habe kein gutes Gefühl dabei. Ich weiß nicht warum, aber auch das macht mir Sorgen. Mir ist auch nicht wohl dabei, wenn du gehst.« Ich lachte. »Ich mag es sowieso nicht, wenn du immer so lange weg bist.«
»Du musst deinen Gefühlen folgen«, meinte Krystal traurig. »Aber du könntest mich zumindest besuchen.«
»Vorher muss ich noch den neuen Hühnerstall bauen.«
Sie lachte und ich stimmte ein. Wir verließen die Veranda, den kühlenden Wind und die kalt blinkenden Sterne und tauschten alles gegen das warme Bett ein.
LXXVIII
D ie drei Druiden trafen sich im Wald der Ehrwürdigen und betrachteten den Sand, der Candars Wandel und Unruhe verbildlichte.
Die jüngste Druidin presste ihre Lippen aufeinander, sie erinnerte sich an frühere Gelegenheiten, als sie den Sand befragt hatte, damals noch voller Hoffnung. Vor ihr unter der altehrwürdigen Eiche, die älter war als Recluce, älter als die Zitadelle in Jellico, sogar älter als das alte, vergangene Westwind, brodelte der Sand, veränderte seine Farbe von Weiß zu Schwarz, von Schwarz zu Weiß.
»Die Engel werden nicht zurückkehren, nicht um alle Lieder, nicht um alles kalte Eisen der Maschinen«, verkündete der Druide. Sein dünnes Silberhaar und das eingefallene Gesicht rundeten seine zerbrechliche Erscheinung ab, sodass man meinte, er würde sich eher in Luft auflösen, als wahrhaftig aus Fleisch und Knochen zu bestehen.
»Den Preis werden sie bezahlen müssen«, stellte die zweite Frau fest. »Seit Generationen musste dieses Opfer nicht mehr erbracht werden. Die Anmaßung des Kaisers wird dafür Sorge tragen, dass sein falscher Stolz zerstört werden wird.«
»Nicht nur sein falscher Stolz wird zerstört werden«, rief die jüngste Druidin.
»Oh, Dayala, noch nie war es einfach für dich und Justen.«
Dayala
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