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Kampf Dem Chaos

Titel: Kampf Dem Chaos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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Verlor ich bereits die mir bisher eigene Geradlinigkeit?
    »Nein. Bitte nicht.« Krystal drückte meine Hand.
    Eine Zeit lang saßen wir auf der Mauer und beobachteten die vorbeigehenden Menschen, aber weder bekamen wir junge Gefahrenbrigadiere zu Gesicht noch Kinder mit kleinen Modellbooten; der sanfte Wind überbrachte uns allein die Gerüche des Hafens und nicht die der Vergangenheit.
    Sogar hier in Recluce spürte ich die Unruhe, das wachsende Chaos, und ich wusste, dass ich nicht umhin konnte, bald meine Rüstung anzulegen.
    Krystal presste die Lippen aufeinander und drückte meine Hand noch fester.
    Als wir schließlich den Hafen verließen, schien es fast so, als hätten wir einen weiteren Teil unserer Jugend zurückgelassen.

 
CXXIV
    Große Nordbucht, Freistadt [Candar]
     
    D ie Schiffe dampfen aus der Großen Nordbucht hinaus. Schräge Rauchsäulen durchschneiden den sonnigen Morgenhimmel, das Weiß des Rauches sticht an dem blaugrünen Himmel über dem Ostmeer deutlich hervor.
    Auf jedem Schiff befinden sich jeweils drei Geschütztürme, zwei am Bug, die Rohre nach vorn gerichtet, und einer am Heck. Jeder Geschützturm ist mit einer einzigen Kanone bestückt, die Durchmesser der Geschützrohre indessen belaufen sich auf jeweils zwei Spannen. Weit genug, um damit fünf Stein schwere Kugeln mehr als fünf Meilen weit zu schleudern oder zehn Stein schwere Kugeln über die halbe Strecke.
    Unter den Eisendecks türmen sich die polierten Kugeln und warten auf ihren Einsatz. Die Matrosen singen und summen, einige blicken nervös in die Richtung, in der Recluce liegt. Andere sehen ins Wasser, aber die meisten gehen ihrer täglichen Arbeit nach.
    Nur kleine Schaumkronen zieren die Wellen, als die Große Flotte sich nach Osten aufmacht.
    In der Kabine, die dem Oberbefehlshaber vorbehalten ist, gießt Marschall Dyrsse den bernsteinfarbenen Wein in zwei Kelchgläser und reicht eines davon dem Flottenkommandanten.
    »Auf unseren Erfolg.« Stupelltry erhebt das Glas.
    »Auf den Erfolg des Kaisers«, antwortet Dyrsse. »Und auf die Pflicht.«
    Beide trinken einen Schluck.
    »Ihr lehnt eigenen Erfolg wohl ganz und gar ab?«, fragt Stupelltry.
    »Ich bin erfolgreich, wenn es der Kaiser ist. Und wir beide haben lange auf diesen Augenblick gewartet, darauf, dass wir die Schwarze Insel endlich auf ihren Platz verweisen können.« Dyrsse nippt noch einmal an dem bernsteinfarbenen Wein. »Die Pflicht ist wichtiger als der Erfolg. Mit ein wenig Glück kann jeder siegen. Aber nicht jeder vermag seine Pflicht zu erfüllen.«
    »Mit dem Erfolg erfüllen wir doch unsere Pflicht.« Stupelltry trinkt vom Wein.
    Dyrsse runzelt kaum sichtbar die Stirn und hebt das Glas erneut an die Lippen.
    Im Westen bilden sich die ersten Wolken, die Tiefen unter Candar und das eherne Rückgrat der Insel Recluce erzittern.

 
CXXV
     
    E in letztes Mal bürstete ich die graue Hose und die dazu passende Tunika, Krystal zog sich die tressenbesetzte Weste über.
    »Sehen wir auch richtig eindrucksvoll aus?«, fragte ich und warf einen Blick durch den kleinen, eichengetäfelten Raum und auf die zwei Einzelbetten, die wir zusammengeschoben hatten. Von unserem Fenster konnten wir zwar den Hafen nicht sehen, doch ich fühlte, dass zwei Schiffe der Bruderschaft im Hafen eingelaufen waren. Eine unnatürliche Geschäftigkeit lag in der Luft.
    »Du siehst gut aus. Und ich?«
    »Nur du wirkst wirklich eindrucksvoll.«
    »Du bist offenbar verliebt.«
    »Das kann ich nicht abstreiten.« Ich umarmte sie sanft, wollte nichts verknittern. »Ich glaube, ich nehme meinen Stab mit.«
    »Das solltest du. Tamra wird ihren sicher auch dabei haben.«
    Wir gingen den Flur entlang und die Treppe hinunter in die Eingangshalle. Alle waren da bis auf Justen und Dayala.
    »Wie üblich«, raunzte mein Vater. »Für Justen gilt wieder mal ein anderer Zeitplan.«
    »Reg dich nicht auf, mein Lieber«, beschwichtigte ihn meine Mutter. »Ich glaube, er kommt gerade die Treppe herunter.«
    Justen trug genau wie Tamra und ich Grau und zusätzlich noch einen angewiderten Ausdruck im Gesicht. Dayala zog es weiterhin vor, barfuß zu gehen und ihre üblichen braunen Kleider zu tragen.
    »Bevor wir vor den mächtigen Rat treten, sollten wir uns beraten«, schlug Justen vor.
    »Wir müssen uns auf einen groben Plan einigen«, pflichtete ihm mein Vater bei, dabei sahen er und Justen mich an.
    Meine Pläne gestalteten sich in der Tat noch sehr grob, aber ich offenbarte ihnen, was ich mir

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