Kampf Dem Chaos
mir schon nach dem ersten Bissen auf der Stirn. Ich bemerkte, dass Yelena sich eine viel kleinere Portion als ich genommen hatte und davon nur winzige Bissen in den Mund schob. Ihre Augen funkelten.
»Wir sind berühmt für unseren Ziegeneintopf!« Ustrello musste fast schreien, um die Stimmen um uns herum zu übertönen. »Nirgendwo in Candar wird er so scharf gegessen! Und Tasyel kocht den besten.«
Tasyel strahlte und ich schluckte schwer. Hastig griff ich nach dem Krug, der vor Yelena auf dem Tisch stand. Ich aß Brot und trank von dem fruchtigen, schäumenden Teekla. Das half. Ich fühlte mich, als hätte ich den Feuerstoß eines Weißen Magiers verschluckt.
»Schmeckt es dir?«
»So etwas habe ich noch nie gegessen.«
Ustrello strahlte über das ganze Gesicht. Yelena hielt sich die Hand vor den Mund. Ich aß noch etwas Brot, bevor ich mir den nächsten, kleineren Bissen in den Mund schob. Die Schweißperlen vom ersten Bissen standen mir noch auf der Stirn.
»Der Magier isst ganz ordentlich, mehr als ihr heiklen Soldaten.« Ustrello stieß Yelena in die Seite.
»Er ist ein Magier. Ich nicht«, konterte Yelena und biss in das gute Brot – ohne Ziegeneintopf. »Er ist an den Umgang mit Feuer gewöhnt.«
Ich war hungrig. Zum Frühstück hatte ich nicht viel gegessen, es war noch so früh gewesen, als ich Krystal verabschiedet hatte, und zu Mittag hatte es nur ein wenig Käse und ein paar trockene Kekse gegeben. Also aß ich mit Appetit, doch ein weiteres großes Stück Brot brauchte ich allemal.
»Er hat alles aufgegessen.« Tasyel griff nach der leeren Kasserolle und zeigte sie herum.
Ich hatte mir eine zweite, etwas kleinere Portion genommen – und noch etwas Brot.
»Er ist schließlich ein Magier.« Yelena rollte mit den Augen.
»Was hast du vor?«, fragte Ustrello.
Mit vollem Mund antwortete ich: »Ich muss ein paar Magierdinge erledigen.«
»Wie man es von einem Magier erwartet.« Tasyel war hingerissen. »Magier müssen die Dinge tun, die wir gewöhnlichen Menschen nicht tun können, deshalb sind sie Magier.«
Irgendwie hatte sie Recht. Ustrello stimmte der Weisheit seiner Frau nickend zu und ich bemühte mich, keine Miene zu verziehen. Ich wollte nicht, dass alle Welt von meinem wahren Vorhaben erfuhr.
»Was machen Magier, wenn sie nicht gerade zaubern?«, fragte Ustrello, nachdem ich meine zweite Portion aufgegessen hatte.
»Ich bin Schreiner.«
»Schnitzt du auch?«
»Ich stelle hauptsächlich Möbel her, Stühle, Tische, Schreibtische, Schränke ...«
»Erstaunlich, ein Magier, der sich auch mit nützlichen Dingen beschäftigt.«
Ich versuchte ernst zu bleiben und nickte, dann nahm ich einen Schluck von dem prickelnden Teekla.
Schließlich konnte ich mich aus dem lebhaften Treiben bei Tisch befreien und schlenderte durch die Abenddämmerung zu meinem kleinen Zimmer. Ich dachte an Krystal. Wo sie jetzt wohl war?
Aus meinem Tornister holte ich eine Kerze, gähnte ausgiebig und zündete sie mit meinem Zündstein an. Dann blätterte ich durch Die Basis der Ordnung. Über Staub stand vermutlich nichts drin, es gab allerdings einen Absatz über Juckreiz. Der half mir aber nicht weiter, denn dort stand nur, dass Juckreiz sich durch ›unordentliche‹ Gedanken noch verschlimmerte. Großartig! Juckreiz brachte die Gedanken in Unordnung, wodurch dann der Juckreiz noch schlimmer wurde. Ein Heilmittel dagegen wurde in dem Buch allerdings nicht erwähnt, zumindest fand ich beim Überfliegen der Seiten nichts Derartiges.
Da keine schnellen Ergebnisse zu erwarten waren, blätterte ich zurück an den Anfang des Buches, zu den Seiten, die mich derart gelangweilt hatten, dass ich sie nie richtig verstanden hatte. Die Einleitung fand ich immer noch langweilig, doch beim Weiterlesen stieß ich auf etwas Interessantes.
»Die reine Ordnung kann das Leben nicht erhalten, denn das Leben hängt vom Wachstum ab und das Wachstum ist ein beständiger Kampf, aus dem Chaos Ordnung zu erzeugen.« Ich wusste nicht, ob das etwas mit Gerlis zu tun hatte, aber mit Langeweile hatte es sicherlich etwas zu tun. Ich hatte Ordnung immer als langweilig empfunden, aber was wäre, wenn ich die reine Ordnung in meiner Gleichung ersetzen würde? Ich konnte den Zusammenhang noch nicht herstellen, doch ich wollte darüber nachdenken.
Sehr viel weiter kam ich nicht, ich hörte bei einem Absatz auf, der folgendes besagte:
»... Ordnung enthält gezwungenermaßen auch Chaos, und Chaos Ordnung.«
Das war zu geheimnisvoll
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