Kampf der Gefuehle
sein, dass ich Ihnen nichts zuleide tun wollte. Meine Gefühle waren einfach zu stark, so ...«
»... so dass Sie von ihnen überwältigt wurden. Überdies haben Sie getrunken. Darüber sind wir uns einig. Ich wünschen Ihnen eine gute Nacht.«
Vielleicht lag es an dem, was sie sagte und wie sie es sagte, vielleicht an dem Florett in ihrer Hand oder daran, dass er begriff, dass es keinen Sinn hatte, sich mit einer bewaffneten Frau zu streiten. Möglicherweise war es auch so, dass ihn die hochtrabende Art, die er in den meisten Situationen an den Tag legte, vorübergehend verlassen hatte. Jedenfalls deutete er ein Nicken an, das in eine Verbeugung überging. Dann drehte er sich um und schritt mit gespreizter Würde zur Tür.
Ariadne schaute ihm mit wachsamem Blick hinterher. Kurz vor der Tür wandte er sich noch einmal zurück.
»Gerade eben, ma coeur, haben Sie sich ganz wie der Engländer angehört. Sie verbringen zu viel Zeit in seiner Gesellschaft, und deshalb warne ich Sie. Ich habe Ihnen schon einmal gesagt, dass Sie das bereuen würden. Das kann ich nur wiederholen.«
Nachdem der Russe die Tür hinter sich zugemacht hatte, stand Ariadne eine Zeit lang nachdenklich da. Er hatte keine Macht über sie, hatte ihr nicht vorzuschreiben, wie sie ihr Leben führen sollte. Es gab niemanden, an den er sich hätte wenden können, damit der Betreffende sie irgendwie beeinflusste. Folglich blieb ihm nur die Möglichkeit, eine Konfrontation mit Gavin Blackford zu suchen. Mit Drohungen ließ sich der Fechtmeister nicht einschüchtern, denn sonst hätte er sie von vornherein gar nicht als Schülerin angenommen. Dergestalt blieb nur noch eins übrig, und zwar das, wovor sie sich am meisten fürchtete.
Eine tiefe Unruhe befiel sie, als sich das Schreckgespenst eines Duells vor ihrem inneren Auge erhob. Warum musste das alles so sein?
Warum machte Sascha auf einmal solche Schwierigkeiten? Früher war er nie zudringlich geworden. Nachdem sie Witwe geworden war, war er aus Gewohnheit weiterhin als ihr treuer Diener aufgetreten und hatte gelegentlich auf plumpe Weise mit ihr geflirtet, ohne dabei wirklich zu erwarten, dass sie seine Gefühle erwidern würde. Dass er ihr nach New Orleans gefolgt war, hatte sie überrascht. Allerdings hatte sie angenommen, dass das eher etwas mit seinen Gläubigern in Paris als mit überwältigender Zuneigung zu ihr zu tun hatte. Je-denfalls hatte sie nicht damit gerechnet, dass er ihr bei der Durchführung ihres Plans Steine in den Weg legen würde.
Das war offenbar naiv von ihr gewesen. Oder vielleicht war sie auch zu vertrauensselig gewesen. Gleichwohl fiel es ihr schwer zu glauben, dass sich dieser Abkömmling eines russischen Adelsgeschlechts ernsthaft um ihre Hand bemühte. Das hätte er doch wohl schon früher deutlich zu verstehen gegeben. Es sei denn, dass er Besitzansprüche anmeldete, sobald ein Mann auftauchte, den er als Rivalen betrachtete.
Vielleicht war sie zu zynisch. Vielleicht war er tatsächlich in sie verliebt. Sie hatte nichts getan, um ihn in dieser Hinsicht zu ermutigen, denn sie war nicht so herzlos, Hoffnungen zu wecken, die sie nicht zu erfüllen beabsichtigte. Bisher war ihre Bekanntschaft recht angenehm gewesen, nicht mehr als eine gesellschaftliche Konvention. Wie alle Welt wusste, führten solche Dinge manchmal zu Affären, doch sie hatte einen Plan, der gefühlsmäßige Verwicklungen von vornherein ausschloss. Und zwar auch dann, wenn es ihr Wunsch gewesen wäre, eine engere Beziehung mit Sascha einzugehen, was nicht der Fall war. Ebenso wenig interessierte es sie, von neuem zu heiraten. Möglicherweise würde sie so etwas eines Tages in Betracht ziehen, um Kinder zu bekommen. Einen anderen Grund vermochte sie nicht zu finden.
Nein, die Veränderung, die mit Sascha vor sich gegangen war, war von ihrer Verbindung mit dem Fechtmeister ausgelöst worden. Während ihrer Ehe mit Jean Marc war sie nie leichtsinnig gewesen, hatte sie nie auch nur angedeutet, dass es sie nach einer außerehelichen Beziehung verlangte. Sascha war nicht in der Lage, ihr Inte-resse an dem Fechtmeister zu verstehen, deshalb war es ihm verdächtig. Hinzu kam, dass er sie in dem Fechtkostüm angetroffen hatte, das sie eigens hatte anfertigen lassen und das alles andere als züchtig war.
Obwohl sie ihm seinen Verdacht nicht verübeln konnte, warf sie ihm sein dadurch hervorgerufenes Verhalten vor. Wenn sie Hosen trug, war sie keine andere als die, die sie immer gewesen war. Solange sie
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