Kampf für Freiheit
besiegt zu sein? Die letzte Schlacht zu verlieren?«
Titus schaute hoch und zwinkerte die Regentropfen aus den Augen. »Damit kommst du nicht durch. Sobald der Statthalter erfährt, was du getan hast, lässt er euch kreuzigen. Dich, deine Leute hier und Decimus gleich mit.«
Thermon schüttelte den Kopf. »Nur wenn jemand am Leben bleibt, der dem Statthalter erzählen kann, was geschehen ist.«
Titus starrte ihn einen Augenblick lang an und murmelte dann: »Das würdest du nicht wagen.«
»Ach, wirklich?« Thermon gab vor, überrascht zu sein. Plötzlich holte er mit seinem Schwertarm aus und stach mit aller Kraft zu. Die Spitze seiner Klinge bohrte sich in Titus’ Brust, traf dessen Herz und knirschte zwischen seinen Rippen. Titus stöhnte auf und seufzte dann tief. Thermon stemmte seinen Stiefel gegen Titus’ Schulter und riss die Klinge wieder heraus.
»Vater!« Fassungslos schaute Marcus hinunter, als der Körper seines Vaters neben seinem Bein mit dem Gesicht nach unten auf den Boden sank. »Vater!«, rief Marcus schrill. »Nicht sterben! Verlass mich nicht! Bitte … bitte nicht sterben!«
Sofort zerrte ihm jemand den Hirtenstab aus der Hand. Raue Hände packten ihn und pressten ihm die Arme gegen die Seite.
Ein Schrei ertönte. Marcus wandte sich um und sah seine Mutter, die beide Hände an die Ohren hielt, als müsste sie sich vor einem schrecklichen Geräusch schützen. Sie schrie noch einmal. »Titus! Oh, ihr Götter! Titus …!«
»Ergreift sie!«, befahl Thermon. »Sucht auch die anderen und legt sie alle in Ketten. Dann durchkämmt alles nach Wertsachen. Decimus will alles, was sich verkaufen lässt.«
Marcus schaute zum Leichnam seines Vaters hinunter, völlig benommen von diesem Anblick. Doch dann, während einer der Männer auf seine Mutter zuging, hatte er das Gefühl, als zerbräche etwas in ihm. Er biss dem Mann, der ihn festhielt, in den Arm. Der schrie auf und lockerte seinen Griff. Marcus knurrte wild, während er den Kiefer noch fester zusammendrückte und mit den Füßen um sich trat.
Thermon wandte sich ihm zu. »Kann sich jemand um den Balg hier kümmern?«
Der Mann mit dem Knüppel, der Zerberus niedergeschlagen hatte, nickte und drehte sich zu Marcus um. Ohne einen Augenblick zu zögern, erhob er den Knüppel und zielte auf den Kopf des Jungen. Marcus spürte den Schlag nicht. Seine Welt explodierte plötzlich in gleißendes Weiß, und dann war nichts mehr.
Zunächst fühlte Marcus nur einen dumpfen, klopfenden Schmerz im Schädel. Dann spürte er ein holpriges Stoßen und hörte das regelmäßige schrille Quietschen einer Achse. Er fühlte Licht und Wärme auf seinem Gesicht, regte sich langsam, zwinkerte und schlug die Augen auf. Die Welt ringsum war verschwommen und ruckelte hin und her. Ihm war so übel, dass er die Augen gleich wieder schloss.
»Marcus.«
Sanft schmiegte sich eine Hand um seine Wange.
»Marcus, kannst du mich hören?«
Er erkannte die Stimme seiner Mutter und hörte die Angst in ihrem Tonfall. Marcus machte den Mund auf, doch seine Zunge und seine Lippen waren so trocken, dass er nicht sprechen konnte.
»Warte einen Augenblick«, sagte sie. Dann spürte er, wie ihm etwas behutsam an den Mund gedrückt wurde, und er schmeckte Wasser. Er schluckte ein paar Mal, ehe er das Gesicht zur Seite wandte und sich die Lippen leckte.
»Mutter, es geht mir gut«, konnte er krächzen. Marcus schlug erneut die Augen auf und bemühte sich, seinen Blick zu fokussieren. Er starrte auf ein Metallgitter. Als er sich auf die Ellbogen aufstützte, sah er, dass er sich in einem großen Käfig befand, der hinten auf einem von Maultieren gezogenen Wagen ruhte. Über den Käfig hatte man eine schmutzige Lederplane gebreitet, die den Insassen Schatten spendete. Außer ihm und seiner Mutter gab es noch vier weitere Gefangene, zwei von ihnen hoch aufgeschossene dürre Männer, deren Haut so schwarz wie Kohle war. Die anderen waren halbwüchsige Jungen, vielleicht fünf oder sechs Jahre älter als Marcus.
»Versuche, dich so vorsichtig wie möglich zu bewegen«, warnte ihn seine Mutter. »Du hast einen schlimmen Schlag auf den Kopf bekommen.«
Marcus hob eine Hand, um die Stelle zu berühren, an der sein Schädel so wehtat. Er jaulte vor Schmerz auf, als er mit den Fingerspitzen eine große, feste Beule ertastete. Krampfhaft versuchte er sich daran zu erinnern, was passiert war. Dann strömte alles in einem schrecklichen Wirbel von Bildern in sein Bewusstsein. Aristides,
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