Kampf für Freiheit
Gruppen, und es gab auch einige, die allein auf der Straße wanderten.
Der Wagen rollte an einer Reihe von aneinandergeketteten Sklaven vorbei, die in die entgegengesetzte Richtung marschierten. Marcus betrachtete sie mitleidig. Die meisten trugen zerlumpte Tuniken und waren barfuß. Auf ihren mürrischen, niedergeschlagenen Mienen spiegelte sich Verzweiflung über die Aussicht auf ein Leben in der Sklaverei. Marcus schaute sich um, weil er sie noch einen Augenblick länger beobachten wollte. Wut packte ihn. Es traf ihn sehr, solche Jammergestalten zu sehen. Und doch, rief er sich ins Gedächtnis zurück, hatte es auch auf dem Bauernhof seines Vaters Sklaven gegeben. Marcus hatte dies für selbstverständlich gehalten, weil er Seite an Seite mit ihnen groß geworden war. Er hatte sie eher als Familie und Freunde gesehen und angenommen, dass sie mit ihrem Schicksal zufrieden waren. Jetzt wusste er es besser. Er hatte als Sklave gelebt und die Last dieses Standes jeden Tag mit sich getragen. Es verlangte ihn danach, sich wieder frei zu fühlen und erneut Herr seines eigenen Schicksals zu sein.
Während er noch auf die zusammengeketteten Sklaven blickte, bemerkte er eine einsame Gestalt in einem langen Kapuzenmantel. Der Mann schien auch auf dem Weg nach Sinuessa zu sein und ging etwa fünfzig Schritte hinter dem Wagen. Er trug einen Stab und eine Bettelschale und blieb stehen, um den Wachmann, der die Aufsicht über die Sklaven hatte, um ein paar Münzen zu bitten. Der schubste ihn unsanft zur Seite und schritt rasch weiter. Vielleicht gab es doch ein noch schlimmeres Schicksal als das eines Sklaven, überlegte Marcus, als er sich abwandte. Doch im Gegensatz zu Sklaven konnten Bettler wenigstens ihren Weg im Leben selbst wählen.
Der Fahrer des Wagens schnalzte mit der Zunge und ließ die Zügel klatschen, um seine Maultiere anzutreiben. Marcus warf ihm einen verärgerten Blick zu. Das Rumpeln des Wagens machte den Schmerz in seinem Arm auch schon bei einer langsamen Geschwindigkeit schlimm genug. Aber er zwang sich, den Mund zu halten.
Brutus, der Kutscher, war ein massig gebauter befreiter Sklave, der es übel nahm, dass er als freier Mann genauso arm war, wie er es als Sklave gewesen war. Sie hatten kaum ein Wort miteinander gewechselt, seit sie die Gladiatorenschule verlassen hatten, und Marcus freute sich nicht gerade darauf, auf der Reise nach Rom noch einige weitere Tage in der Gesellschaft dieses Mannes verbringen zu müssen.
Der Verkehr wurde langsamer, als sie sich den Stadttoren von Sinuessa näherten und diejenigen, die in die Stadt hinein wollten, Zoll zahlen mussten. Die übrigen Fahrzeuge umrundeten die Stadt und reisten danach wieder auf der Straße weiter.Brutus saß ungeduldig da, schnalzte missbilligend mit der Zunge und murmelte vor sich hin: »Macht schon, macht schon! Ich habe nicht den ganzen verdammten Tag Zeit …«
Schließlich zahlte der Kutscher des Maultiergespanns vor ihnen seine Münzen und fuhr durch das Tor. Nun waren Brutus und Marcus an der Reihe. Der Zolleinnehmer kam zu ihnen herübergeschritten und schaute auf den Wagen. »Der Karren ist leer. Ihr habt keine Ware, nur das Fahrzeug?«
»Gut beobachtet«, grummelte Brutus. »Nur ich, der Junge und der Wagen.«
»Ist das Euer Junge?«
»Er ist ein Sklave. Ich liefere ihn bei einem Patrizier in Rom ab.«
»Ah, dann müsst Ihr für ihn und für den Wagen Zoll zahlen.«
»Was?« Brutus’ dichte Augenbrauen zogen sich zusammen. »Was ist das denn für ein Unsinn? Seit wann verlangt Sinuessa Zoll für Sklaven?«
»Seht nur dorthin.« Der Zolleinnehmer deutete auf das Schild über dem Tor, auf dem die Zollgebühren aufgeführt standen. Unten hatte man eine neue Zeile hinzugefügt. »Die neue Verordnung wurde erst letzten Monat von den Stadtvätern erlassen. Sklaven gehören jetzt zu den Waren, für die Zoll gezahlt werden muss. Es tut mir leid, mein Herr«, entschuldigte er sich wenig überzeugend. »Aber Ihr müsst für den Jungen bezahlen.«
Brutus drehte sich wütend zu Marcus um. »Das Geld kriege ich hoffentlich zurück! Dein neuer Herr muss mir meine Kosten erstatten, wenn wir in Rom ankommen.«
Marcus zuckte die Achseln. »Das musst du mit ihm ausmachen. Mit mir hat das nichts zu tun. Ich bin nur ein Sklave.«
»Und vergiss das bloß nicht«, knurrte Brutus. »Noch eine freche Bemerkung, und du kriegst eine Tracht Prügel, hörst du?«
Dann wandte sich Brutus zu dem Zolleintreiber, zog seine Börse hervor und zählte
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