Kampf um die neue Republik
Xarran spürte, wie sich immer mehr Wut in ihm anstaute und seine Lippen zuckten.
»Wie konntest du nur so dumm sein?«, flüsterte er, obwohl es nichts ausmachte, wenn die Sturmtruppen das Gespräch mithörten. Sie waren schon bei Unterhaltungen von weitaus größerer Bedeutung als einem Streit unter Geschwistern zugegen gewesen.
Rivo tat jedenfalls, als würde er zur schweigenden Wachtruppe gehören, denn er reagierte überhaupt nicht auf die Worte seines Bruders. Immer noch huschten seine Augen umher und schienen in jedem Schatten nach möglichen Gefahren zu suchen.
Xarran gab ihm einen leichten Klaps auf den Hinterkopf. Der General konnte es auf den Tod nicht ausstehen, wenn man ihn ignorierte. »Beantworte meine Frage!«
Rivos Antwort kam blitzschnell - und zwar in Form eines Handblasters, in dessen kurze Mündung Xarran plötzlich schaute. Dieses Ereignis schockierte ihn in zweifacher Hinsicht; erstens hätte der General niemals damit gerechnet, dass sein Bruder eine Waffe auf ihn richtete, und zweitens war er davon ausgegangen, dass man Rivo sämtliche Waffen abgenommen hatte. Irgendwer würde für diesen Lapsus sterben müssen, aber der General hatte nicht vor, selbst von diesem Unglück ereilt zu werden.
Doch das Leben seines Bruders schwebte in diesem Moment in viel größerer Gefahr.
Die Sturmtruppen blieben scheinbar völlig reglos, aber es hatte nur einen Sekundenbruchteil gedauert, bis neun Blaster-gewehre genau auf Rivo zielten.
Der junge Mann bemerkte es offenbar gar nicht. Seine Augen starrten ins Leere und konzentrierten sich auf nichts Bestimmtes. Der General zweifelte sogar, ob Rivo ihn überhaupt noch erkannte.
»Ich bin es doch nur, Bruder«, sagte Xarran sanft. »Der Einzige, der dich am Leben erhält.« Langsam streckte der General einen Arm aus. Die Entfernung betrug weniger als einen halben Meter, aber es dauerte eine Ewigkeit, bis sich seine Finger um die Waffe schlössen.
Als der General ihm den Blaster abnahm, verlor Rivo mit einem Mal all seine Energie - wie eine kurz geschlossene Energiezelle. Sein Körper sackte in sich zusammen, und die Waffe glitt aus seinen Fingern, bevor Xarran sie in Sicherheit brachte.
»Es tut mir Leid«, stieß Rivo zwischen erstickten Schluchzern hervor und schwankte vor Erschütterung.
Xarran zog ihn in seine Arme und nickte den Wachen über Rivos Schulter zu. Die Geste war überflüssig, da sie die Blaster bereits wieder eingesteckt hatten.
Der General strich über den Hinterkopf des Bruders - an derselben Stelle, wo er ihn wenige Augenblicke zuvor geschlagen hatte. Seitdem schien eine Ewigkeit vergangen zu sein, und ihm wurde klar, wie die Zeit - selbst der winzigste Sekundenbruchteil - die Existenz eines Menschen unwiderruflich verändern konnte. Zu jedem Zeitpunkt existierten unendlich viele Möglichkeiten. Neben dem Trinken und Spielen war es Rivos größtes Talent, sich immer wieder den falschen Weg auszusuchen. Zum Glück hatten sie trotz unangenehmer Konsequenzen nie eine totale Katastrophe zur Folge gehabt. Diesmal jedoch war es anders, denn Rivos letzter Fehler würde ihn möglicherweise das Leben kosten.
Natürlich stand es außer Frage, dass Xarran alles in seiner Macht Stehende unternehmen würde, um diesen Fall zu verhindern. Und als General der Imperialen Armee verfügte er über beträchtliche Macht.
Xarran stützte seinen Bruder, während sie über die lange Landeplattform zur Garnison liefen. Die Soldaten vollführten eine zackige Kehrtwendung und marschierten hinter ihnen her. »Du hast jetzt nichts mehr zu befürchten, Bruder. Ich bezweifle, dass irgendwer dir bis hierher folgen konnte.«
Rivo blickte zu ihm auf, und zum ersten Mal erweckten seine Augen den Eindruck, als würde er ihn tatsächlich erkennen.
Diese kleine Geste gab Xarran neue Hoffnung. »Und im höchst unwahrscheinlichen Fall, dass dir doch jemand gefolgt ist, müsste diese Person ziemlich übergeschnappt sein, wenn sie auch nur darüber nachdenkt, eine komplette imperiale Garnison anzugreifen.«
In der Ferne lauerte stumm eine Gestalt in der schattigen Deckung des dichten Laubs.
Der Mann beobachtete, obwohl er kein Makrofernglas dabei hatte. Denn in seinem schartigen Helm war bereits ein leistungsfähiges Linsensystem eingebaut.
Er konnte alles Gesprochene mühelos verfolgen, da sein Breitbandempfänger die Signale der Sturmtruppen-Komlinks entschlüsselte und die stummen Soldaten zu Abhörvorrichtungen umfunktionierte.
Wieder einmal gab es nichts, das
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