Kampf um die neue Republik
hatte sich Harkness auf etwas anderes als den Schmerz und die Fragen konzentriert, aber er wusste nicht mehr, worauf. Aber das war jetzt auch gleichgültig. Es schmerzte, wenn er atmete, es schmerzte, dass er Kleidung trug, es schmerzte, wenn er schluckte. Das Netteste, was die Imperialen für ihn getan hatten, war, dass sie ihm die Stiefel nicht wieder über die brennenden Füße gezogen hatten.
Außerdem war da noch ein Summen in seinem Kopf. Es mochte etwas mit dem zu tun haben, worauf er sich konzentriert hatte. Es konnte aber auch eine Nachwirkung der Drogen sein. Was ihm wieder das Bild des runden, schwarzen Verhördroiden ins Gedächtnis rief, der ihm die Drogen verabreicht hatte. Und diese hatten bei ihm eine Vision von Ekel erregenden Farben, schrillen Tönen und eine Empfindung ausgelöst, als hätte man ihm Nadeln ins Gehirn, in die Augen und die Innenseite seines Kopfes gestochen. Diese Erinnerung und das summende Geräusch ließen ihn beinahe in Panik geraten, doch er beschloss, beides völlig auszublenden.
»He!«, sagte er. Seine Stimme klang heiser und belegt, aber sie erzeugte ein Echo, worauf er sich gleich etwas besser fühlte. Zumindest schwebte er nicht in einem unendlichen, gestaltlosen Vakuum. »He! Ja! Das ist toll! Prima, Harkness!«
Er dachte an die vielen Geschichten, die er gehört hatte, von Gefangenen, die jahrzehntelang allein eingesperrt und verrückt geworden waren. Früher hatte er gedacht, dass eine Einzelhaft das reinste Paradies sein müsste, aber nun stellte er sich vor, wie er nach zwei Jahren nur noch sabbern und ständig Selbstgespräche führen würde. Die Leute würden ihn mit seltsamem Ausdruck anschauen und über ihn tuscheln. Andererseits. taten sie das nicht sowieso immer? Harkness entschied, dass es vermutlich in Ordnung war, solange er nicht darauf reagierte.
»Nun«, sagte er. »Vielleicht hätte es schlimmer kommen können.«
»Das bezweifle ich.«
Harkness erstarrte. Eine weibliche Stimme hatte ihm geantwortet, aus nächster Nähe.
»Hallo?«, sagte er vorsichtig.
»Ja?«, antwortete die Frau. Ihre Stimme klang rau, und das schwere Näseln deutete darauf hin, dass ihre Nase gebrochen war. Aber ihr Tonfall war gleichmäßig. So klang jemand, der davon ausging, dass es wirklich nicht schlimmer kommen konnte.
»Wer ist da?«, fragte er.
Sie sprach sehr undeutlich, und Harkness benötigte einen Moment, bis er rekonstruieren konnte, was sie tatsächlich gesagt hatte: »Master Sergeant Jai Raventhorn, Infiltrationsgruppe der Allianz.«
Harkness verdaute diese Information. »Ich dachte, das Oberkommando hätte die Sickertruppe längst aufgelöst«, sagte er.
»Ja, streuen Sie Salz in die Wunde!«, sagte die Frau.
»Ha!«, sagte Harkness. Es war kein richtiges Lachen, aber die einzige positive Antwort, die ihm dazu einfiel. Raventhorns Stimme vermittelte die gleiche Taubheit, Qual, Demütigung und Erleichterung, die auch Harkness empfand, und er verdrängte die Möglichkeit, dass sie eine KOMENOR-Agentin war, die man in seine Zelle geschleust hatte, um ihn zum Reden zu bringen.
Außerdem klang es, als würde sie zittern, genauso wie Harkness. Höchstwahrscheinlich hatte sie das Gleiche wie er hinter sich, und das machte ihn wütend. Aber das wollte er ihr nicht sagen, weil sie ihn dann vielleicht für gönnerhaft hielt.
»Und wozu gehören Sie jetzt, nach der Auflösung der Gruppe, Sergeant Raventhorn?«, fragte er.
»Wer will das wissen?«
»Harkness.«
»Einfach nur Harkness?«
Plötzlich fiel ihm auf, dass er sich nicht mehr an seinen Vornamen erinnern konnte. Falls er überhaupt einen hatte.
»Einfach nur Harkness?«, fragte Jai erneut.
»Ich glaube. es war nur Harkness«, sagte er. Und fügte mit etwas mehr Enthusiasmus hinzu: »Ich bin ein Söldner.«
»Ein Söldner. Soso. Ich weiß nicht mehr. was ich bin.«
»Versuchen Sie sich zu erinnern. Wir erleben gerade die Nachwirkungen eines Tiefenverhörs.«
Das war nur eine Vermutung von Harkness Seite. Aber er fühlte sich besser, nachdem er es gesagt hatte, und Jai schien es ihm zu glauben, weil sie einen Moment lang darüber nachdachte. Schließlich sagte sie: »Ach ja, warten Sie mal. ich arbeite jetzt beim Geheimdienst.«
»Beim Geheimdienst? Haben Sie zum Rot-Fünf-Team gehört?«
»Ich denke schon. Ja, so war es«, sagte sie, aber in ihrer Stimme lag keine Spur von Stolz, als sie es einräumte. Doch dann schien plötzlich ihr Interesse entfacht zu werden. »Sind Sie einer der Söldner, die
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