Kampf um die Sonne (Orion 05)
den Toren Trojas getötet. Durch einen Lanzenwurf des göttlichen Peliden.«
Sie legte den Kopf schräg.
»Sie scheinen Ihren Homer aber auswendig zu kennen«, sagte sie.
»Ein Beweis mehr, daß Chroma direkt von der Erde abstammt. Die gleichen kulturellen Grundformen.«
»Sie haben nicht unrecht. Übrigens: Die Gesteinsproben sind seit drei Stunden in unseren Laboratorien. Wenn meine Leute zum gleichen Ergebnis gelangen wie Ihre Wissenschaftler, nämlich daß es möglich ist, den Planetoiden zur Energieerzeugung ...«
Beschwörend erhob sich McLane aus seinem Stuhl.
»So heißt das vorläufig nur, daß es eine Möglichkeit ist. Ob der Planetoid aber tatsächlich verwendbar ist ... das dauert Wochen!«
SIE nickte kurz.
»An dem Tag, an dem ich es sicher weiß, werde ich die Versuche mit der irdischen Sonne einstellen.«
McLane sprang auf und sagte verzweifelt, in beschwörendem Ton:
»Aber dann ist es zu spät!«
Die Frau entgegnete kühl:
»Wollen Sie mir ein Ultimatum stellen, Commander?«
Cliff resignierte noch immer nicht.
»Nein«, sagte er. »Dazu bin ich nicht berechtigt. Ich möchte nur rein aus persönlichen Gründen an Ihre Vernunft appellieren. Wenn Sie die Versuche fortsetzen, wird die Erde dies als Bedrohung betrachten. Sie selbst wissen genau, wie die Erde gegen Bedrohungen reagiert.«
»Wie?«
»Sie schickt eine Flotte und schlägt zu. Es geht um das Leben von Milliarden Menschen, um die Existenz eines ganzen Sonnensystems. Wieviel Menschen leben hier?«
»Rund eine Million«, sagte die Frau.
»Die Erde wird sagen: Lieber eine Million zwingen als mehrere Milliarden gefährden. Ich spreche aus Erfahrung; vor kurzem war ich selbst noch in der Flotte. Sehen Sie nicht das Risiko?«
SIE blieb hartnäckig.
»Das ganze Leben ist ein Risiko. Aus welchem Grund sind Sie nicht mehr in der Flotte?« fragte sie.
»Unbotmäßigkeit«, erwiderte Cliff. »Ich füge mich ungern überalterten Vorschriften. Sonst wäre ich nicht hier.«
Sie sah ihn an.
Unter ihnen, am Rand des Horizonts, ging die Sonne unter. Eine pastellfarbene Dämmerung bemächtigte sich minutenlang der Landschaft, dann wurde es Nacht.
*
Zur gleichen Sekunde, fünfzehn Lichtjahre entfernt ...
Die Lichtflut der Barriere erlosch, und eine wuchtige Gestalt stürmte in das Büro hinein. Hinter ihr züngelten die Farben wieder aus der Projektionsleiste. Oberst Henryk Villa rieb die geröteten Augen; er hatte zu lange nicht mehr geschlafen.
Er blickte Marschall Wamsler ruhig und ziemlich gelassen entgegen.
Der Marschall stampfte durch das Büro und blieb drohend wie ein Felsen vor dem Schreibtisch stehen.
»Sagen Sie, Villa, ist es wahr, daß Sie ohne mein Wissen und ohne meine Zustimmung Major McLane nach Chroma geschickt haben?« fragte er laut. Seine dunkle Stimme war heiser vor Ärger.
Höflich erwiderte der GSD-Chef:
»Ja, das ist richtig, Marschall.«
Wamsler schluckte und ließ sich schwer in einen der herumstehenden Sessel fallen.
»Was würden Sie tun, Villa, wenn ich dasselbe mit Ihnen täte?«
Villa brachte ein Lächeln zustande und antwortete:
»Wenn Sie versuchen würden, mich nach Chroma zu schicken, würde ich sagen: ›Marschall, das übersteigt Ihre Kompetenzen‹.«
Wamsler schlug mit der flachen Hand auf die Tischplatte und rief:
»Blödsinn!«
»Ich bin Ihrer Meinung«, sagte Villa, noch immer ruhig und überlegen.
»Aber wenn ich Beamte von Ihnen nach Chroma schicken würde, wenn ich Ihren besten Mann schicken würde. Würden Sie sich das gefallen lassen, Villa?«
Villa beugte sich vor und legte beide Hände auf den Tisch. Der Oberst blickte Marschall Winston Woodrov Wamsler in die Augen und bemerkte den Ärger im Gesicht des fünfundfünfzigjährigen Mannes.
»Ich würde Sie vermutlich fragen«, erläuterte er, »was für Gründe Sie gehabt hatten.«
»Also bitte!« sagte Wamsler.
»Ja?«
»Ich frage Sie. Und ich frage Sie gleichzeitig, ob Sie verantworten können, was Sie da angestellt haben?«
Villa breitete die Hände aus und sagte:
»Major McLane ist auf eigenen Wunsch nach Chroma geflogen; ich habe ihm nur die Starterlaubnis besorgt. Was daran ist Unfug oder gefährliche Verantwortungslosigkeit?«
»Und wozu diese verdammte Geheimnistuerei?« erkundigte sich der Marschall.
Villa lächelte.
»Auch dafür hatte ich Gründe, Marschall. Sie wissen sicherlich, daß ...«
Wamslers cholerisches Temperament kam zum Durchbruch. Er schrie:
»Nichts weiß ich! Das ist es ja gerade
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