Kampf um die Sonne (Orion 05)
Leuchter von der dunklen Decke hingen. Auch hier waren Säulen, die zu einem Aufzug führten. Paarweise nebeneinander; mit korinthischen Hälsen und Akanthusblättern am Kapitell. Rechts von ihnen befand sich eine glatte, schmucklose Wand aus wertvollem Marmor.
Ruhig bemerkte Tamara, die Waffe im Anschlag:
»Merkwürdig ... man weiß doch ganz genau, daß wir kommen.«
Der Wissenschaftler zuckte gleichgültig die Schultern und ging weiter.
»Es scheint niemanden zu stören ...«
Wieder Achselzucken.
Sie bestiegen einen Lift und fuhren aufwärts. Der Lift besaß keine Schalter, sondern hielt einfach; seine Türen glitten auf, und wieder lag ein breiter Korridor vor Tamara und dem Wissenschaftler.
»Wissen Sie, wo die Funkzentrale ist?« fragte Tamara während des Gehens.
»Ja«, erwiderte der Mann.
Tamara begriff nun langsam, daß auf diesem Planeten die Frauen regieren mußten. Die Antworten des Mannes zeichneten sich weder durch Länge noch durch erschöpfende Tiefe der Gedanken aus. Und immerhin war dies ein Wissenschaftler. Leutnant Tamara Jagellovsk zuckte die Achseln und ging weiter. Diese Szene erschien auf einigen Monitoren eines Dienstzimmers.
Die Mädchen, von denen McLane hierhergebracht worden war, saßen vor den Schirmen. Sie hatten das Signal ausgelöst und eine Leitung in die Privaträume der ersten Dame dieser Welt geschaltet.
SIE trat leise ein und fragte:
»Was ist denn?«
Die jüngere der beiden deutete auf den Schirm, auf dem sich der Mann und Tamara näherten. Man sah deutlich die Waffe in der Hand Tamaras und den nicht gerade intelligenten Gesichtsausdruck ihres Opfers.
»Wir haben Besuch bekommen«, erklärte das Mädchen.
SIE betrachtete mit fast gleichgültigem Gesichtsausdruck das Bild. Es wurde plötzlich leer und erschien dann wieder, wobei Tamara und der Wissenschaftler aus einer anderen Perspektive aufgenommen wurden; ein anderer Linsensatz hatte die Beobachtung übernommen.
»Was soll geschehen?« fragte die andere der beiden Adjutantinnen.
Die Frau überlegte kurz, dann sagte sie:
»Stellen Sie das Bild in mein Zimmer durch. Auf den großen Schirm.«
Sie verließ wieder den Raum und kehrte zu McLane zurück, der sich mehr denn je deplaziert und überflüssig vorkam. Er hatte buchstäblich nichts erreicht als die Zusicherung, daß man ihn anhören würde und die Tatsache, daß sich einige Wissenschaftler mehr um die Proben kümmerten. Das war alles. Und das war entschieden zu wenig.
Die Frau kam wieder herein und setzte sich an ihren Platz.
»Drehen Sie sich bitte einmal kurz um?« bat sie.
McLane nickte, nahm sein Glas und gehorchte.
Ein Viereck in einer der Wände, das McLane bisher für eine Glasfläche ohne jede technische Bedeutung gehalten hatte, erhellte sich und wurde zu einem Sichtschirm. Die Musik wurde ausgeblendet, und gleichzeitig geschahen zwei Dinge. »Besteht dieses Haus eigentlich nur aus Korridoren?« fragte jemand.
Tamara und der Wissenschaftler erschienen auf dem Schirm.
»Wir sind gleich da«, erwiderte der Mann.
McLane drehte sich verblüfft um.
»Tamara ...«, stotterte er.
Mit eisiger Stimme fragte ihn seine Gastgeberin:
»Sehr interessant! Eines Ihrer Besatzungsmitglieder dringt mit Waffengewalt in das Regierungsgebäude ein. Was versprechen Sie sich von dieser Aktion, Commander McLane?«
Cliff lehnte sich erschöpft gegen die Bar.
»Glauben Sie mir«, flüsterte er heiser, »ich habe wirklich keine Ahnung davon.«
Er spürte, daß SIE ihm nicht glaubte.
9
SIE stand hinter ihm, während er das Geschehen auf dem großen Sichtschirm betrachtete und zusah, wie Tamara ihren Gefangenen mit gezogener Waffe vor sich her trieb. Die Frau hatte ein weißes Kleid aus einem schweren, wertvollen Stoff an, knielang, und ziemlich gewagt ausgeschnitten. Das blonde Haar war in Form einer Krone hochfrisiert – und in diesem Moment strahlte SIE tatsächlich alle Macht aus, die sie besaß. Wie eine Sonne, aber eine mit harter Strahlung.
»Wer ist das?« fragte sie gefährlich leise.
In Gedanken verglich McLane die beiden Frauen. Die, die hinter ihm stand und wie eine abstrakte Herrschergestalt wirkte – durchaus nicht unvorteilhaft, aber um eine winzige Spur zu überbetont –, und die Frau auf dem Schirm. Tamara, die entschlossen auf ein Ziel losging, das sie nicht kannte und von dem sie nicht wußte, ob sie es erreichen würde.
»Tamara Jagellovsk«, sagte er kurz.
»Sie unterstellen mir, daß mir der Name ein Begriff ist?« fragte
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