Kampf um Thardos (German Edition)
in einer derartigen Geschwindigkeit an ihnen vorbei, dass Sheree den Versuch, sie zu zählen, schon nach wenigen Augenblicken aufgab. Sie widerstand auch der Verlockung, ihr Tempo zu schätzen, aus Angst davor, der Wirklichkeit zu nahe zu kommen.
Die Gruppe erreichte das letzte Stockwerk binnen weniger Sekunden – das hieß, dass sie wirklich schnell gewesen waren. Sie marschierten hinter Jerie her und durchquerten einen völlig leeren Gang, der nach einer Biegung vor einer Doppeltür endete, die von zwei weiteren Wächtern bewacht wurde. Diesmal wurden sie allerdings nicht angehalten, sondern konnten ungehindert passieren. Die Flügeltüren schwangen nach innen auf und gaben den Anblick auf eine gewaltige Halle frei, in der man getrost zwei Baseballstadien hätte unterbringen können. Der Saal schien das gesamte obere Stockwerk einzunehmen und keinen Raum für weitere Zimmer zu lassen. An den holzvertäfelten Wänden hingen fackelartige Stäbe in altertümlichen, verzierten Halterungen. Doch es war kein natürliches Feuer, das auf den Fackelköpfen brannte. Sie sandten vielmehr ein sanftes, farbiges, fluoreszierendes Leuchten aus, das an keine bekannte Lichtquelle erinnerte. Es wirkte auf seine Art magisch, aber auch wohltuend und erfrischend.
Ihre Schritte hallten auf dem blanken, spiegelnden Boden wider, als sie die Halle durchquerten und die Wunder betrachteten. Sämtliche freien Plätze an den Wänden wurden von kunstvoll angelegten, holografischen Gemälden verziert, die durch das mystische Fackellicht besonders betont wurden.
Insgesamt schienen nur zwei gewaltige Rundsäulen die Hallendecke zu stützen. Diese bestanden aus weißem, schimmerndem Marmor, in den man fantastische Figuren eingearbeitet hatte. Sheree vermutete, dass es sich um frühere Lebewesen des Planeten Thardos handelte. Zu sehen waren fischartige Tiere mit Stirnhörnern und Flügelflossen, die eine nackte Frau umtanzten, die von einem Wasserfall eingehüllt wurde.
Die Gruppe marschierte an den Säulen vorbei und gewahrte in der Mitte der Halle einen kleineren Springbrunnen, um den man eine Sitzgelegenheit aus Holz gebaut hatte. Auf dieser runden Bank saß ein Mann in einer blau-goldenen Tunika und ledernen Sandalen. Das Gewand wurde von einer Brosche an der rechten Schulter zusammengehalten, und um seine Hüfte hatte er eine dreifarbige Schärpe geschlungen, deren Farben mit fließenden Bewegungen ineinander übergingen und verschmolzen, sobald er sich selbst bewegte. Sheree schätzte den Mann auf Mitte vierzig. Er trug sein Haar kurz, und sein Gesicht war glatt und rein, ohne Spuren von Narben oder Falten. Die grauen Augen musterten die Ankömmlinge mit beunruhigendem Scharfsinn.
Jerie führte die PRIME -Agenten zu dem Brunnen und blieb genau vor dem Mann stehen. Sie verneigte sich vor ihm und deutete mit einer Hand auf die Terraner.
»At kie!«, raunte sie ihm in einer fremden Sprache zu.
Der Mann nickte und schloss für einen Augenblick die Augen.
Jerie nutzte den Moment und wandte sich zu den Menschen um. »Das ist Krisos, oberstes Mitglied des Rates von Karretangar. Er wird euch anhören und euren Wünschen entsprechen, sofern er es in Erwägung zieht.«
»In Erwägung zieht«, murrte Shaw, die Worte Jeries in äußerst sarkastischem Tonfall nachäffend. »Wir verlieren kostbare Zeit.«
In diesem Moment schlug Krisos die Lider auf und sah den Lieutenant Colonel mit einem amüsierten Blick an. »Zeit kann ich Ihnen verschaffen.«
Shaw zog eine Braue hoch, doch der Fremde schien nicht zu einer Erklärung bereit zu sein. Stattdessen wandte er sich auf der Bank um und tauchte eine Hand in das sprudelnde Wasser des Brunnens ein. Ein hoher Ton erklang und erfüllte den gesamten Saal mit einem melodiösen Hall. Nur einen Lidschlag darauf materialisierte aus dem Nichts ein weiterer Mann in weißer Robe, der in seinen Händen den Stab der Wächter hielt. Wie zuvor, so unterschied sich der Prozess des Erscheinens völlig von der Teleportation der Archalaya. Der Mann war nicht einfach da, sondern manifestierte sich aus einer vorangegangenen Silhouette heraus, die zunächst geisterhaft wirkte und innerhalb einer Sekunde feste Formen annahm.
Krisos winkte den Mann zu sich heran und sprach mit ihm in der fremden Sprache, die der automatische Übersetzer der Terraner aus irgendeinem Grund nicht verarbeitete. Wahrscheinlich handelte es sich dabei um eine neuere Form des Thardischen. Der Translator arbeitete noch immer nach der Dechiffrierung
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