Kampf um Thardos (German Edition)
den Brunnen und somit um Krisos angeordnet waren. Der Ratsherr machte eine einladende Geste in Richtung der Sitzgelegenheiten, der niemand widersprechen wollte oder konnte.
Noch immer war der Saal von feinen musikalischen Schwingungen durchdrungen, und die Terraner glaubten gar, leise Stimmen engelsgleich singen zu hören. Als sie sich auf die Schemel niedergelassen hatten, materialisierten in ihren Händen metallene Becher, die eine meerblaue Flüssigkeit enthielten.
Ohne zu zögern, hob Sheree den Becher an die Lippen und kostete von dem erfrischenden, limonadenähnlichen Getränk. Als sie verzückt die Augen schloss und genießend den Kopf nach hinten legte, taten ihre Begleiter es ihr gleich und tranken ebenfalls.
»Lange Zeit hielten wir uns im Verborgenen«, sprach Krisos leise und faltete die Hände in seinem Schoß. »Die Umstände machten es nicht erforderlich, in der Öffentlichkeit zu agieren.«
»Man hat Sie von Ihrer Welt vertrieben«, wandte Sheree ein. »Und diese Frau«, sie zeigte auf Jerie, »sandte nicht umsonst das Notrufsignal. Sie waren auf Rache aus für das Unrecht, das man Ihnen angetan hat.«
Krisos schürzte die Lippen. Seine Augen trafen kurz Jeries Blick, dann sah er Sheree nachdenklich an. »Sie haben recht. In der Stunde unserer größten Not, als uns die Archalaya hintergingen und auslöschen wollten, waren wir von Rachegedanken besessen. Doch die Zeit änderte alles. Als es uns nach hundert Jahren in unseren Verstecken auf Thardos gelungen war, hierher zu finden und eine neue Heimat zu schaffen, schwand unsere Rachsucht allmählich. Die Leute aus der Zeit der Invasion lebten zu diesem Zeitpunkt kaum mehr, und die neue Generation hatte nie Kontakt zu den Invasoren und ihren Nachfolgern. Wir wussten nur, dass dort draußen Gefahr und Tod lauerten, etwas, dem wir entrinnen mussten. Unsere Wissenschaftler lernten von der Technologie dreier fremder Völker und schafften es, neue Erkenntnisse zu gewinnen, die uns mächtiger machten als Morener, Archalaya und Drocus Kamai zusammen. Aber wir konzentrierten uns nicht auf Vergeltung für die Taten der Vergangenheit, sondern fanden unseren Weg hierher, in die neue Heimat.«
Den Rest kannten die Menschen bereits im Großen und Ganzen von Jerie. Die Thardier bauten auf dem äußersten Planeten innerhalb von vier Jahrhunderten eine neue Zivilisation auf, in der sie unbeschwert und sorglos lebten, ungeachtet der Dinge, die auf Thardos vor sich gingen. Man hatte hier das optimale Versteck und den besten Lebensraum gefunden, den man sich denken konnte. Zudem betrachteten die Thardier die Invasoren nicht mehr als Gefahr und ließen sie auf Thardos schalten und walten, wie sie wollten. Dem Entschluss kam zugute, dass sich die drei fremden Völker nur in ihrer Anfangsphase bekriegten. Schon bald schlossen sie Waffenstillstand und teilten den gesamten Planeten in drei Distrikte auf, in dem jede Partei nach dem begehrten Reamadin suchte. Es gab keine kriegerischen Handlungen mehr untereinander, ein Umstand, den die Thardier nur begrüßten. Erst mit dem Erscheinen der Terraner waren die Kampfhandlungen neu entfacht und der Krieg wiederbelebt worden.
Krisos legte den Kopf schief und musterte die Menschen einen nach dem anderen. Er machte sie nicht für ihr Hiersein und die Konsequenzen verantwortlich, schließlich waren sie, wie damals die Morener und Drocus Kamai auch, dem alten Notruf von Jerie gefolgt, um zu helfen. Und sie hatten bewiesen, dass sie nicht die gleiche Raffgier wie die anderen Rassen besaßen.
»Na schön«, sagte der Ratsherr nach einer langen Pause, »ich werde mich mit dem Hohen Rat von Karretangar besprechen und für eine Beendigung des Krieges plädieren. Aber versprechen Sie sich nicht zu viel davon. Auch als Oberster Ratsherr habe ich nur eine Stimme, die leicht von der Mehrheit überboten werden kann. Nutzen Sie Ihre freie Zeit, um sich die Stadt ein wenig anzusehen. Jerie wird Ihnen alles zeigen.«
Krisos erhob sich von der Rundbank am Springbrunnen. »Und seien Sie versichert, dass in der Zwischenzeit keine Todesfälle unter den zerstrittenen Parteien zu verzeichnen sein werden. Sämtliche Kampfverbände sind momentan ohne Waffen und Energie!« Mit diesen Worten und einem wissenden Lächeln auf den Lippen verblasste sein Körper zu einer schemenhaften Silhouette und war schließlich verschwunden.
Zurück blieben die staunenden Gesichter von Sheree und ihren Leuten, doch ehe sie weitere Zeit mit Nachdenken und Sorgen
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