Kampf um Thardos (German Edition)
MSC-Staffeln auswerteten, hatten für reichlich abgestandene Luft gesorgt. Als Lance Calhern den Raum betrat, schlug ihm eine Dunstwolke entgegen, die ihn zum Husten reizte. Verbrauchter Sauerstoff und der blaue Dunst von einigen Zigaretten und Zigarren hingen wie ein feiner Nebelschleier über den Haloscheinwerfern. Es roch muffig und nach Schweiß.
Captain Coventry befand sich am Kopf des Konferenztisches über einen Datenschirm gebeugt. Sie sah auf und winkte Lance zu sich, als sie ihn bemerkte. Lance blickte sich nach Parr um, denn sie war momentan das Letzte, was er gebrauchen konnte. Nach dem Sex mit Lynn O’Hare waren seine Gedanken wie aufgewühlt und verwirrt. Bis zum Höhepunkt hatte er nicht die Pilotin, sondern die fremde Schönheit unter sich gehabt. So viel konnte er nicht getrunken haben. Und so sehr musste er nicht an jemand anderen denken. Lynn war hübsch, es gab keinen Grund, sich von ihr abzulenken – zumal noch mit dem Bild einer Frau, die Lance überhaupt nicht kannte. Er hatte mit Lynn nicht darüber gesprochen. Direkt nachdem er sich aus ihr zurückgezogen hatte, hatte er sich wortlos angezogen und war förmlich aus ihrem Quartier geflohen. Lance fand keinen Schlaf. Immer wieder kehrte das Bild der Fremden in seine Gedanken zurück. Verzweifelt grübelte er darüber nach, ob er sie nicht doch irgendwann einmal in seinem Leben gesehen haben könnte … aber selbst wenn, warum erschien ihr Gesicht ausgerechnet jetzt in seinen Gedanken? Wenn es allein ihr Gesicht gewesen wäre! Er sah und spürte noch deutlich ihren Körper unter sich, als hätte er sie nicht nur irgendwann gesehen, sondern sie näher kennengelernt.
Lance trat an Coventrys Seite und zwang sich, seine Aufmerksamkeit auf andere Dinge zu richten. Er sah auf eine holografische Projektion, die die Oberfläche von Thardos in dreidimensionaler Perspektive wiedergab. Einige Stellen waren mit Hololichtpunkten versehen, und im Orbit kreisten mehrere Schiffsformationen. Die Objekte waren auf der Darstellung winzig, aber unglaublich detailgenau.
Lance beugte sich über das Hologramm und vermochte aus den Objekten, die verschiedenen Bauweisen zu erkennen: Kollektorraumer und Prismenschiffe.
Coventry schaute Lance von der Seite her an. »So schmerzlich der Verlust unserer Leute auch ist«, sagte sie, »haben wir doch einen kleinen Sieg davongetragen.«
Lance blickte die Kommandantin fragend an. Als er nicht auf ihre Worte reagierte, fuhr sie fort: »Durch den Überflug und das Sammeln von Informationen aus den Datenspeichern der Boje sind wir einen großen Schritt nach vorn gekommen. Ich habe bereits einen umfassenden Bericht an die Gaia übermittelt.«
»Werden wir darüber informiert?«
Coventry nickte. »Ja, die Daten sind in frei zugänglichen Verzeichnissen der Einsatzoffiziere verfügbar, aber wir werden keine Konferenz einberufen, wenn Sie das meinen.«
Lance deutete auf das Hologramm des Planeten. »Ich bin nicht unbedingt der Fan vom Lesen seitenlanger Dossiers, Captain.«
Ein Lächeln huschte über Marina Coventrys Gesicht. Sie blickte ihn amüsiert an. »Also schön, wenn Sie schon mal hier sind, Calhern. Soviel wir herausgefunden haben, befinden sich tatsächlich drei fremde Rassen auf Thardos. Von den eigentlichen Thardiern haben wir noch immer keine Spur gefunden. Zwei der Invasoren benutzen Raumschiffe. Die MSC-Staffeln haben nur die Kollektorschiffe und die Prismengebilde ausgemacht, keine dritte Formation. Wir wissen also nicht, wie die dritte Partei Thardos erreicht hat.«
»Vielleicht sind sie mit einem Schiff gestrandet«, vermutete Lance, »oder ihre Flotte, wenn sie je eine besessen haben, ist von den anderen vernichtet worden, und nun sitzen sie dort unten fest.«
»Möglich«, stimmte Coventry zu. »Aber wir sollten uns da noch nicht festlegen. Nach den Aufnahmen finden sich auf Thardos zahlreiche Landschaftsvarianten und Klimazonen. Wiesenfelder, Wälder, Gebirgsketten, Ozeane, Eis- und Sandwüsten. Und auch Städte. Die drei Invasoren haben den Planeten in drei Zonen eingeteilt, offenbar, um sich nicht gegenseitig in die Quere zu kommen. Daraus schließe ich, dass sie einen Waffenstillstand vereinbart haben.«
»Den wir jetzt gebrochen haben«, sagte Lance leise.
Captain Coventry nickte. »Zweifelsohne. Seit wir hier sind, sind nur wir in Kampfhandlungen verwickelt worden. Was immer diese drei Parteien da unten suchen – vorausgesetzt, sie suchen etwas –, sie wollen offenbar keinem weiteren
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