Kampf um Thardos (German Edition)
bevor die Fremden es vernichteten. Von den gewaltigen Türmen, die die Spitzen eines gleichseitigen Dreiecks gebildet hatten, war nicht mehr viel übrig geblieben. Zwei der Türme waren bis auf zehn Stockwerke dem Erdboden gleichgemacht worden, und der dritte hatte zwar nur die obersten fünfzehn Etagen von dreihundert eingebüßt, doch er war vollständig ausgebrannt. Nur noch ein Gerippe aus geschmolzenen Stahlträgern, das beim nächsten Sturm einfach einstürzen würde.
Tränen stiegen Jerie beim Anblick des zerstörten Bauwerks in die Augen. Es hatte den gesamten Stolz und das Können ihres Volkes repräsentiert, nun war es tot, so tot, wie sie bald sein würde. Vor den gefallenen Wolkenkratzern türmte sich eine schier unüberwindbare Barriere auf: eine riesige Geröllhalde aus Beton, Stahlträgern und Drahtgeflechten – Überreste der vernichteten Gebäude.
Jerie presste die Lippen zusammen und sah sich ein letztes Mal nach allen Seiten um, ehe sie den entscheidenden Schritt auf die Drillingstürme zu machte. Nach wenigen Metern stolperte sie fast über eine Leiche. Es war einer der Fremden, der in seltsam verkrümmter Haltung auf dem Boden in einer Lache aus geronnenem Blut lag. Jerie blieb neben ihm stehen, bückte sich und schloss seine Augenlider.
Wie menschlich sie doch sind , dachte sie. Überhaupt nicht von uns zu unterscheiden. Sie hatte immer geglaubt, dass Bewohner von anderen Planeten fremdartig, eben anders aussehen mussten als Menschen. Doch diese hier bewiesen das Gegenteil. Es gab auf anderen Welten Menschen überaus ähnliche Rassen.
Jerie nahm die Strahlenpistole des Fremden an sich, stellte aber fest, dass die Drähte, die zur Ladebatterie an seinem Gürtel führten, durchtrennt waren. Um sicherzugehen, dass die Waffe wirklich nutzlos war, richtete sie sie gen Himmel und betätigte den Abzug. Nichts geschah. Seufzend ließ sie das wertlose Stück einfach fallen und ging weiter. Sie brauchte knapp eine Stunde, um die Formation der Türme einmal zu umrunden und einen einigermaßen begehbaren Durchgang durch den Trümmerhaufen zu finden. Ächzend arbeitete sie sich durch das Geröll und schaffte es tatsächlich, das Innere eines der drei Türme zu erreichen. Es handelte sich dabei um einen der beiden, deren Stockwerke bis auf ein Minimum reduziert worden waren. Aber es spielte für Jerie kaum eine Rolle, in welchem der Türme sie sich befand, denn alle drei waren unterirdisch durch Tunnel miteinander verbunden.
Das Foyer des Gebäudes sah noch schlimmer aus, als Jerie vermutet hatte. Hier stand kaum noch ein Stein auf dem anderen. Überall lagen Glas und demoliertes Mobiliar. Die Decke war teilweise eingestürzt. Lose Kabelenden hingen aus Wänden und Decken. Jerie überprüfte kurz die Fahrstühle und bestätigte damit ihre Vermutung, dass sie nicht mehr in Betrieb waren. Die meisten Kabinen der zwölf Aufzüge waren vollkommen zerstört, das gesamte Gebäude ohne Elektrizität.
Jerie wusste, dass es einen Notabstieg gab. Sie kämpfte sich durch den Wirrwarr aus unzähligen Kabeln, umgeworfenen Möbeln, aufgerissenen Bodenplatten und Bruchstücken aus Beton zu einer kleinen Tür hinter dem Pult des Nachtwächters hindurch. Sie brauchte zwei Anläufe, um die Tür aufzustoßen, und prellte sich dabei die Schulter. Die Kammer dahinter war kaum größer als eine Telefonzelle, und sie endete an einer zweiten Tür, die nicht versperrt war. Jerie öffnete sie und trat in das nach unten führende Treppenhaus. Es bestand aus einem engen Flur mit einer schmalen Treppe. Eine Einrichtung für Notfälle, falls das Haupttreppenhaus nicht mehr zugänglich war. Jerie taumelte die schmalen Stufen hinunter und erreichte nach einigen Minuten einen Korridor, in den auch die Nottreppen der beiden anderen Türme führten.
Am Ende des Ganges befand sich ein Aufzug. Den Kontrollleuchten zufolge schien dieser von einem Notstromaggregat versorgt zu werden und noch in Betrieb zu sein. Aufatmend blieb Jerie vor der Tür stehen und studierte die Kontrolltafel. Wenn man den Zugangscode in der Zwischenzeit nicht geändert hatte, sollte es ihr möglich sein, den Lift zu benutzen. Immerhin hatte sie jahrelang in diesem Gebäude gearbeitet, bevor die Eindringlinge ihre Welt heimsuchten. Hastig flogen ihre Finger über die Tastatur und gaben die Zahlenkombination ein. Als sie die Bestätigungstaste drückte, geschah im ersten Moment nichts, und Jerie befürchtete schon, die Armaturen wären vom Angriff nicht verschont
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