Kanada
Müllhalden geworden: verrostete, ausgebrannte Autokadaver, Haushaltsgeräteschrott, Schränke und zerbrochene Spiegel und Arzneiflaschen und Dreiräder und Radiowecker und Bettgestelle und Bügelbretter und Babykörbe und Bettpfannen, alles halb begraben und verlassen. Am südlichen Rand der Stadt, auf gleicher Höhe mit den Feldern und den Ölweiden, hatte es früher eine Obstplantage gegeben, vermutlich Äpfel, ebenfalls verwildert. Die vertrockneten Stämme waren Stück um Stück aufeinandergestapelt, als hätte sie jemand verbrennen oder als Feuerholz lagern wollen und dann vergessen. Dort entdeckte ich auch die demontierten, verrosteten Überreste eines Jahrmarkts – rote Stühle mit Maschendrahtgeflecht von der Berg-und-Tal-Bahn, die Drahtkapsel vom Skyrider, drei Autoscooter-Autos und eine Riesenradgondel, alles lag demoliert herum, zusammen mit aufgerollten schweren Ketten und Flaschenzügen, tief im Gestrüpp, und daneben prangte ein Eintrittskartenhäuschen aus ehemals leuchtend grün- und rotgestrichenem Holz, in dem noch die gelben Kartenrollen zu erkennen waren. Einen Friedhof konnte ich nicht entdecken.
Kurz interessierte ich mich für zwei weiße, seitlich von der Sonne angestrahlte Bienenstöcke, die feierlich mitten in den Quecken hinter der Baumlinie standen. Ich vermutete, dass sie Charley gehörten und er sie früher mal betrieben hatte. Aber Bienen waren in den Stöcken, die auf Backsteinsockeln standen und denen die imposanten Flachdächer fehlten, keine mehr. Die Verbindungen zwischen den Holzwänden hatten sich gelockert, von unten fing es an zu faulen. Der dünne Anstrich war verwittert und wies Risse auf, die Wabenrahmen (davon verstand ich mittlerweile einiges) lagen neben einem Paar verschimmelter Arbeitshandschuhe im Unkraut. Grashüpfer summten durch die staubige Luft ringsum.
Etwa hundert Meter weiter auf dem Feld, jenseits eines ausgetrockneten Weihers, untersuchte ich die einsam herumstehende Ölpumpe, deren Motorsummen den luftigen Nachmittag erfüllte und die beim Hoch- und Niederkurbeln einen stechenden Treibstoffgeruch verströmte; der harte, gewölbte Erdboden war schwarz, gesättigt von herausgepumptem und wieder versickertem Öl. Die genaue Funktion der großen, weißgesichtigen Messgeräte, die am Motorenmechanismus hingen, war mir unbekannt. An einem Tag hatte ich, aus der sicheren Entfernung meines Schuppens, einen einzelnen Mann gesehen, der in einem Pickup durch die Straßenruinen und weiter bis zur Ölpumpe fuhr. Er stieg aus und werkelte herum, las die Messgeräte ab, inspizierte diverse bewegliche Teile und schrieb etwas auf einen Block. Dann fuhr er Richtung Leader davon und kam (meines Wissens) nie wieder.
An anderen Tagen schlenderte ich nur zu der kleinen Reihe Geschäfte, die einst am Highway floriert hatten, gegenüber vom Silo und den Bahngleisen der Canadian Pacific. Oft hörte ich aus meinem Bett spätnachts Güterzüge, deren große Diesellokomotiven losstampften und aufheulten, mit quietschender Federung und protestierenden Bremsen und Schwellen. Es hörte sich ziemlich ähnlich an wie in meinem Schlafzimmer in Great Falls. In Partreau hielt kein Zug. Das Silo war schon lange geleert. Manchmal aber wurde ich mit einem Ruck wach und trat ins eisige, mondhelle Dunkel hinaus, barfuß und in Unterhosen, in der Hoffnung, ich würde vielleicht das Nordlicht sehen, das mein Vater erwähnt, ich aber in Great Falls nie entdeckt hatte – und in Partreau schließlich auch nie sah. Die bulligen Schatten der Getreidewaggons, der Tankwaggons und der offenen Güterwagen schaukelten und holperten vor sich hin, die Bremsen sprühten Funken, mit gedämpften Scheinwerfern und gelbem Widerschein aus dem Dienstwagen. Oft stand ein Mann auf der hinteren Plattform – ähnlich wie die Politiker, die ich von Fotos kannte, energische Reden vor großen Menschenmengen haltend – und starrte in die Stille, die sich hinter ihm wieder schloss, mit teilweise von den roten Rücklichtern beleuchtetem Gesicht, ohne zu ahnen, dass ihn jemand beobachtete.
Doch wenn ich das Miniatur-Geschäftsviertel betrachtete – eine leere Bank im Taschenformat, ein Freimaurergebäude aus Bruchstein von 1909, das Schuhgeschäft Atlas, in dem noch einzelne Schuhe herumlagen, eine düstere Billardkneipe, eine Tankstelle mit rostigen, oben verglasten Benzinpumpen, ein Versicherungsbüro, ein Kosmetiksalon mit zwei silbernen Haartrocknern, die umgestürzt und zerbrochen waren, überall lagen Backsteine
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