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Kanaken-Gandhi

Kanaken-Gandhi

Titel: Kanaken-Gandhi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Osman Engin
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müssen uns beeilen, ich will mich nicht verspäten.«
    »Aber, Herr Engin, in Ihrem Zustand wollen Sie wirklich arbeiten gehen?«
    »Bitte, Frau Tanja, ich muss da wirklich hin!«
    »Na gut, Herr Engin, Sie müssen wissen, was Sie tun.«
    Von weitem sehe ich schon meinen Ford-Transit, als wir in Receps Straße einbiegen.
    »Frau Tanja, ich danke Ihnen für alles, was Sie für mich getan haben, aber den Rest muss ich alleine machen.« Ohne ihre Antwort abzuwarten, steige ich in meinen Kleinbus und fahre los.
    Auf dem Weg zur Reinigungsfirma halte ich kurz bei einer Tankstelle an und fülle drei große Colaflaschen mit Benzin. Im Nachhinein stellt es sich als Glück heraus, dass ich mal meinen linksradikalen Sohn Mehmet überrascht habe, wie er Molotowcocktails für Demos bastelte. Arbeitsamt-Necmeddin hatte mir den Weg zu der Reinigungsfirma genau beschrieben.
    Ich parke vor dem Gebäude und verstecke die selbstgemachten Molotowcocktails in meiner Arbeitstasche. Sieben Männer sitzen bereits in einem grauen Mercedes-Bus und warten auf die Abfahrt zum Kernkraftwerk.
    »Mahlzeit, Kollegen«, grüße ich und setze mich ganz hinten in die Ecke.
    In sieben verschiedenen Sprachen der Welt wird zurück genuschelt. Auch wenn ich kein Wort verstehe, an den übelgelaunten Gesichtern sehe ich, dass mindestens die Hälfte der Zurufe eher Schimpfworte waren. Als wenn ich daran Schuld wäre, dass sie unter diesen Umständen arbeiten müssen.
    Eigentlich könnten die sich jetzt schon bei mir bedanken, dass ich sie von diesem Job bald erlösen werde. Als letzter steigt der Meister, Vorarbeiter oder sonst jemand, der gla ubt was ganz Wichtiges zu sein, auf den Beifahrersitz. Der ist jedenfalls noch mieser drauf als alle anderen zusammen.

    »Los, fahr schon los, du Penner«, mault er den Fahrer an. Zehn Minuten später sind wir auf der Autobahn, und nach einer Dreiviertelstunde biegen wir auf eine Landstraße ab. Auf dem Land überholen wir ein paar Traktoren und fahren dann rechts rein. Der Bus bleibt vor einer Straßenschranke stehen, für die unser Wichtigtuer aber den passenden Schlüssel hat. Bei der Hitze und zehn Leuten im Wagen komme ich mir wie in der Männersauna vor. Wegen der holprigen Landstraße habe ich wirklich Angst, dass meine selbstgebastelten Molotowcocktails vorzeitig hochgehen. Endlich kommen wir bei dem Kernkraftwerk an.
    »Los, steigt aus, in zehn Minuten ist Schichtwechsel, bis dahin müsst ihr fertig sein«, schreit unser Anführer. »Kommt mit, da drüben bekommt ihr eure Arbeitskleidung.«
    Ich schnappe meine Arbeitstasche und laufe zu der Baracke.
    »Hey, du, lass die Tasche im Auto stehen. Deine Butterbrote kannst du dir in der Pause holen«, brüllt mich der Wichtigtuer von hinten an. »Noch nicht mal umgezogen und denkt schon ans Pausemachen. Los, los, es wird Zeit! Da drüben bekommt ihr eure Arbeitskleidung, und in dem Bauwagen hier vorne könnt ihr euch umziehen. Danach meldet ihr euch beim
    Werkzeugmeister bei der Materialausgabe.«
    Wie im Knast bekommt auch hier jeder die gleichen Sachen, aber zum Glück ohne dass einem vorher in den Hintern geguckt wird.
    »Nimm den Turban ab, einen so großen Helm haben wir nicht!« meint unser Vorarbeiter zu mir, als ich den Werkzeugcontainer betrete.
    »Ach, Quatsch, Harry, der braucht keinen Helm«, meint der Magazinbulle, »was der da auf dem Kopf hat, reicht als Arbeitsschutz völlig aus.«
    »Mann, stell dich nicht so an, gib dem armen Kerl doch einen anständigen Helm. Du siehst doch, wie fertig der ist. Du bist so geizig mit dem Zeug, als würden die Sachen dir gehören.«
    »Deswegen bin ich auch hier der Werkzeugmeister und nicht du. Wenn ich in dem Laden nicht aufpassen würde, dann hätte ich morgen nicht mal einen einzigen Nagel hier.« Wichtigtuer Nummer eins knallt dem Wichtigtuer Nummer zwei die Blechtüre vor der Nase zu und lässt mich mit dem Magazinbullen alleine. Ich werde mich heute wohl mit meinem Turban als Sicherheitshelm begnügen müssen. Um als Arbeitswilliger einen guten Eindruck zu machen, schnappe ich mir den dicken Putzlappen, der auf dem Tresen liegt.
    »Hab’ ich es nicht gerade eben noch gesagt? Wenn ich nicht aufpasse, wird hier alles geklaut. Lass den Putzlappen liegen, davon habe ich nur noch drei Stück.«
    »Aber ich muss doch hier im Kraftwerk was putzen, dafür brauche ich den doch«, sage ich.
    Ohne ein Wort zu sagen, knallt er mir einen schweren Presslufthammer auf den Tresen. Mit einem extra langen Meißel.
    »Das

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