Kanaken-Gandhi
Zitrone reingebissen.
»Für mich riecht hier alles wie in einem Rosengarten. Sie wissen ja gar nicht, wie es in meiner Zelle stinkt.«
»Hier hast du deine Wertsachen wieder«, sagt der Chefportier vom Gefängnis, »dafür musst du hier unterschreiben. Bevor wir dich rauslassen, musst du aber auch noch diesen Zettel unterschreiben: deine freiwillige Abschiebeerklärung!«
»Ich habe la nge genug Zeit gehabt, darüber nachzudenken.
Geben Sie her, ich unterschreibe heute alles.«
»Ja, dann haben wir hier noch dieses Schuldanerkenntnis liegen, dass du deine Verletzungen selbst verschuldet hast, weil du dich ja auf den offenen Ventilator geschmissen hast, wegen der unerträglichen Hitze.«
»Aber, Herr Engin, stimmt das denn wirklich? Es war doch gar nicht so heiß!« fragt Frau Tanja verständnislos.
»Das ist kein Problem, auch damit bin ich einverstanden. Ich unterschreibe heute alles, wenn man mic h hier nur rauslässt.
Wenn die wollen, bestätige ich sogar, dass der Wärter hier mein leiblicher Sohn ist«, flüstere ich Frau Tanja zu. »Sie haben recht, es war der Ventilator«, sage ich zu dem Vorposten, »außerdem habe ich mich mehrmals die Treppe runterfallen lassen und mich in meiner Zelle mit den Ratten rumgeprügelt.«
»Abschließend möchte ich Sie bitten, diesen Betrag umgehend an die Landeskasse zu überweisen«, sagt der Beamte. »Das sind die Reparaturkosten für den beschädigten Ventilator.«
»Aber gerne«, sage ich, »eigentlich sollte ich auch für die Verschleißkosten der an meinem Körper abgenutzten Schlagstöcke aufkommen.«
Der Wärter sortiert sorgfältig seine verschiedenen Schlüssel und tut so, als hätte er nichts gehört. Nachdem ich unterschrieben habe, verlassen wir zu dritt den Bürocontainer und gehen zum großen Eingangstor. Ich hoffe, dass die dicken Eisentüren zum letzten Mal meinetwegen auf- und abgeschlossen werden.
Endlich wieder frei! Endlich wieder unter Menschen! Nach drei Tagen Haft komme ich mir wie Nelson Mandela vor! Und küsse, wie der Papst, den Bürgersteig vor dem Gefängnis.
»Frau Tanja, ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen danken soll.
Wie haben Sie es bloß geschafft, mich hier rauszubekommen?
Die hätten mich hier im Gefängnis verschimmeln lassen, egal ob ich was unterschreibe oder nicht.«
»Das war ganz schön schwierig, Herr Engin. Seit Freitagmorgen war ich pausenlos im Einsatz. Ich war beim Polizeipräsidenten, dem Leiter des Ausländeramtes und dem Landesminister für Inneres. »
Nach ein paar Metern sind wir bei ihrem kleinen Flitzer angekommen.
»Ihre Frau wollte auf keinen Fall mitkommen, sie hatte Angst, dass man sie gleich mit einsperrt.«
»Ich muss zugeben, sie hat schon immer die richtigen Entscheidungen getroffen. Auuaa, Frau Tanja, bitte fahren Sie langsamer. Mit meinen kaputten Knochen fühle ich mich in Ihrem kleinen Auto wie in der Folterkammer.«
»Dazu wollte ich noch kommen, Herr Erigin. Diese Mistkerle haben Sie doch sicherlich so entstellt, nicht wahr? Das glaubt doch kein Kind, dass das ein Ventilator war.«
»Sie haben Recht, Frau Tanja. Ich bin zweimal von einem Polizisten, der Rudolf heißt, misshandelt worden.«
»Aber wieso, um Gottes Willen?«
»Damit ich mich freiwillig abschieben lasse!«
»Deswegen haben Sie das Papier vorhin unterschrieben?«
»Was hätte ich sonst machen sollen? Man hat mir doch keine andere Wahl gelassen. Mit Sturheit wäre ich niemals aus dem Knast wieder rausgekommen. Aber gerissen, wie ich bin, habe ich alle Papiere mit Mehmets Namen unterschrieben.«
»Herr Engin, hier vorne wohnt ein Freund von mir. Ich fahre Sie jetzt zu seiner Praxis, und dort lassen Sie sich Ihre Misshandlungen von ihm dokumentieren. »
»Frau Tanja, was soll das bringen? Ich habe doch eben erst bestätigt, dass ich mir die Verletzungen alle selbst zugefügt habe.«
»Aber ein Arzt kann sicherlich beweisen, dass Ihre Verletzungen nicht unfallbedingt sind, sondern von Polizisten verursacht wurden. Ich will ein Schriftstück gegen diese Mistkerle in der Hand haben. Einmal muss Schluss damit sein, dass hier unschuldige Menschen gefoltert werden.«
»Also wenn Sie mich fragen...«
»Lassen Sie mich mal machen, Herr Engin. Da vorne ist schon das Haus. Dieser Tierarzt arbeitet schon lange mit unserem Bauernverband zusammen!«
»Was, ein Tierarzt?«
»Glauben Sie mir, Herr Engin, der Arzt ist wirklich gut. Der kann genau attestieren, woher Ihre Verletzungen stammen.
Außerdem ist er auch entschiedener
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