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Kanaken-Gandhi

Kanaken-Gandhi

Titel: Kanaken-Gandhi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Osman Engin
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mir mit zittriger Hand den Schweiß von der Stirn und frage mit bebender Stimme die Menschheit:
    »Jetzt sagen Sie mir ehrlich, junger Mann, wie fanden Sie denn meine Ansprache?«
    »Was ist los? Was soll ich finden?« fragt er verwirrt, während er eine riesige Metallkiste hinter sich herschleift.
    Die Menschheit ist auch nicht mehr das, was sie früher mal war. »Mann, meine Rede! Wie fandst du sie? Jetzt mal ehrlich!«
    »Du, Alter, tut mir echt leid, ey! Ich hab’ nichts gehört. Die Anlage habe ich schon vor einer halben Stunde ausgeschaltet.
    War bestimmt ganz toll, deine Rede. Aber kannst du damit jetzt draußen weitermachen?«

    Freitag, 22. Juni, 0:45 Uhr

    Weintrauben, Birnen, Preiselbeeren, Hagebutten, Kürbis, Bananen, Zwergbananen, EG-Zwergbananen - mir fällt nichts mehr ein! Frau, mach endlich die Tür auf!« Es passiert wieder nichts!
    Warum habe ich eigentlich immer noch keinen eigenen Haustürschlüssel! Im Cafehaus haben alle Männer meines Alters schon eigene Schlüssel. Die meisten jedenfalls. Die zweite Etage von Karnickelweg 7b gibt noch kein Lebenszeichen von sich. Bei Allah, wie soll ich mich nach all der Aufregung noch daran erinnern, was für ein dämliches Wort Eminanim sich als Chiffre ausgedacht hat? Ich habe doch schon alles aufgezählt, was unser Gemüsehändler Yusuf in seinem Laden hat. »Datteln und Rosinen«, brülle ich laut nach oben. Ich glaube, die beiden -
    Datteln und Rosinen - haben mir noch in meiner Sammlung gefehlt. Jetzt habe ich wirklich alle Obstsorten dieser Welt aufgezählt.
    Um diese Uhrzeit kann ich auch nicht mehr bei Oma Fischkopf klingeln, damit sie mich ins Haus lässt. Die geht spätestens bei Sonnenuntergang ins Bett.
    »Frau, du kennst doch meine Stimme. Ich weiß ganz genau, dass du hinter dem Vorhang stehst. Ich bin’s doch, Osman, dein süßer kleiner Osi! Oh, du bezauberndste Rose des Mittleren Orients. Oh, erhöre mein Flehen, ooh du mein Stern des Südens.
    Eminanim, glaub mir, für mich bist du die schönste Frau, die es jemals im Universum gegeben hat. Na gut, sagen wir auf der Erde, wir wollen ja ehrlich sein. Also gut, für Deutschland stimmt es wirklich. Aber mit Sicherheit bist du die schönste Frau vom ganzen Viertel. Vom Karnickelweg aber allemal.

    Glaubst du mir nicht? Also im Karnickelweg 7b bist du mit Abstand die schönste Frau. Nun gut, Eminanim, du musst zugeben, du siehst jedenfalls besser aus als Oma Fischkopf!«
    Nicht mal vor 33 Jahren, als ich um ihre Hand anhielt, musste ich soviel Süßholz raspeln. Aber ihre Reaktion ist haargenau die gleiche wie damals. Ich bekomme einen Eimer Wasser über den Kopf geschüttet und bin bis auf die Unterhose durchnässt. Als Zugabe hat sie mir den Eimer auch noch auf den Kopf geschmissen. Zum Glück hat man während der letzten 30 Jahre den Plastikeimer erfunden.
    »Halten Sie endlich das Maul, Herr Engin! Wissen Sie eigentlich, wie spät es ist? Ich will endlich meine Ruhe haben, sonst schütte ich noch einen Eimer Wasser herunter. Außerdem sehe ich viel besser aus, als Ihre Frau«, brüllt Oma Fischkopf aus dem dritten Stock herunter und knallt ihr Fenster scheppernd wieder zu.
    Verdammt, jetzt habe ich mir auch noch Oma Fischkopf zum Feind gemacht.
    »Eminanim, du blöde Kuh, schließ endlich auf, sonst werd’ ich zum Tier. Glaubst du, wenn die Polizei hier wäre, um euch abzuholen, die hätten sich die Mühe gemacht, sich als Osman zu tarnen und tausend Obstnamen aufgezählt? Die hätten einfach die Tür kaputt gemacht und euch wie gefährliche Terroristen an den Haaren aus der Wohnung gezerrt.«
    Mist, ich hätte nicht gedacht, dass mein Weib den Schwachsinn mit der Chiffre so ernst nimmt. Sonst hätte ich mir den Obstnamen bestimmt irgendwo notiert.
    »Frau, lass mich endlich ins Haus! Bei der ganzen Hektik und Enttäuschung heute Abend konnte ich mir das Geheimwort einfach nicht merken. Reicht es dir nicht, dass ich wenigstens weiß, dass es Obst war? Mach jetzt endlich auf, sonst trete ich die Tür ein. Ich habe keine Geduld mehr und dazu noch nasse Unterhosen. Du zwingst mich, zum Einbrecher zu werden! Dann werden die mich erst recht ausweisen.«
    »... «
    »Liebe Frau, du kannst dir gar nicht vorstellen, wie gut die Rede heute Abend angekommen ist. Mit derart viel Beifall hatte ich beim besten Willen nicht gerechnet. Ich habe den begeisterten Zuschauern natürlich berichtet, dass große Anteile dieser grandiosen Rede aus deiner Feder stammen. Im Grunde genommen, beinahe alles. Der

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