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Kanaken-Gandhi

Kanaken-Gandhi

Titel: Kanaken-Gandhi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Osman Engin
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große Saal vom Bürgerhaus wurde mit »Eminanim, Eminanim«-Jubelrufen in seinen Grundfesten erschüttert. Vom ganzen Saal bist du für den Friedens-Nobelpreis nominiert worden. Und ich glaube, der
    »Spiegel« und die »Super-Illu« widmen dir deswegen nächsten Montag auch ihre Titelstories«, versuche ich mich mit einer kleinen Notlüge bei meiner Frau einzuschleimen.
    »... «
    In Mehmets Zimmer geht plötzlich das Licht an, und er hält ein großes Stück Papier ans Fenster, auf dem »Gurke« steht.
    »Gurke! Eminanim, war es vielleicht »Gurke«?« rufe ich künstlich erleichtert, als wäre das Codewort mir gerade jetzt eingefallen. »Frau, ich hab’ die Lösung, es heißt mit absoluter Sicherheit »Gurke«!«
    »Du Idiot, Gurke ist doch kein Obst, sondern Gemüse«, flucht Eminanim aus dem zweiten Stock, »du kannst nicht mal Obst von Gemüse unterscheiden!«
    Oh, Mehmet, der verdammte Hundesohn hat mich schon wieder reingelegt.
    »Frau, das ist doch egal. Hauptsache ist, du hast endlich erkannt, dass ich hier unten stehe. Du hast gerade laut und deutlich »Idiot« zu mir gesagt. Also, lass mich endlich rein. Ich friere mich sonst zu Tode.«
    »Das geht leider nicht, Osman. Obwohl ich weiß, dass du der Idiot bist, der da draußen steht, kann ich dich nicht reinlassen.«

    »Warum denn nicht, verflucht noch mal?«
    »Aus Prinzip!«
    »Aus was?«
    »Aus Prinzip! Wir leben schließlich in Deutschland! Noch!«
    »...? «
    »Für einen Menschen, der keinerlei Prinzipien hat, wie du, ist das vielleicht nicht nachvollziehbar. Ich habe dir gesagt, ohne Codewort kommt hier garantiert niemand rein.«
    »Eminanim, wenn Frau Kottzmeyer-Göbelsherg von deiner Prinzipien-Rumreiterei wüsste, dann würde sie dich bestimmt nicht mit abschieben. Du bist ja engstirniger als ein deutscher Beamter! Jetzt lass mich endlich rein!«
    »Das geht nicht, Osman. Aber ich kann dir eine Wolldecke runterschmeißen, falls du im Ford-Transit schlafen willst.« Und jetzt steht in Mehmets Fenster geschrieben: »Ätsch, reingefallen!«
    In meiner Familie gibt es mehr Intrigen, Verleumdungen und Bösartigkeiten als im englischen Königshaus. Es ist grauenhaft: Nicht mal die Gefahr von außen kann meine Familie vereinen.
    Doch, doch, das ist hier genau so wie im englischen Königshaus, plus Bayern München, plus die Bundes-SPD. Eminanim ist die Königinmutter, Kaiserin Franz und Oskar Lafontaine in einer Person. Mehmet hat die Rolle von Lady Di, Uli Hoeneß und Gerhard Schröder.
    In diesem Moment geht in Hatices Zimmer auch das Licht an.
    Sie hält einen Zettel ans Fenster. Welch Glück, meine kleine Tochter hält immer noch zu mir!
    Schade, dass sie noch nicht Lesen und Schreiben kann. Sie hat was Kleines, Rundes gemalt.
    »Zitrone«, heißt Mehmets Kommentar zu Hatices Zeichnung.
    »Eminanim, ich hab’s jetzt endlich. Das Codewort ist »Zitrone«
    », schreie ich begeistert. Als Antwort wirft sie nur die Wolldecke auf die Straße.
    »Ätsch, schon wieder reingefallen! Gute Nacht im Auto«, hat Mehmet diesmal aufs Papier geschrieben.
    Er kann schreiben, was er will, das Papier ist geduldig; ich aber nicht! Ich suche einen dicken Stein und schmeiße ihn gegen Mehmets Fenster. Mit großem Geklirre geht die Scheibe zu Bruch.
    Hatice hat eine neue Zeichnung gebastelt. Was soll das denn schon wieder darstellen?!
    Ei? Eier sind doch kein Obst!
    »Hamster«, steht diesmal an Mehmets kaputtem Fenster.
    »»Hamster«, Eminanim, es ist ein »Hamster««, rufe ich siegessicher.
    »Osman, du Idiot, drehst du jetzt völlig durch? Seit wann macht man aus Hamstern Obstsalat?« schimpft Eminanim.
    »Du lernst es nie!« steht auf dem Papier, das Mehmet hochhält.
    »Kiwi, Kiwi, Herr Engin. Die Parole ist »Kiwi«. Ich will endlich meine Ruhe haben«, brüllt Oma Fischkopf aus dem dritten Stock.
    Widerwillig macht Eminanim langsam die Tür auf.
    »Osman, komm doch endlich rein. Du weckst mit deinem Geschrei noch die ganze Straße auf’.«
    »Sag mal, seid ihr alle wahnsinnig geworden? Was soll denn die ganze Schikane? Nicht ich will euch ausweisen, sondern ich werde von der Behörde abgeschoben! Eminanim, du warst ja eben schlimmer als die Grenzbeamten der Ex-DDR und Bulgariens zusammen. Mit dem ganzen Obst der Welt konnte ich bei dir nichts bewirken. Die Grenzer konnte man früher mit nur zwei Bananen bestechen. Die haben uns durchgelassen und darauf spekuliert, dass sie noch eine Banane abbekommen ...«
    »Osman, halt lieber die Klappe, bevor ich es mir

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