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Kanaken-Gandhi

Kanaken-Gandhi

Titel: Kanaken-Gandhi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Osman Engin
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zügellosen Gedanken.

    Freitag, 22. Juni, 7:10 Uhr

    »Mein Gott, Vater, was ist mit euch denn los? Wie seht ihr denn alle aus? Ist es nicht ein bisschen früh für einen Familienbesuch? Erzähl schon, was ist passiert?« Mit diesen Worten öffnet mein Erstgeborener Recep mit verschlafenen Augen seine Wohnungstür. Aber plötzlich ist er hellwach.
    »Kleinen Moment mal, was macht denn Opa Prizibilsky hier?«
    »Ich will für heute bei dir Asyl beantragen«, scherzt Opa Prizibilsky, schon früh am Morgen fit wie ein Turnschuh.
    »Los, kommt rein und setzt euch ins Wohnzimmer«, sagt Recep und geht torkelnd in seinem blaugestreiften Pyjama vorneweg. »Habt ihr etwa alle heute nacht von mir geträumt und besucht mich deshalb zu so früher Stunde?«
    »Ach, Recep, das wäre schön. Aber wir haben heute nacht alle kein Auge zugemacht.«
    »Was ist denn los? Was ist passiert?« kommt meine ostfriesische Schwiegertochter Helga ins Wohnzimmer, während sie ihren Morgenmantel zubindet.
    »Helga, meine Tochter, wir wollen im Moment nur ein Bett zum Schlafen«, jammert Eminanim, »das Ganze erzählen wir euch am besten dann ganz ausführ lich, wenn wir ein paar Stunden geschlafen haben.«
    »Ihr könnt das Bett in unserem Schlafzimmer haben«, meint Recep, »wir beide sind jetzt sowieso hellwach. Und Opa Prizibilsky bekommt Tanjas Couch im Gästezimmer.«
    »Ich könnte doch erzählen, was passiert ist«, meldet sich meine kleine Hatice, unser Little Buddha. »Ich habe überhaupt keine Lust zum Schlafen.«

    »Erzähl schon«, sagt Recep ganz neugierig.
    »Mehmets Freunde sind gestern Abend zu Besuch gekommen, die haben alle ganz lustige Haare. Die haben aus der Wohnung von Opa Prizibilsky ein Hallenbad gemacht. Und dann haben sie überall in der Wohnung Schubkarre gespielt. Die haben total laute Musik gespielt, und Mama hat dazu getanzt.«
    »Habt ihr nachträglich Papas Geburtstag gefeiert?« fragt Recep.
    »Nein, mein Sohn, diese Freunde von Mehmet haben unser Haus besetzt, um uns gegen die Abschiebepolizei zu verteidigen«, greift Eminanim ein.
    »Aber diese Besucher haben sich total daneben benommen«, ergänze ich.
    »Und es hat auch Spaß gemacht, wie wir heute aus dem Haus rausgekommen sind«, schreit Hatice fröhlich. »Nicht so langweilig wie sonst durch den Flur, sondern wir haben Gefängnisausbruch gespielt. Wir sind alle hintereinander aus dem Küchenfenster geklettert. Und dabei ist Mama dem Papa absichtlich auf den Kopf gesprungen. Papa wäre dabei fast krepiert, und Mehmets Freunde haben sich darüber kaputt gelacht ...
    »Das reicht jetzt Fräulein, du hältst jetzt die Klappe und gehst genauso schlafen wie wir alle«, wird sie von Eminanim unterbrochen.
    »Gut, du kannst uns ja später vormachen, wie verrückt Mutter getanzt und Vater plattgewalzt hat«, sagt Recep.
    »Was, Sie auch hier? Um diese Zeit, Herr Prizibilsky?« fragt auch Helga völlig überrascht.
    »Ich musste mitkommen«, stöhnt Opa Prizibilsky, »ich hatte sonst nur die Wahl zwischen diesen durchgedrehten Punkern, ein paar blutrünstigen Piranhas oder dieser grässlichen Oma Fischkopf. Entscheiden Sie selbst, was von den dreien das Schlimmste ist.«
    »Was haltet ihr davon, wenn wir alle zusammen erst mal frühstücken?« wechselt Recep das Thema.
    »Nein, nein, wir wollen alle nur noch schlafen, am besten sofort, nur noch schlafen!« entscheidet Eminanim wie immer für uns.
    In diesem Moment geht die Tür vom Gästezimmer auf und ein Engel betritt den Raum! Ein zauberhafter blonder Engel, mit einem zauberhaften schwarzen Leder-Minirock. Die schönste Frau Ostfrieslands! Ihr wundervolles Parfum verdreht mir den Verstand, als ob ihr Aussehen allein dafür nicht ausgereicht hätte!
    Ich glaube, Allah hat Frau Tanja nur erschaffen, um den endgültigen Beweis seiner Existenz anzutreten. Schlagartig bin ich hellwach, so als hätte ich die letzten zwölf Stunden wie ein Murmeltier geschlafen.
    »Haben Sie sich etwa so zurechtgemacht ins Bett gelegt?
    Wollten Sie für den Fall, dass Sie in Ihrem Traum heute nacht zu einer Party müssen, richtig aufgetakelt sein? Warum sonst tragen Sie morgens um halb acht Kriegsbemalung?« stichelt Eminanim reichlich eifersüchtig. Und das gar nicht mal so schlecht, wenn man bedenkt, dass sie ebenfalls die ganze Nacht kein Auge zuge macht hat.
    »Nein, nein, ich habe mich nur ganz kurz zurechtgemacht, ich wollte jetzt sowieso aufstehen«, zwitschert Frau Tanja wie ein goldgelber Kanarienvogel früh am Morgen.
    »In

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