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Kanaken-Gandhi

Kanaken-Gandhi

Titel: Kanaken-Gandhi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Osman Engin
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Stehen.«
    »Ich muss mich aber kurz zurechtmachen, Herr Engin.
    Inzwischen können Sie ja versuchen, etwas Bestechungsgeld aufzutreiben.«
    »Dafür plündere ich Receps Sparschwein! Bis Sie fertig sind, kann ich bestimmt ein kleines Nickerchen machen. Wecken Sie mich auf, wenn Sie soweit sind.«
    »Hallo, Halloo, Herr Engin, versuchen Sie mal wach zu werden! Wir müssen los zur Ausländerbehörde.«
    »Okay, okay, Frau Tanja, ich bin so gut wie wach.«
    »Haben Sie auch das Geld von Recep bekommen?«
    »Alles erledigt, wir können sofort los.«
    »Herr Engin, da vorne steht mein Wagen. Wollen Sie fahren, oder soll ic h fahren?«
    »Jetzt kann uns keiner mehr hören, Tanja, du kannst jetzt ruhig wieder Osman zu mir sagen. So schön hat noch nie jemand meinen Namen ausgesprochen.«

    »Osman, Osman, Osman!«
    »Tanja, Tanja, Tanja!«
    »Jetzt sag endlich, Osman, wer von uns soll fahren?«
    »Du fährst natürlich! Ich will jede Sekunde genießen.«
    »Dafür hast du später immer noch genug Zeit, Osman. Sobald wir in der Karibik sind. Ich hoffe du hast die Pässe und die Flugtickets nicht vergessen?«
    »Wie sollte ich, Tanja, wie sollte ich? Auf diesen Tag habe ich mein Leben lang gewartet, oooh du mein Ein und Alles!«
    »Also wirklich, Osman, das mit der Abschiebung war eine raffinierte Idee von dir. Wir beide können uns jetzt seelenruhig in die Karibik absetzen, und alle denken, du nagst in Indien am Hungertuch.«
    »Tanja, sag endlich wieder Osman, Osman, Osman zu mir! »
    »Osman, Osman, Osman!«
    »Tanja, Tanja, Tanja!«
    »Herr Engin, Herr Engin, Herr Engin!«
    »Aber du sollst doch Osman zu mir sagen.«
    »Herr Engin, stehen Sie doch auf! Ich bin bereits fertig.«
    »Was heißt, du bist bereits fertig, Tanja? Wir haben ja noch nicht mal angefangen.«
    »Jetzt wachen Sie endlich auf, Herr Engin, wir müssen zur Ausländerbehörde! Los, los, keine Müdigkeit vortäuschen!«
    »Äh. hmh, eh, da bin ich doch kurz eingenickt. Ich hatte einen so schönen Traum, Sie hätten mich ruhig etwas später wecken können. Aber was soll’s, Sie sind bereits fertig, dann können wir jetzt auch los.«
    Bei Allah, ich werde zum dritten Mal Zeuge der wundersamen Teilung des Roten Meeres. Im großen Wartesaal der Ausländerbehörde hört alles Gedränge schlagartig auf, und alle Sprachen der Welt verstummen urplötzlich. Ohne einen Mucks von sich zu geben, starren alle auf Frau Tanja. In ihrem Gefolge schaffe ich es problemlos, bis an die Bürotür von Frau Kottzmeyer-Göbelsberg vorzustoßen. Ehrlich gesagt, diese ostfriesische Blondine eignet sich mehr zum Propheten als ich.
    Sie hat alle Rassen und Nationalitäten der Welt unter ihrem Einfluss. Und ihr würden diese Menschen alles glauben, egal was sie ihnen erzählt. Und ich? Mich nimmt nicht mal Eminanim für voll. Und es wäre auch an der Zeit, dass mal eine Frau Prophet wird. Allein wegen der Frauenquote. Was für ein Wunder, heute traut sich das Rote Meer sogar, Frau Moses mit Komplimenten zu umschmeicheln. Man hört sozusagen das Plätschern und Säuseln des Meeres: »Geile Alte, nimm mich!«
    »Zertrete mich mit deinen hohen Hacken!«
    »Gestern Rot, heute Schwarz, dein Rock möchte ich sein!«
    Und das waren ausschließlich die Komplimente in türkischer Sprache. Von den Schmeicheleien auf Spanisch, Italienisch, Arabisch, Thailändisch, Bulgarisch, Albanisch, Slowenisch, Russisch, Afghanisch, Hebräisch, Polnisch, Haussa und allen anderen afrikanischen Dialekten ganz zu schweigen. Ohne irgend jemanden auch nur kurz anzuschauen stöckelt Frau Tanja mit ihrem eleganten Taschencomputer unter dem Arm freundlich lächelnd durch die Massen hindurch. Wunder auf Wunder, diesmal geht auch noch die Bürotür wie von selbst auf, gewissermaßen von Geisterhand.
    »Bitte, kommen Sie doch rein, gnädige Frau. Ich habe Sie gleich an der wunderschönen Melodie ihrer Plateau-Schuhe erkannt«, kreischt der Büroleiter mit dem gelben Pullover, der sich gleichzeitig bis zum Boden bückt. Sicherlich wegen der besseren Aussicht von dort unten. Schade, dass diese Männer nicht für meine Akte zuständig sind. Alles wäre so einfach gewesen. Statt dessen kann ich nur hoffen, dass diese Extrabehandlung Frau Kottzmeyer-Göbelsberg nicht zusätzlich verärgert hat. Aber sie tut so, als hätte sie uns gar nicht wahrgenommen. Und macht ungerührt weiter den armen, kleinen Afrikaner zur Sau, der vor ihr steht wie ein Schuljunge, der die Hausaufgaben nicht gemacht hat. »Mich interessiert das

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