Kanal-Zombies
ihren Lauf lassen. Alwin liebte sie auch so.
Ja, Alwin.
Als sie an ihn dachte, musste sie lächeln. Es war mehr ein verlorenes Lächeln, denn Alwin war irgendwie auch ein Windhund. Nicht, dass er sie mit anderen Frauen betrogen hätte, nein, das nicht, obwohl man da auch nie sicher sein konnte, aber er war keiner, der unbedingt einem festen Beruf nachging.
Alwin Lauskas war ständig auf der Suche. Er hatte Geologie und Tiefbauwesen studiert. In einer Stadt wie Moskau, wo viel umgebaut und renoviert werden musste, gab es da für ihn einen Job bis hin ins Rentenalter. Zu Beginn hatte es auch so ausgesehen, als hätte sich Alwin entschieden. Er arbeitete bei der Stadt, er war drei Monate lang zufrieden, doch dann war wieder diese Unrast in ihm ausgebrochen. Die Arbeit war ihm zu langweilig gewesen, und er hatte sich ein Hobby gesucht, das allerdings auch mit seiner Arbeit verwandt war.
Ihn interessierte Moskau von unten!
So hatte er sein Hobby auf einen einfachen Nenner gebracht. Während seiner Arbeit war ihm die Idee gekommen. Er hatte auch die Möglichkeiten, an die entsprechenden Unterlagen heranzukommen.
Die faszinierten ihn.
Er fotokopierte heimlich Dokumente. So erfuhr er von den Kanälen und geheimen Verstecken, die es im Bauch der Millionenstadt gab. Etwas Ähnliches gab es auch in Berlin. Die Machthaber des Dritten Reiches hatten auch geheime Bunker und Verstecke eingerichtet, und in Moskau war es in der Stalin-Ära ähnlich gewesen. Die Tunnel und Räume waren bestimmt noch vorhanden. Alwin war davon überzeugt, dass er sie vom normalen Abwassersystem aus erreichen konnte. Dort in diesen Verstecken einen Schatz zu finden, war sein großer Traum, und es sollte kein Traum bleiben, das nahm er sich fest vor.
Er wusste bereits Bescheid. An diesem Tag wollte er noch letzte Nachforschungen betreiben, dann sollte es so schnell wie möglich losgehen. Er hatte Ludmilla schon geraten, sich bereitzuhalten. Ihr gemeinsamer Freud Igor wollte für Taucherausrüstungen sorgen und dann an einem bestimmten Ort auf sie warten.
Ludmilla war das alles suspekt. Zuerst hatte sie sich von der Begeisterung ihres Freundes anstecken lassen. Je näher der Zeitpunkt allerdings heranrückte, umso mehr war sie auf Distanz gegangen. Da hatte sie doch ein komisches Gefühl überfallen, das auch so etwas wie eine Warnung sein konnte.
Sie hatte mit Alwin darüber gesprochen, aber der hatte sie nur ausgelacht und sie dann gefragt, ob sie in dieser beschissen Bleibe hausen oder lieber dorthin ziehen wollten, wo die Leute mit Geld wohnten. Eben die, die es geschafft hatten. Er war davon überzeugt, dass sie es auch schaffen würden. In der Unterwelt mussten einfach Schätze liegen, von denen man sich kaum eine Vorstellung machte. Jedenfalls war er davon überzeugt, weil er gut recherchiert hatte.
Ludmilla ging zum Fenster und schaute nach draußen. An den Rändern der Scheibe hatte sich Eis abgesetzt, so kalt war es geworden, aber es schneite nicht mehr. Auch ein kleiner Vorteil, obwohl die eisige Kälte geblieben war.
Das Holz der Rahmen war leicht verbogen. So musste sie schon kräftig ziehen, um das Fenster öffnen zu können.
Ein Schwall Eisluft fegte ihr entgegen und raubte ihr fast den Atem. Sie schaute trotzdem nach unten an der Hauswand vorbei und entdeckte das schmutzige Weiß in der Straßenschlucht. Der Schnee war liegen geblieben, klar, hier räumte ihn auch niemand weg, und der starke Frost hatte ihn zu Eis werden lassen, sodass die Gehsteige gefährlichen Rutschbahnen glichen.
Vier Stockwerke schaute sie nach unten. Die Luft war trübe. Sie sah wieder so aus, als würde sie bald jede Menge Neuschnee entlassen. Dabei war erst Januar. Mindestens zwei kalte Monate lagen noch vor ihr. Sie schloss das Fenster wieder und dachte an ihren Job.
Den gab es nur halb.
Ludmilla hatte Kunstgeschichte studiert. Auch in der Hoffnung, in einem der zahlreichen Museen angestellt zu werden, doch da hatte sie nur Lachen und Kopfschütteln geerntet. Die Stadt hatte kein Geld, und so wurden auch keine neuen Mitarbeiter eingestellt.
Ein paar Rubel verdiente sie trotzdem, denn sie durfte hin und wieder Touristengruppen durch die Museen führen. Im Sommer war sie recht zufrieden, im Winter jedoch nicht. Die Kälte zog nur wenige Touristen an. Wenn Ausländer kamen, dann zumeist Geschäftsleute, und die suchten sich an den Abenden andere Vergnügungen, die in Moskau zahlreich vorhanden waren.
Sie ging in die Wohnküche. Den Tisch und die
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