Kanalfeuer: Ein Fall für Olga Island (German Edition)
gibt es Kartoffelsalat. Den möchte ich nun wirklich nicht verpassen.«
26
Z um Kartoffelsalat gab es gebratene Sojawürstchen und Tomaten aus dem Gewächshaus der Verwalterin. Island wären richtige Fleischwürste lieber gewesen, aber sie tröstete sich damit, dass sie auf ihrem Zimmer jederzeit noch ein Glas aufmachen konnte.
Während des Essens schwärmten die Hubers von der Radtour, die sie an diesem Tag gemacht hatten, einmal bis zur Levensauer Hochbrücke und zurück. Besonders toll sei der Besuch des Cafés auf Gut Warleberg auf der anderen Kanalseite gewesen. Sie hätten mitten in einem riesigen Kirschgarten gesessen, die vorbeifahrenden Schiffe beobachtet und dabei die leckersten Obsttorten gefuttert.
Trotzdem hauten die beiden Hubers auch jetzt schon wieder ordentlich rein. Auch beim Nachtisch, der aus Roter Grütze und Vanillesoße bestand.
Plötzlich klingelte Islands Handy. Auf dem Display sah sie, dass es Henna Franzen war. Schnell stand sie auf und ging nach draußen, um ungestört zu telefonieren.
»Olga«, sagte Henna Franzen ernst. »Bei dem Toten handelt es sich um Jon Theissen. Er ist in Hamburg gemeldet, zusammen mit seiner Frau, hat aber in Berlin seinen Zweitwohnsitz. Weil er dort gearbeitet hat.«
»Als was?«
»Er war beim Auswärtigen Amt.«
Island pfiff durch die Zähne. »Ein Diplomat?«
»Nein, nur Beamter im gehobenen Dienst. Wie du und ich sozusagen. Sein Spezialgebiet waren die Kultur- und Medienbeziehungen zwischen Asien und Europa.«
»Aha. Er war also verheiratet, und seine Frau hat in Hamburg gewohnt?«
»Ja. Seine Frau heißt Carolin Theissen. Sie wurde bereits informiert. Die Ehe bestand seit drei Jahren.«
»Mailst du mir bitte alles zu, was ihr über den Mann habt?«
»Klar, mach ich. Woher wusstest du eigentlich seinen Namen?«
»Ich mache Ferien auf dem Gut, auf dem er zuletzt im Urlaub war.«
»Verdammt«, sagte Franzen. »Und wo ist das?«
»Dreimal darfst du raten.«
»Doch nicht etwa dieses Kreihorst, für das du dich so interessiert hast?«
»Exakt. Und wenn ihr hier aufkreuzt, dann bitte ich darum, unerkannt bleiben zu dürfen.«
»Miss Undercover, oder was?«
»So ungefähr.«
»Wie stellst du dir das vor? Wir sind doch keine Theatertruppe. Wenn das rauskommt, sind wir in Teufels Küche.«
»Trotzdem.«
»Wie soll ich Bruns das verklickern?«
»Ich habe einen offiziell von ihm unterschriebenen Urlaubsantrag. Ansonsten: Denk dir was aus!«
»Olga, du bist echt gestörter, als ich gedacht hab.« »Halt die Klappe, sonst kannste was erleben«, antwortete Olga Island.
»Hey, wir sind hier nicht in Berlin«, meinte Franzen lachend, wurde aber gleich wieder ernst. »Was weißt du noch über den Mann?«
»Der hat in Archiven herumgestöbert und nebenbei die Frauen wild gemacht.«
»Ein Frauenschwarm?«
»Er soll sehr gut ausgesehen haben. Was ist denn die Todesursache?«
»Eine Stichwunde von circa zehn Zentimetern im Unterbauch. Der Stichkanal liegt so ungünstig, dass die Bauchschlagader verletzt wurde. Daran ist er verblutet.«
»Und die Tatwaffe?«
»Wir haben noch keine.«
»War der Tote unbekleidet?«
»Splitterfasernackt.«
»Okay, lasst euch von den Streifenbeamten aus Achterwehr die Stelle am Flemhuder See zeigen, an der Frau Marxen am Mittwoch den Mann hat liegen sehen. Und sucht alles dort noch einmal gründlich ab. Auch den Seegrund.«
»Wir brauchen Taucher?«
»Ja.«
Frau Dormann kam die Treppe herunter und schwenkte einen Zettel Recyclingpapier. Fritzi sprang um ihre Beine und kläffte.
»Dann erst mal tschüs, Tante Thea«, sagte Island laut ins Telefon.
»Was?«, fragte Franzen verwirrt, aber Island hatte schon aufgelegt.
»Ich hab das Rezept für den Kartoffelsalat gekriegt«, sagte Lotti Dormann und strahlte über das ganze Gesicht. »Wie wäre es denn mit einer kleinen Bootspartie in der lauen Abendluft?«
»Wenn ich mich nicht anstrengen muss, habe ich nichts dagegen«, antwortete Island.
»Ich rudere, und du passt auf Fritzi auf, damit er nicht ins Wasser fällt.«
»Versuchen kann ich es.«
Sie folgten dem Grasweg, der vom Verwalterhaus aus durch den Landschaftsgarten in den Wald führte, bis sie an ein Gewässer kamen.
»Der Achterwehrer Schifffahrtskanal«, erklärte Lotti Dormann.
»Schön ist es hier«, sagte Island.
»In diesem Seitenkanal wird die Eider aufgestaut«, fuhr Frau Dormann fort. »Wenn wir ihm nach Norden folgen, kommen wir zur Schleuse bei Strohbrück. Sie führt in den sechs Meter
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