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Kanalfeuer: Ein Fall für Olga Island (German Edition)

Kanalfeuer: Ein Fall für Olga Island (German Edition)

Titel: Kanalfeuer: Ein Fall für Olga Island (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirstin Warschau
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die Tür des Wagens hinter ihr zuzog.
    Island ging hinunter zum Seeufer. Dort blieb sie stehen und blickte über das Wasser. An einem Tag wie diesem, diesig und schwül, sah die Oberfläche bleigrau aus. Was mochte sich an diesem Gewässer abgespielt haben?
    Sie setzte sich auf eine kleine Bank und zog die Augenbrauen zusammen. Nach den bisherigen Erkenntnissen war Jon Theissen aller Wahrscheinlichkeit nach in der Nacht zum 4.Juli durch einen Stich mit einem scharfen Messer in die Leistengegend getötet worden. Hedda Marxen hatte ihn in den frühen Morgenstunden auf der Wiese liegen sehen. Er hatte auf einem Handtuch gelegen, das nachweislich aus dem Haushalt der Familie von Dünen stammte. Angeblich war er mit einer Wolldecke zugedeckt gewesen. Die Auswertung der Fasern an seinem Körper war aber noch nicht abgeschlossen.
    Laut dem Bericht der Spurensicherung war Theissen auf dem Handtuch liegend verblutet, aber ob er die Stichverletzung auch dort erhalten hatte, war eher unwahrscheinlich, denn dann hätte sich noch mehr Blut an dem Handtuch befinden müssen.
    Ein Rätsel blieb der Geländewagen, an den sich Frau Marxen erst jetzt wieder erinnert hatte. Hatte es diesen Wagen wirklich gegeben? Wenn ja, hatte er etwas mit dem Mord zu tun? Hatte der Mörder darin gesessen und gewartet, bis Frau Marxen die Badestelle verlassen hatte? Hatte er anschließend die Leiche eingeladen und sie im Schutz der Dunkelheit auf der Baustelle entsorgt?
    Jon Theissen war einen Meter fünfundachtzig groß gewesen und hatte etwa achtzig Kilo gewogen. Wer konnte so einen großen und schweren Körper einfach so in ein Auto laden? Dazu bedurfte es enormer Kraft oder der Hilfe einer weiteren Person. Wer kam dafür infrage?
    Da war der Gutsherr Theodor Tüx. Wenn es stimmte, dass Stefanie Rubi-Tüx ein Verhältnis mit Jon Theissen gehabt hatte, dann hätte ihr Mann Theo allen Grund gehabt, seinen Nebenbuhler aus dem Weg zu räumen. Er, Theodor Tüx, Herrscher über ein Firmenimperium, war von seiner Frau betrogen worden, und zwar mit einem einfachen Mann ohne Vermögen, ohne schicken Wagen oder Weingut in der Toskana. Einem Mann, der dreißig Jahre jünger war als er selbst.
    Aber war Theodor Tüx kräftig genug, um so eine Tat auszuführen? Zu Pferd hatte er sehr durchtrainiert gewirkt. Erst als er mit seinem silbernen Gehstock über den Reitplatz ging, hatte er den Eindruck vermittelt, etwas gebrechlich zu sein. Island traute ihm durchaus zu, Theissens Leiche in den Kofferraum eines Wagens bugsiert zu haben.
    Was war mit Stefanie Rubi-Tüx? Hatte sie ein Motiv, ihren Geliebten zu töten? Auf den ersten Blick war nicht zu erkennen, warum sie es hätte tun sollen. Höchstens weil sie eifersüchtig auf die junge Lissy Heinke gewesen war. Jon hatte der jungen Frau ja offenbar schöne Augen gemacht, war sogar zusammen mit ihr ausgeritten. Aber wie hätte Frau Rubi-Tüx mit ihren schätzungsweise fünfzig Kilo Körpergewicht es schaffen sollen, den Toten ins Auto ein- und auszuladen?
    Blieben noch die von Dünens. Wollte man Lotti Dormanns Aussage glauben, so hatte Lena von Dünen ihren Feriengast sehr gemocht, ihn sogar ein wenig verwöhnt. Offenbar hatte es darüber auch einen Streit unter den Ehepartnern gegeben. Peter von Dünen hatte also auch ein Motiv. Er fuhr einen roten, kastenartigen Geländewagen und hatte eine kräftige Statur. Ihm würde man es schon zutrauen, einen Körper wie den von Theissen allein fortzuschaffen. Sie wusste aber noch zu wenig über den Verwalter.
    Der Erpresserbrief im Kamin hatte jedenfalls einer Person gegolten, die Zutritt zu den Privatgemächern des Gutshauses hatte. Dazu gehörten auch Paul-Walter und seine Ferienfreunde. Wenn Tüx junior wirklich in Lissy verliebt gewesen war, hatte auch er ein Motiv. Sollte etwa der junge Kerl in einem Anfall von Eifersucht auf Jon eingestochen haben?
    Island seufzte. Das Wetter machte ihr zu schaffen. Diese schwüle Wärme, die den Körper träge und die Gedanken zäh werden ließ.
    Hinter Jons merkwürdig ausgeprägtem Interesse am Gutsarchiv konnte auch ein dienstlicher Auftrag gesteckt haben. Warum erteilte das Auswärtige Amt in Berlin eigentlich nicht Auskunft über seine genaue Tätigkeit? Und was hatte Theissen nachts an der Schleuse in Holtenau zu suchen gehabt?
    Fragen über Fragen, aber keine Antworten.
    Olga Island wischte sich mit der Hand kleine, nervige Fliegen aus dem verschwitzten Ausschnitt. Sie hatte kaum Anhaltspunkte, nur vage Verdachtsmomente. Das

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