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Kanalfeuer: Ein Fall für Olga Island (German Edition)

Kanalfeuer: Ein Fall für Olga Island (German Edition)

Titel: Kanalfeuer: Ein Fall für Olga Island (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirstin Warschau
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Rauch. Island überlegte, ob sie den Weg durch die Halle nehmen sollte, um dorthin zu gelangen, entschied aber, außen an der Wand zurückzugehen. Sie kämpfte sich über Baumwurzeln und Grasbüschel und stolperte über versteckte Löcher im Boden.
    Endlich war sie am anderen Ende der Halle angekommen. Sie blieb stehen, um nach Luft zu schnappen, und spähte vorsichtig um die Ecke. Rostiger Schrott lag unter freiem Himmel, denn das Dach war an dieser Stelle eingestürzt. Island entdeckte ein kleines, rundes Fass, um das herum weißer Rauch waberte, der unangenehm roch. Es war eigentlich kein Geruch, es war eher wie ein Stechen in der Lunge, ein leichtes Brennen, als hätte sie aus Versehen beim Putzen des Badezimmers ein bisschen Staub von einem billigen Rohrreiniger eingeatmet.
    Island wich reflexartig zurück. Was war das für ein Fass? Es war zerbeult und grau oxidiert, mit Seepocken bewachsen und mit dunkelbraunen Algenfäden überzogen. Offenbar hatte das Fass ebenso wie die rostigen Metallteile lange Zeit im Wasser gelegen. Allerdings wohl kaum im Süßwasser des Flemhuder Sees, denn darin gediehen keine so großen Seepocken. Sie sah sich die Metallteile genauer an, die unterschiedlich groß waren und seltsame konische und zylindrische Formen hatten.
    Als sie die Erkenntnis traf, blieb ihr kurz die Luft weg. Das mussten Fliegerbomben und Granaten sein, die jahrzehntelang im Meerwasser gelegen hatten! Sie versuchte sich zu beruhigen, indem sie sich einredete, dass die Hülsen ganz sicher leer waren. Was denn sonst? Aber ihr Unbehagen wuchs. Wenn es wirklich nur leere Hüllen waren, warum um Himmels willen hatte dann das alte, verbeulte Fass so verdächtig genebelt?
    Aus dem Inneren der Halle drang plötzlich ein Geräusch. Es klang wie ein verwehtes Hüsteln. War das der Wind, der durchs kaputte Dach strich? Vorsichtig trat sie näher. Vorne am Weg hatte doch der Wagen gestanden, es musste also noch jemand auf dem Gelände sein. Sie griff in ihre Handtasche, um ihre Dienstwaffe herauszunehmen und zu entsichern. Das Klicken hallte von den Wänden wider.
    Etwas ist hier faul, dachte sie.
    Wieder das Geräusch, als ob jemand hustete.
    An der Längswand der Halle, versenkt in den Boden, steckte ein großes, ovales Rohr aus Beton. Es sah aus wie der Eingang zu einem unterirdischen Gewölbe oder der Zugang zu einer großstädtischen Kanalisation. Island lugte hinein. Ein kalter Hauch wehte ihr entgegen, es roch schwach nach Diesel und Teer. Das Öllager war schon über sechzig Jahre stillgelegt, aber im Untergrund gab es offenbar noch immer Spuren des Treibstoffs. Das Rohr, aus dem es jetzt knurrte, stöhnte und seufzte, führte in die dunklen Eingeweide des Lagers hinein.
    Island blickte sich um. Es war noch immer niemand zu sehen. Sie wählte noch einmal Bruns’ Nummer, doch nur seine Mailbox sprang an.
    »Thoralf«, sagte sie leise in den Hörer. »Hör mir zu! Ich bin in der alten Ölwärmehalle, du weißt schon, am See. Hier liegt lauter komisches Zeug aus dem Meer herum. Ziemlich sicher ist das Munition aus dem Zweiten Weltkrieg, die erst vor Kurzem geborgen wurde. Möglicherweise ist sie noch scharf. Ich weiß nicht, was hier los ist. Schick mir ein paar Leute rüber. Aber unauffällig!«
    Am oberen Rand des Betonrohrs war eine Strickleiter befestigt, die wie eine Treppe hinunterführte. Island steckte ihre Waffe in die Handtasche zurück, klemmte sich den Regenschirm unter den Arm und kletterte die Strickleiter hinab, bis sie festen, sandigen Untergrund unter den Füßen spürte. Langsam tastete sie sich voran und bewegte sich auf das Licht am Ende des Rohres zu. Der Gang endete in einem runden Betonbecken, das die Ausmaße eines großen Güllebehälters hatte. Das musste einer der Speichertanks sein.
    In der einen Ecke lag jemand, eine Gestalt mit roten Haaren.
    »Henna!«, schrie Island, rannte zu ihrer Kollegin hinüber und kniete sich neben sie.
    Benommen drehte Henna den Kopf zur Seite. Sie versuchte, Island anzusehen, aber ihre Augen zuckten nur wirr. Island nahm ihre Handgelenke und fühlte ihren Puls. Hennas Herz raste. Das Insulin …
    »Pass auf«, sagte Island und strich Henna mit der Hand über die Wange. »Ich habe die Notbox im Wagen am Tor. Ich bin gleich wieder bei dir. Hältst du so lange durch?«
    Hennas unsteter Blick wanderte nach oben und fixierte den Rand des Beckens. Island folgte ihrem Blick und erspähte zwei Augenpaare, die auf sie herunterstarrten. Sie konnte die beiden Menschen

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