Kann das auch für immer sein?: Sommerflirt 3 (German Edition)
sind, immer Richtung Jerusalem und Mauer. Hier ist der richtige Ort, um Gott dein Herz auszuschütten, Amy.« Avi reicht mir ein Stück Papier und einen Stift.
Ich sage ihm, dass er zur Männerseite gehen soll, während ich mich zum Frauenbereich aufmache. Ich sehe an der Mauer hoch, an den gelblichen Kalkquadern, die fein säuberlich einer auf den anderen geschichtet sind. Jeder Steinblock ist so groß, dass er mir bis zur Brust reicht. Je näher ich rangehe, umso mehr kleine Zettel entdecke ich zwischen den Mauerritzen.
Fragt mich nicht, warum mir Tränen in die Augen steigen, als ich nur noch wenige Zentimeter von der Mauer entfernt bin. Ich spüre, dass mein Glaube hier stärker wird, vor allem wenn ich daran denke, dass den Juden der Zutritt hier noch bis 1948 verwehrt war, sodass sie die Mauer nur durch Stacheldraht hindurch betrachten konnten. Während des Sechstagekrieges haben israelische Soldaten um diese Mauer gekämpft und ihr Leben dafür gegeben.
Einfach nur hier sein zu können, ist ein großes Privileg für mich.
Ich strecke die Hand aus und berühre die Mauer. Die uralten Steine sind trotz der Hitze kalt. Tausende von Jahren haben meine Vorfahren schon hier gebetet. Und für die Zukunft wünsche ich mir, dass meine Kinder nach Israel kommen und diese Mauer anfassen können, die als das »Tor zu Gott« betrachtet wird.
Ich kritzle meine Gebete auf das Papier, Worte, die ich ganz allein mit Gott teilen will. Im Stillen spreche ich das Schma, das heiligste der jüdischen Gebete. Schma Jisrael! Adonai Eloheinu! Adonai Echad! Höre, oh Israel, der Herr ist unser Gott, der Herr ist eins! Dann stopfe ich meinen Zettel in eine Spalte zwischen den Steinen.
Ich schaue zur Männerseite und entdecke Avi. Der Anblick, wie er da in seiner Militäruniform steht, eine Hand und die Stirn an die Mauer gelegt, und tief ins Gebet versunken ist, berührt mich sehr.
Beschütze ihn, Gott , bete ich stumm. Denn er ist meine Vergangenheit und meine Zukunft.
25
Es ist keine Schande zuzugeben, dass man eine amerikanische Prinzessin ist.
»Wie geht ’ s deiner Safta? «, fragt Jess mich am späten Nachmittag, als ich zu unserer Einheit in die Kaserne zurückkehre.
Ich räume mein Regalbrett wieder ein und schiebe meine Koffer unters Bett. »Ganz okay. Sie hat zu wenig weiße Blutkörperchen, aber ihr Zustand ist jetzt stabil. Sie hat zu mir gesagt, dass ich hierher zurückkommen und das Programm zu Ende bringen soll … irgendwas von wegen, dass die Baraks sich niemals unterkriegen lassen.«
»Also ich bin jedenfalls froh, dass du wieder da bist.«
»Ich auch. Ach übrigens, Avi und ich sind wieder zusammen.«
»Ich wusste, dass es nur eine Frage der Zeit wäre. Ihr zwei seid füreinander bestimmt.«
Ich betrachte die Waffe, die sie auf dem Schoß liegen hat. Waffen sind ein Mittel zum Zweck, damit die Israelis ihr Land und ihr Volk schützen können. Doch was für die Israelis »Schutz« bedeutet, bedeutet für die Palästinenser womöglich »Tod und Leid« … »Jess, was glaubst du eigentlich, wie es mit dir und Tarik weitergeht?«
Ich habe ihr diese Frage noch nie gestellt, weil ich weiß, dass sie ihn liebt und sich ein Leben ohne ihn nicht vorstellen will. Aber wenn es sowieso nicht funktionieren wird, warum sollte man dann riskieren, sich mehr und mehr in einen Kerl zu verlieben, mit dem man keine gemeinsame Zukunft haben kann?
»Ich weiß es nicht«, sagt Jess. »Ich denke nicht darüber nach.«
Ich mache mir ständig Gedanken über die Zukunft – und Avi spielt darin immer eine Rolle. »Habt ihr euch mal so gestritten, dass ihr überlegt habt, Schluss zu machen?«
Jess kichert. »Klar, aber ich komme nicht von Tarik los, genauso wenig wie du von Avi. Wenn es an der Zeit ist, über die ernsten Themen zu reden, werden wir vielleicht zu dem Ergebnis kommen, dass das mit uns nicht geht. Bis dahin zerbreche ich mir nicht den Kopf darüber. Sag nicht, dass du und Avi über die Zukunft sprecht.«
Ich lächle sie an. »Doch, tun wir.«
Ihr bleibt der Mund offen stehen. »Wow. Jetzt kommt aber hoffentlich nicht, dass du mit achtzehn heiraten willst und die College-Pläne an den Nagel hängst.«
»Ich werde nicht gleich heiraten oder das College sausen lassen. Aber ich hoffe, eines Tages …« Ich verstumme und denke darüber nach, wie unser Leben wohl aussehen könnte.
»… rennen kleine Amys und Avis im Haus rum«, beendet Jess den Satz für mich.
»Kann schon sein. Aber wir werden sie nicht Amy und
Weitere Kostenlose Bücher