Kann es wirklich Liebe sein
Schmunzeln. Seth Winston war ein knurriger alter Kerl, aber unter seinem harten Kern befand sich ein loyales Herz. Wenn man es erst einmal geschafft hatte, ihn besser kennenzulernen, hatte man einen Freund fürs Leben.
Joseph Archer hatte Seth damals geholfen, sein Geschäft wieder aufzubauen, nachdem es von einem Wirbelsturm zerstört worden war. Nach dem Tod ihres Vaters hatte der Mann sie wie seine eigenen Söhne behandelt, wenn er bei ihnen gewesen war.
„Wirklich. Ihr Jungs seid schlau. Beschützt, was ihr habt, Travis.“ Winston zeigte mit seinen drei Fingern auf ihn. „Lasst bloß keine Frau in euer Haus. Die will nur alles verändern. Die zerstört den Frieden, den ihr hier draußen habt.“
Sie waren gerade am Haus angekommen, als er das sagte. Jim und Neill ließen ihre Gewehre sinken und kamen von der Veranda herunter, um den Wagen abzuladen.
Crockett grinste und zwinkerte Travis über den Kopf des alten Mannes hinweg zu. „Ich fürchte, deine Warnung kommt ein paar Tage zu spät, Seth.“
Travis warf ihm einen bezwingenden Blick zu, doch Crockett gluckste nur lachend, während er abstieg. Sicherheitshalber blieb er auf der anderen Seite des Wagens stehen – außerhalb von Travis ’ Reichweite.
Winston sah verwirrt zu Travis auf. „Sag mir, dass das ’ n Witz ist, Junge. Sag mir, dass du keine Dummheiten –“
Die Vordertür quietschte und Seths Satz riss abrupt ab, als er Meredith sah, die mit einem Tablett in der Hand auf die Veranda trat. Sie hatte ein freundliches Lächeln aufgesetzt, während sie neugierig zwischen den versammelten Männern hin und her sah.
„Verdammt, Travis! Was macht die denn hier? Du hast alles versaut, oder?“
Vom Rücken seines Pferdes aus versuchte Travis, Meredith einen entschuldigenden Blick zuzuwerfen. Deren Augen waren bei Seths Worten immer größer geworden. Ihr Lächeln wankte ein bisschen, doch dann richtete sie sich ein wenig auf und sah so unerschütterlich aus wie vorher.
Mann, war er stolz auf sie!
„Seth Winston“, sagte Travis mit einem Hauch von Stahl in der Stimme. „Meine Frau, Meredith.“
„Frau?“ Der Mann schrie fast vor Aufregung. „Um Himmels willen, Junge! Es ist schlimmer, als ich dachte.“
Kapitel 19
Von allen verbitterten, starrsinnigen … Meredith atmete ein und versuchte, ihr Lächeln nicht zu verlieren. Von allen Menschen, die Gott ihr hätte schicken können, um sich in Gastfreundschaft zu üben, musste er ihr ausgerechnet Seth Winston schicken? Der Mann hatte sie zu Tode geängstigt, als sie noch ein Mädchen gewesen war und ihre Mutter sie mit zum Einkaufen genommen hatte. Er hatte sie immer angestarrt, als sei er das Ungeheuer aus den Märchenbüchern. Seit sie angefangen hatte, nach Palestine zur Schule zu gehen, hatte sie ihn nicht mehr zu Gesicht bekommen. Auch vorher war sie ihm schon ausgewichen, so gut es ging, von daher wunderte es sie nicht, dass er sie nicht erkannte. Das war in Ordnung für sie. Sie würde jeden Vorteil nutzen, den sie in diesem Kampf hatte. Denn ein Kampf würde es werden – einer, den sie nicht zu verlieren gedachte.
Es wurde Zeit, das Ungeheuer zu erledigen. Und obwohl sie sich nach einem Schwert sehnte, würden ihre Waffen Klugheit und Freundlichkeit sein müssen.
Meredith marschierte mit hoch erhobenem Kopf auf ihn zu. Sie bemerkte, dass die Augen ihres Besuchers hinunter zu ihren Füßen wanderten. Es war nicht das erste Mal, dass ihr Hinken die Blicke der Menschen auf sich zog. Da sie sich nicht traute, Travis einen Blick zuzuwerfen, um seine Reaktion auf die unhöflichen Blicke ihres Besuchers zu sehen, konzentrierte sie sich auf ihre Schritte.
Wie lautete der Vers aus dem Römerbrief? Genau. Wenn dein Feind Hunger hat, gib ihm zu essen, wenn er Durst hat, gib ihm zu trinken; tust du das, dann sammelst du glühende Kohlen auf sein Haupt . Sie warf einen Blick auf den Teller mit den Zimtplätzchen und musste lächeln.
Mr Winston kletterte von seinem Wagen und beäugte sie misstrauisch, während sie auf ihn zuging.
„Ich kenne Sie“, sagte er schließlich und zeigte mit einer Hand auf sie, an der mehrere Finger fehlten. „Sie sind Teddy Hayes’ Mädchen. Die mit dem schlechten Bein.“
„Und ich kenne Sie, Mr Winston“, antwortete Meredith, bevor Travis etwas sagen konnte. „Sie sind der seltsame alte Ladenbesitzer. Der mit der schlechten Hand.“ Im Gegensatz zu dem säuerlichen Tonfall ihres Gastes floss ihre Stimme vor Honig über.
Der Mann blinzelte erst, dann
Weitere Kostenlose Bücher