Kann es wirklich Liebe sein
rührte sie darin herum, dass die Soße nur so umherwirbelte. Was für eine alberne Vorstellung. Was hatte sie denn erwartet? Dass er ihre Gedanken las und den Raum durchquerte, um sie zu umarmen? Er war ein Mann, kein gedankenlesender Zauberer. Unrealistische Erwartungen würden keinem von ihnen helfen.
Obwohl …
Sie hielt inne und die Soße beendete langsam ihre wilden Kreise.
Travis hatte sie heute angesehen. Wirklich angesehen. Nachdem er sie geküsst und umarmt hatte, hatte er ihr aufs Pferd geholfen. Dann hatte er zärtlich ihr Bein berührt. Und das Feuer in seinen Augen, als er zu ihr aufsah, hatte ihr den Atem geraubt. In diesem Moment hatte er wirklich verzaubert ausgesehen.
Vielleicht, wenn sie eine Möglichkeit finden würden, alleine zu sein …
Meredith nahm die Bratpfanne vom Ofen und schüttete die Soße in eine kleine Schüssel. Das Ozeanblau von Cassies Kleid, das am Rande ihres Sichtfeldes aufblitzte, schien ihre Wünsche zunichte zu machen. Sie konnte kaum auf ein Rendezvous mit ihrem Ehemann hoffen, wenn sie sich ein Zimmer mit ihrer Cousine teilte, oder? Jetzt war sowieso nicht der angemessene Zeitpunkt für so etwas. Cassie war in Schwierigkeiten. Ihre Bedürfnisse hatten Vorrang.
„Neill, stell bitte die Bohnen auf den Tisch, ja?“, rief Meredith dem jüngsten Archer zu, während sie die Soße neben Travis’ Platz stellte.
Travis hielt in seiner Unterhaltung inne und wandte sich endlich zu ihr um. Seine Augen trafen die ihren, und obwohl sie seine Unruhe und Besorgtheit wegen der Begegnung mit ihrem Onkel sah, konnte sie auch eine Art Verbindung zwischen ihnen spüren. Ihre Anwesenheit schien ihn zu beruhigen. Es war kein begehrender Blick wie der von heute Morgen, aber er erwärmte sie auf die gleiche Weise – tief in ihrem Herzen, wo ihre bestgehütetsten Träume schlummerten.
Crockett ging um sie herum, um die Kartoffeln vom Ofen zu holen, und erinnerte Meredith wieder an ihre Pflichten. Schnell nahm sie die Schale mit dem Speck aus der Ofenklappe, wo sie warmgehalten worden war, und wandte sich zu ihrer Familie um. Sie hoffte, dass ihre roten Wangen lediglich mit der Hitze des Herdes in Verbindung gebracht werden würden.
Sofort nach dem Tischgebet schaufelten sich die Männer in gewohnter Manier die Teller voll und begannen zu essen. Cassie allerdings verbrachte mehr Zeit damit, ihren Schinken auf dem Teller herumzuschieben, als wirklich etwas davon zu sich zu nehmen.
In der Hoffnung, ihre Stimmung aufzuhellen und das Interesse ihrer Cousine zu erregen, wandte sich Meredith Jim zu. „Also … Jim. Ich wollte dich die ganze Zeit schon etwas fragen.“
Jim erstarrte. Er sah sich in der Runde um, als suche er nach jemand anderem mit diesem Namen. Da er keinen fand, schluckte er schließlich den Bissen hinunter, den er gerade im Mund hatte, und sah sie zögerlich an. „Was?“
Cassie hob endlich den Kopf und Meredith frohlockte innerlich. Sie richtete sich auf, legte ihre Serviette beiseite und sah ihren Schwager über den Tisch hinweg an. „Also, ich habe mittlerweile herausgefunden, dass alle Archermänner Namen haben, die mit der Schlacht von Alamo zu tun haben. Travis“, sie lächelte ihren Mann am Kopf des Tisches an, „ist natürlich nach Leutnant Colonel William Travis benannt, der für die Soldaten zuständig war und als Ablösung für Colonel James Neill kam“, sie zeigte auf den jüngsten Archer, der Cassandra gegenübersaß, „der San Antonio de Bexar verlassen musste, um sich um ein krankes Familienmitglied zu kümmern. Crockett muss nach Davy Crockett benannt sein, dem berühmten Texaner, der zwei Wochen vor der Belagerung durch die mexikanische Armee in Alamo angekommen ist. Deshalb hatte ich vermutet, dass du, Jim, nach James Bowie benannt bist, dem Kommandanten der Freiwilligen. Was ich nicht verstehe, ist, warum du der einzige Archer bist, der nicht den Nachnamen des Helden bekommen hat, sondern den Vornamen. Jim ist doch die Abkürzung für James, oder?“
Eine peinliche Röte stieg in Jims Wangen und Meredith bereute sofort, die Frage gestellt zu haben. Sie hatte einfach nur Cassie ablenken, nicht den armen Mann bedrängen wollen.
„Vergiss es. Ich wollte nicht zu neugierig sein. Ich –“
„Du bist nicht zu neugierig“, unterbrach Jim ihre Entschuldigung. „Ihr könnt genauso gut die Wahrheit erfahren.“
Vielleicht war es der Seitenblick, den er Cassandra zuwarf, auf jeden Fall hatte Meredith das Gefühl, dass er das nicht zu ihr gesagt
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