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Kann ich den umtauschen?

Titel: Kann ich den umtauschen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
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Wahrscheinlich würde sie das erst wissen, wenn sie ihm gegenüberstand, ihn ansehen und feststellen konnte, ob da überhaupt noch irgendetwas Vertrautes zwischen ihnen war.
    Mittwoch und Donnerstag schuftete sie wie ein Brunnenputzer, um ihr Arbeitspensum von vier Tagen in achtzehn Stunden zu packen, und bevor sie Donnerstagabend nach Hause ging, besprach sie ihren Anrufbeantworter neu und hängte ein Schild an die Tür, um ihren Kunden mitzuteilen, dass sie bis Montag geschlossen haben werde. Doch als sie die Tür zuzog und den Schlüssel umdrehte, hatte sie ein so ungutes Gefühl, dass sie kurz überlegte, ob sie statt »Montag« lieber »auf unbestimmte Zeit« schreiben solle.
    Dann war sie zum Herrenhaus zurückgeradelt. Mit jeder Umdrehung der Pedale drehte sich ihr auch der Magen immer weiter um.
    Die alte Standuhr schlug sechs, als sie das Haus betrat. Noch eine Stunde.
    Und dann klingelte das Telefon.
    Sie sah es einen Moment an und fragte sich, seit wann sie eigentlich Angst davor hatte, ans Telefon gehen.
    Â»Hi, … Ali …« Es war Nathan, ohrenscheinlich müde, aber aufgedreht – wie immer, wenn ein großer Abschluss bevorstand. Er schlug bereits bei diesen ersten beiden Wörtern einen entschuldigenden Ton an. Das machte er oft. Sie fragte sich, ob er das tat, damit sie ihm mit einer vorahnenden Frage zuvorkam und ihn somit der unangenehmen Aufgabe entledigte, die Absage selbst auszusprechen.
    Â»Du bist noch in London, stimmt’s?«
    Â»Das totale Chaos. Du weißt, dass ich nicht noch hier wäre, wenn es nicht absolut nötig wäre.«
    Â»Also kein gemeinsames Abendessen.«
    Â»Nein, leider.«
    Â»Und morgen?«
    Sie hätte schwören können, dass sie ihn schlucken hörte.
    Â»Na ja, das kommt darauf an, wie morgen Vormittag alles läuft …«
    Alice seufzte. Aber nur innerlich.
    Â»Tu, was du tun musst …«
    Â»Es macht dir nichts aus?« Er klang überrascht.
    Alice dachte einen Moment über die Frage nach, bis ihr mit Schrecken bewusst wurde, dass die Antwort auf seine Frage Nein lautete. Nein, es machte ihr nichts aus, dass sie ihren Geburtstag nun doch nicht mit Nathan verbringen würde.
    Genau genommen war sie sogar erleichtert.
    Sie musste sich setzen.
    Früher wäre sie grenzenlos enttäuscht gewesen, wenn er sie derartig versetzt hätte, ganz gleich, aus welchem Grund.
    Es dauerte einen Moment, bis sie sich wieder auf Nathan am anderen Ende der Leitung konzentrieren konnte.
    Â»â€¦Â ich bin auf jeden Fall rechtzeitig da, um mit Andrew und Flo essen zu gehen, und dann werde ich mich den Rest des Wochenendes ausschließlich damit befassen, es wiedergutzumachen und dich zu verwöhnen …«
    Â»Ist nicht nötig, ist ja bloß ein Geburtstag.«
    Â»Ja, aber dein dreißigster. Das ist doch ein Meilenstein.«
    Â»Noch ein Grund, ihn nicht zu beachten …« Sie zuckte mit den Schultern.
    Â»Also, ich kann dir versprechen, dass ich ihn nicht vergessen habe. Ich habe sogar … Also, auf meiner Seite unter dem Bett liegt etwas für dich. Ich wollte es dir morgen eigentlich selbst geben, aber, … na ja, … ich hoffe, die Sachen trösten dich ein wenig darüber hinweg, dass ich nicht da bin. Jetzt muss ich aber weiter – wir sehen uns morgen Abend, ja?«

    Das »Etwas« unter dem Bett war ein Kleid. Ein »kleines Schwarzes«, wie es so schön heißt. Wobei die Betonung auf »klein« lag: ein an ein Spinnennetz erinnerndes gehäkeltes Etuikleid. Es reichte Alice gerade mal bis zur Mitte der Oberschenkel.
    In der zweiten Schachtel lag ein Paar Schuhe. Und zwar solche, die die meisten Menschen freudestrahlend »Fuckme-Schuhe« nennen würden, die Alice – und insbesondere Flo, die Größe 41 hatte – aber mit schmerzverzerrtem Gesicht »Fuck-you-Schuhe« nannte.
    Sowohl das Kleid als auch die Schuhe waren wunderschön und sicher sündhaft teuer gewesen. Aber sie passten so überhaupt nicht zu ihr, dass sie es kaum fassen konnte.
    Sie kam sich verkleidet vor und fühlte sich unwohl, weil das Kleid so kurz war. Sie, die sie quasi ihr ganzes Leben in einem Paar alter gelber Turnschuhe herumgelaufen war, würde mindestens einen Monat brauchen, bis sie in diesen Dingern überhaupt unfallfrei würde laufen können.
    Aber Alice probierte sie trotzdem an. Vielleicht würde es ja

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