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Kann ich den umtauschen?

Titel: Kann ich den umtauschen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
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Er machte noch einen Stoßseufzer, küsste sie aufs Haar und hielt sie einfach nur fest. Als er schließlich wieder etwas sagte, sprach er so leise, dass Alice fast die Luft anhalten musste, um ihn zu verstehen.
    Â»Die Besprechung war um kurz nach acht vorbei, und da war es schon nicht mehr sicher, ob ich es schaffen würde, bis Mitternacht hier zu sein. Wir waren alle total fertig, aber auch irgendwie high, alle Stolpersteine waren aus dem Weg geräumt, alle waren zufrieden, wir hatten allen Grund zu feiern. Und es hat sich richtig angefühlt, zu bleiben und mit den anderen anzustoßen. Es hätte sich falsch angefühlt, einfach nach Hause zu fahren, nachdem ich es gewesen war, der alle ins Büro zitiert hatte …«
    Die Erklärung leuchtete einigermaßen ein.
    Aber warum hatte er das nicht einfach gesagt, als er anrief?
    Warum hatte er sie angelogen?
    Es war ihres Wissens das erste Mal, dass er sie angelogen hatte.
    Gut, er hatte seinen Fehler eingeräumt. Aber machte das die Tatsache, dass er sie angelogen hatte, besser?
    Â»Ich hätte nach Hause kommen sollen. Ich hatte es versprochen. Und ich hätte ehrlich sein sollen, als ich anrief, ich wollte halt nur keine … na ja, keine Szene. Es tut mir leid.«
    Das war das allererste Mal, dass er sich bei ihr entschuldigte.
    Das Problem war, dass Alice sich nun fragte, ob es auch das erste Mal war, dass er einen Grund dazu hatte?
    Wer auch immer ihr das Foto geschickt hatte, sah das offenbar nicht so.
    Am liebsten hätte sie ihn gefragt, ob er sich vorstellen könne, wer wohl das Bild geschickt haben könnte und warum – aber sie brachte es nicht über sich. Sie wollte es wissen, aber sie wollte auch auf keinen Fall seinen Zorn auf sich ziehen. Und sie wollte nicht, dass er wieder log. Sie war hin und her gerissen. Einerseits wollte sie die Sache komplett bereinigen – andererseits alle weiteren Fragen herunterschlucken und einfach nur dankbar dafür sein, dass er sich ihr sowohl körperlich als auch emotional wieder angenähert hatte. Einerseits wollte sie ihm am liebsten sagen, wo er sich seine plausible Erklärung hinschieben konnte – andererseits wollte sie einfach nur, dass alles wieder normal war. Sich entspannt seiner Umarmung hingeben, seine Nähe spüren … und ihm dann wieder die plausible Erklärung um die Ohren hauen, dass sie ihm nur so klingelten.
    Die einzige Schlussfolgerung, zu der Alice jetzt kommen konnte, war die, dass sie Nathan zwar immer noch liebte, ihr Vertrauen in ihn aber mächtig angeknackst war.

    Er hatte sie mit sich ins Bett gezogen.
    Sein Mund hatte nach Alkohol geschmeckt. Er hatte nach Rauch und – was viel schlimmer war – einem fremden Parfum gerochen. Der Sex war seltsam mechanisch gewesen, und sie hätte die ganze Zeit am liebsten geheult. Nicht, weil sie nicht mit ihm schlafen wollte, sondern weil er sich nicht mehr so anfühlte wie früher. Und bisher hatte er sich immer fantastisch angefühlt.
    Danach war er sofort eingeschlafen.
    Alice stand auf und duschte. Während die Wasserstrahlen wie Nadelstiche auf ihre Haut prasselten, fragte sie sich, ob sie vielleicht überreagierte. Ob das Gefühl des Betrugs, das sie ähnlich schmerzte wie die Wassernadelstiche, wirklich real war.
    Als Alice am Vorabend den Bürokalender auf dem Schreibtisch gefunden hatte, war sie ihn Seite für Seite von vorn bis hinten durchgegangen – hätte ja sein können, dass Amy irgendwo noch eine kryptische Nachricht hinterlassen hatte. Und wenn er das paranoid fand, dann konnte er sie mal.
    Sie war nach oben gegangen und hatte den Kalender in ihrem Nachtschrank unter einem Stapel alter Vogues versteckt, die Flo ihr mal geliehen hatte. Dann war sie wieder nach unten gegangen, hatte sich die Magnumflasche geholt, gekränkt und in einem Anflug von Zynismus das Partyhütchen aufgesetzt und sich in seinem Arbeitszimmer breitgemacht.
    Als sie jetzt in Handtücher gewickelt aus dem Bad kam, zog sie das Buch ganz vorsichtig und leise aus dem Schränkchen und schloss sich damit im Badezimmer ein. Sie setzte sich damit in die leere Wanne und las, was sie geschrieben hatte.
    Und dann schrieb sie weiter.

    Gut, dann hat er mir diesen Kalender und das Wörterbuch eben nicht selbst besorgt. Aber welche Ironie des Schicksals: Jetzt, in diesem Augenblick, wäre es mir so viel lieber, wenn er es getan hätte. Es hätte mich

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