Kann ich den umtauschen?
hundert Prozent darauf verlassen, auch ohne Versprechen. Zumindest hatte sie das immer so gesehen.
»Ich verspreche es«, wiederholte er.
Um elf Minuten vor Mitternacht, während ganz England sich bereits Sekt einschenkte, um auf das neue Jahr und neue Hoffnung anzustoÃen, saà Alice mutterseelenallein auf der untersten Stufe der imposanten Haupttreppe und starrte mit finsterem Blick den Haupteingang an, als sei es seine Schuld, dass Nathan immer noch nicht durch ihn hindurchgeschritten war.
Es war noch nicht ganz Mitternacht, aber mit jeder Sekunde schwand Alices Glaube daran, dass die Tür sich gleich noch öffnen werde, ein Stückchen mehr.
Nathan hatte nicht nur zum ersten Mal ein Versprechen gegeben. Er hatte es auch fertiggebracht, es noch am selben Tag zu brechen.
Alice sah noch einmal auf die Uhr. Auf ihre neue, sündhaft teure, beeindruckend hässliche Uhr, die in ihren Augen zu einem Trostpreis mutiert war.
Zehn vor.
Bella war wie üblich um elf ins Bett gegangen.
Flo und Andrew waren in Whattelly on Sea bei Flos Eltern.
Sie könnte sich jetzt noch schnell aufs Fahrrad schwingen und zum Pub runterflitzen. Um dort auf das neue Jahr anzustoÃen.
Aber dann ging ihr auf, dass sie am allerliebsten einfach nur vergessen würde, was heute für ein Tag war.
Sie beschloss, zum ersten Mal in ihrem Leben Bellas Beispiel zu folgen und ins Bett zu gehen.
Sie erhob sich und drehte sich um in Richtung Treppe. Als sie den Fuà auf die nächste Stufe setzen wollte, hielt sie inne.
Was war das für ein Geräusch?
Alice wartete ab.
Nichts.
Doch gerade, als sie sich wieder in Bewegung setzen wollte, hörte sie es wieder.
PONG .
Ein künstlich erzeugtes, ziemlich hohes Geräusch.
Alice wartete exakt eine weitere Minute (sie sah dafür auf ihre neue, sündhaft teure, beeindruckend hässliche Uhr), dann hörte sie es wieder.
PONG .
Was in drei Teufels Namen gab es denn bloà in diesem Haus, das PONG machte?
Sie brauchte noch zwei Minuten, bis sie es fand. Sie bewegte sich ein paar Schritte in die Richtung, aus der das Geräusch zu kommen schien, und blieb lauschend stehen, bis es wieder PONG machte.
Dann begriff sie, dass das Geräusch aus Nathans Arbeitszimmer kam.
Aus jener hochtechnisierten Höhle, die sie nur äuÃerst selten betrat, da ihr diesbezügliches Bildungsniveau sich nie wirklich über den Tellerrand einer elektrischen Schreibmaschine hinausbewegt hatte.
Und auf Nathans riesigem Schreibtisch standen gleich drei Computerbildschirme.
Der mittlere von ihnen sandte die PONG -Geräusche aus. Alice tippelte auf Zehenspitzen über den dicken Teppich um den Schreibtisch herum. Auf dem Bildschirm blinkte eine Nachricht, das Geräusch war die akustische Benachrichtigung.
Alice näherte sich den Computern nur ungern, was in erster Linie damit zu tun hatte, dass sie nicht hundertprozentig sicher war, wie sie mit ihnen umzugehen hatte. Dinge, von denen man nichts verstand, sollte man besser in Ruhe lassen.
Sie wollte sich gerade abwenden und sich wieder hinausschleichen, als sie die Ãberschrift der kleinen Nachricht sah, die wie ein Squashball über den Bildschirm sprang.
»Frohes neues Jahr, Alice!«
Ach, die war für sie?
Vorsichtig setzte sie sich auf die Kante des Bürostuhls, ergriff zaghaft die Maus und klickte sachte auf »Ãffnen«.
Die Nachricht bestand, wie sich zeigte, nicht aus einem Text, sondern lediglich aus einem Foto.
Einem Foto von Nathan.
Einem Foto von Nathan, der ein Glas Sekt in der Hand hielt und lachte. Umgeben von feiernden Menschen bei schwacher Beleuchtung und inmitten einer Einrichtung, die nur auf einen Nachtklub schlieÃen lassen konnte.
Die Leute hinter ihm konnte sie nicht erkennen, aber die zwei direkt neben ihm waren Richard Jenkins, sein Geschäftsführer, und eine Blondine, die Alice nicht kannte. Sie lachten auch.
Nathan war sich offensichtlich nicht bewusst, dass jemand ihn fotografierte. Jedenfalls sah er nicht in die Kamera, sondern der Blondine fest in die Augen.
Das Foto war mit Datum und Uhrzeit versehen.
Heute, 23:49 Uhr.
Alice sah auf ihre neue Armbanduhr.
23:59 Uhr.
Vor zehn Minuten.
Da hatte sie noch auf der untersten Stufe der Treppe gesessen und die Haustür beschworen, sich endlich zu öffnen und Nathan hereinzulassen.
Es wurde zwölf, ohne dass Alice es bemerkte.
Ein neues Jahr war angebrochen, und zwar ganz ohne Korken- und
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